Absentia

Serienkritik: Absentia

Nach ihrem plötzlichen Abschied aus der Erfolgsserie „Castle“, der letztlich das Ende der Show besiegelte, war Stana Katic eine Weile nicht zu sehen. Doch nun kehrt sie mit „Absentia“ auf die Bildschirme zurück – und das besser, als je zuvor. Als Emily Byrne, eine FBI-Agentin, die sechs Jahre lang verschwunden war und dann ohne Erinnerung an diese Zeit wieder auftaucht, ist Katic der unumstrittene Mittelpunkt der Serie.

Die Kritik zu Absentia Staffel 2 finden Sie hier. Die Kritik zu Absentia Staffel 3 lesen Sie hier.

Als Kate Beckett hinterließ die kanadisch-kroatische Schauspielerin Stana Katic unvergessliche Spuren in der TV-Historie. Ihre Chemie mit Nathan Fillion, der als Krimiautor und späterer Lover der toughen Polizistin überzeugte, verschaffte ihr regelmäßig Publikumspreise als weiblicher Teil des besten TV-Paares in den USA. Die Ankündigung des Senders, die Serie ohne sie weiterproduzieren zu wollen, erwischte sie genauso kalt wie die Fans. Und führte nach langem Hin und Her doch zum Aus. Ist Katic als anderer Cop, komplett ohne Humor und Partner, genauso gut?

Absentia
Der Moment, den Nick nicht mehr für möglich gehalten hat: Er hält seine totgeglaubte Frau Emily im Arm.

Absentia: Die Handlung

FBI-Agentin Emily Byrne (Stana Katic) verschwand vor sechs Jahren spurlos. Ihr Mann Nick (Patrick Heusinger), ebenfalls beim FBI, blieb mit dem kleinen Sohn Fynn zurück. Zwar wurde der verdächtige Conrad Harlow (Richard Brake) als Mörder von Emily verurteilt, aber er hat nie verraten, wo Emilys Leiche zu finden wäre, stritt die Tat bis zuletzt ab. Doch eines Nachts erhält Nick einen Anruf – scheinbar von Harlow – der ihm verrät, wo er Emily finden kann. Tatsächlich erreichen Nick und seine Kollegen rechtzeitig eine Hütte im Wald, um Emily im Keller des Hauses aus einem versiegelten Wassertank zu retten, in dem sie zu ertrinken droht.

Die junge Frau hat keinerlei Erinnerung an die vergangenen sechs Jahre, aber sehr wohl an die Zeit davor. So ist es ein Schock für sie, dass Nick inzwischen mit Alice (Cara Theobald) verheiratet ist. Und ihr Sohn Flynn sie nicht wiedererkennt. Doch bei diesen Problemen bleibt es nicht, denn kaum ist Harlow durch erwiesene Unschuld aus dem Gefängnis gekommen, treibt er tot in seinem Pool – und Emily ist die Hauptverdächtige. Immer mehr Beweise tauchen auf, die Emily mit mehreren Morden in Verbindung bringen, einige davon wurden während ihres Verschwindens verübt. Bald sind selbst Nick und Emilys Bruder Jack (Neil Jackson) nicht mehr sicher, was sie glauben sollen.

Als sich die Verdachtsmomente immer mehr häufen, bleibt dem FBI nichts anderes übrig, als Emily festzusetzen. Doch die ist derart in Panik, hinter Gittern ihren Namen nicht reinwaschen zu können, dass sie vor dem Zugriff durch ihre ehemaligen Kollegen flüchtet. Und auf eigene Faust versucht, ihren Entführer und den Killer zahlreicher Menschen zu finden, der ihr die Morde in die Schuhe schieben will …

Absentia: Düstere One-Woman-Show

In dieser Serie dreht sich alles um Stana Katic und ihren Charakter. Und den spielt sie ebenso grimmig und hart, wie in einigen der besten und düstersten „Castle“-Folgen. Daneben zeigt sie aber auch die verletzte, geschundene Seele in Emily, einer Frau, die außer ihrem Leben so gut wie alles verloren hat. Und das ist noch deutlich beeindruckender. In jedem Moment nimmt man Katic den Schmerz ab, den sie durchleiden muss, ist man emotional an ihrer Seite. Umso perfider ist der Kniff der Autoren, dass sich Emily manchmal selbst nicht mehr sicher ist, was sie getan und was sie nicht getan hat.

