Biohackers Staffel 2

Serienkritik: Biohackers Staffel 2

Nicht einmal ein Jahr nach der ersten Staffel präsentiert Netflix die sechs neuen Folgen von „Biohackers Staffel 2“. Der Science-Thriller, dessen erste Staffel zwar ambitioniert, aber nicht durchweg gelungen war, geht also zügig in die zweite Runde. Das dürfte vor allen die bestehende Fan-Base freuen, verabschiedete sich die Serie doch mit einem fiesen Cliffhanger in die elf Monate dauernde Pause. Kann das gleiche Team aus Regisseuren, Autoren und Schauspielern aus den Fehlern der ersten Staffel lernen und dem Zuschauer eine bessere zweite Staffel bescheren? Das klärt die Kritik.

Zur Kritik von Staffel eins geht es hier.

Luna Wedler
Blanker Horror für Mia: Nach ihrer Entführung sind drei Monate vergangen, an die sie sich nicht erinnern kann.

Die Handlung

Im Finale der ersten Staffel waren Mia (Luna Wedler) und Professorin Lorenz (Jessica Schwarz) mithilfe des Journalisten Andreas Winter ((Benno Führmann) in eine Falle gelockt und entführt worden. Wer nun aber denkt, dass die Story nahtlos weitergeht, der irrt. Stattdessen wacht Mia in der Uni plötzlich aus einem Nickerchen auf und muss feststellen, dass seit ihrer Entführung drei Monate vergangen sind – und sie sich an keinen einzigen Tag davon erinnern kann. Ihre WG wohnt nicht mehr in der ihr bekannten Wohnung. Sie ist plötzlich wieder mit Jasper (Adrian Julius Tillmann) zusammen statt mit Niklas (Thomas Prenn). Und keiner ihrer Freunde kann ihr erklären, was mit ihr passiert ist, denn sie war die ganze Zeit anscheinend ganz normal.

Eine Untersuchung im Krankenhaus bringt Mia ebenso wenig neue Erkenntnisse wie Gespräche mit ihrer Therapeutin, bei der sich angeblich schon Monate in Behandlung ist, die sie aber gar  nicht kennt. Nur langsam kehren Bruchstücke ihrer Erinnerungen zurück, verwirren Mia aber eher noch mehr, als dass sie Licht ins Dunkel bringen würden. Es scheint, als wäre ausgerechnet ihre Erzfeindin Tanja Lorenz ihre einzige Chance herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Doch die ist seit dem Skandal um ihre unethische Forschung wie vom Erdboden verschwunden …

Biohackers Staffel 2
Mias Ex-Freund Jaspar erzählt ihr, sie seien mittlerweile wieder ein Paar.

Spannung auf Kosten der Glaubwürdigkeit

Die Grundidee von Biohackers Staffel 2 ist klassisches Thriller-Thema: Der Protagonist verliert sein Gedächtnis. Die Variation hier besteht darin, dass für den Zuschauer die Figuren bekannte bleiben und er daher mehr weiß als Mia. Die Autoren sind klug genug, gar nicht erst zu versuchen, bisherige Helden zu Schurken umzudrehen, um Spannung zu erzeugen. Denn Spannung ist in Staffel 2 nicht das Problem. Zwar verliert die Serie die eigentliche Idee der potenziellen Möglichkeiten und Schrecken der Wissenschaft aus denn Augen, dafür wird sie noch stärker zum Thriller als in den ersten sechs Folgen. Leider bleiben der Serie dennoch einige alte Schwächen erhalten.

Denn damit die Story so funktioniert, wie die Autoren sie dem Publikum hier auftischen, müssen schon viele Faktoren zusammenkommen. Und das ist nicht nur stark vom Zufall bestimmt, sondern auch noch recht unglaubwürdig. Schon im der ersten Staffel war der Umstand, dass Mia zufällig in eine WG mit lauter Genies zieht, dem Plot nicht gerade zuträglich. Doch auch in Biohackers Staffel 2 spielen diese Figuren erneut tragende Rollen und ergänzen die Story auf geradezu wundersame Weise. Das verleidet Fans nachvollziehbarer Science-Thriller schon ein wenig den Spaß.

Biohackers Staffel 2
Auch ihre WG-Mitbewohner Chen-Lu und Ole können Mia nicht weiterhelfen.

Gut gespielte Stereotypen

Das liegt auch daran, dass die Autoren zu oft auf Klischees statt komplexe Figuren zurückgreifen. Konnte in Staffel eins schon Jessica Schwarz nur mit Mühe gegen die klassische „Mad Scientist“-Rolle anspielen, muss diesmal Thomas Kretschmann den undurchsichtigen Adeligen geben, den man so plump auch nicht gebraucht hätte. Auch Benno Führmanns Rolle, die in Staffel 2 ein wenig größer wird, ist alles andere als dankbar. Bei solchen platten Charakteren helfen die durchaus ansehnlichen Leistungen der Stars oft nicht weiter.

Das gilt ausdrücklich nicht für Hauptdarstellerin Luna Wedler. Die Schauspielerin lässt den Zuschauer an ihrer Verzweiflung intensiv teilhaben und ihre Rolle ist auch deutlich facettenreicher und interessanter als das Gros der Figuren. Wedler-Fans können also unbesorgt einschalten. Freunde gut geschriebener Plots hingegen nicht. Denn Biohackers Staffel 2 wird mit jeder Folge unfreiwillig komischer und sorgt bei manchen Nebenhandlungen, die fast auf Daily-Soap-Niveau sinken, nur noch für Kopfschütteln. Und das Schlimmste ist, dass die Autoren mit ihrem komplett unnötigen Liebeskarussell die Handlung nicht einen Zentimeter voranbringen.

Jessica Schwarz
Was weiß Tanja Lorenz über Mias Zustand?

Das einzige, was darunter seltsamerweise nicht leidet, ist die Spannung, weil das Publikum schnell an Mias Schicksal Interesse entwickelt und deshalb wissen möchte, wie die Geschichte ausgeht. Leider ist die mitunter fast unbeholfen geschriebene Story in vielen anderen Belangen sehr farblos. Das zeigt sich auch am Ende. Gab es in Staffel 1 noch einen derben Cliffhanger, der darauf hindeutet, dass die Macher sich recht sicher waren, ihre Serie weitererzählen zu können, kann das Ende von Biohackers Staffel 2 gut für sich stehen. Auch wenn natürlich noch Türen für eine weitere Staffel offenbleiben.

Fazit:

Schade! Auch Biohackers Staffel 2 reißt die Möglichkeiten, einen Thriller vor dem Hintergrund beängstigender Forschungen zu erzählen, erneut nur an. Und bleibt vieles von dem schuldig, was der Zuschauer sich durch die grundsätzlich interessante Prämisse erhofft. Und so ist die zweite Story um Mia und die Wissenschaft zwar durchgehend spannend, weil das Publikum schnell emotional an ihrer Seite steht, leidet aber an einer von Zufällen und unglaubwürdigen Wendungen durchzogenen Story. Ob es trotzdem noch eine dritte Staffel gibt? Das dürfte trotz angelegter Handlungen alles andere als eine sichere Sache sein.

Biohackers Staffel 2 startet am 9. Juli 2021 bei Netflix.

Thomas Kretschmann
Und welche Rolle spielt der Baron zu Fürstenberg, Wissenschaftsförderer und der Vater von Mias Freundin Lotta, in der Geschichte?