Nur ihrem eigenen inneren Kompass folgend, hält sie Kurs auf den offenbar genialen Mörder, der seine Spuren so gründlich verwischt hat. Und nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise, die bemerkenswert ruhig erzählt wird, ohne deshalb Spannung zu verlieren. In keiner der zehn Folgen überschlagen sich die Ereignisse. Stetig reiht Regisseur Oded Ruskin, der die gesamte Serie inszenierte, einen gelungenen Cliffhanger an den nächsten und hält die Spannung hoch, ohne dauerhaft auf Schusswechsel oder Verfolgungsjagden zu setzen.

Die Stärke der Hauptfigur ist gleichzeitig eine der wenigen Schwächen der Serie. Denn neben Katic gibt es kaum Schauspieler, die sich mit ihren Rollen profilieren können. Heusinger als Ex-Mann bleibt blass. Lediglich Neil Jackson als Bruder Jack und Angel Bonnani als bissiger Bostoner Cop Tommy Gibbs, der Emily gnadenlos auf den Fersen ist, entwickeln ein wenig eigenes Profil.

Absentia
Doch bald muss Emily erfahren, dass Nick mit einer anderen Frau verheiratet ist – der jungen Alice.

Absentia: Europäischer Einfluss

Die Serie wurde nicht nur in Europa gedreht, die zehn Folgen entstanden in Bulgarien, sie ist auch den typischen nordischen Krimi-Mehrteilern aus Schweden, Dänemark und Norwegen ähnlicher als einer typischen US-Serie. Denn hier sind die Charaktere, ihre dunklen Geheimnisse und ihre seelischen Narben sehr viel wichtiger für die Story als plumpe Action. Zwar gelingt es den Autoren gegen Ende nicht mehr, den Plot ohne Einsatz von Zufall oder eher unwahrscheinlichen Wendungen zu erzählen. Aber der Spannung tut das kaum Abbruch.

Denn Ruskin setzt bereits mit den ersten Szenen der Serie, in der er die Folterungen und das Martyrium von Emily recht deutlich zeigt, den Ton für alles weitere. Es ist kaum möglich, Emily bei ihren Nachforschungen zu sehen, ohne Mitleid zu verspüren. Und wissen zu wollen, wer ihr so etwas Entsetzliches angetan hat. Denn niemals hat der Zuschauer das Gefühl, dass Emily irgendetwas von dem verdient hätte. Dazu legt die Story immer wieder clevere Spuren aus, wer hinter all dem stecken könnte. So ist fast jeder irgendwann einmal verdächtig. Und das genügt völlig, um Absentia mit großem Vergnügen weiterzuverfolgen.

Fazit:

Absentia ist eine gut erzählte und gefilmte Thriller-Serie, die ihrem Star Stana Katic auf den Leib geschrieben wurde – und die hier die wohl beste Leistung ihrer Karriere abliefert. Mit viel Gespür für Atmosphäre und dunkle Plots inszeniert Oded Ruskin auch ohne permanente Action. So erinnert Absentia in seinen besten Momenten an die großen europäischen Krimiserien wie „Die Brücke“ oder „Messiah“. Für Fans von düsteren Krimi-Plots und starken Frauenfiguren ein echtes Highlight 2018.

Absentia ist ab dem 2. Februar komplett auf Amazon Prime zu sehen.

Update: Eine zweite Staffel der Serie ist bestellt!

Absentia
Der zynische Cop Tommy Gibbs glaubt nicht an Emilys Amnesie – und sammelt fleißig Beweise gegen sie.