The New Mutants

Filmkritik: The New Mutants

Schon im September 2017 fiel die letzte Klappe der Dreharbeiten zu „The New Mutants“, damals nach den Plänen von FOX der Beginn einer neuen X-Men-Reihe für die große Leinwand. Dann begann für Regisseur Josh Boone und seinen Film ein Martyrium, dass erst jetzt endet – drei Jahre später. Warum es so lange gedauert hat und ob das für oder gegen die Qualität des Films spricht, klärt die Kritik.

Mit ihnen hat alles begonnen! „X-Men“ läutet 2000 die neue Ära der Superheldenfilme ein, die bis heute ungebrochen anhält und mittlerweile Milliarden umgesetzt hat. Doch während Marvel mit seinen Helden mehr verdient denn je, gerieten die Lizenzbesitzer Fox (X-Men, Fantastic Four) und Sony (Spider-Man) zuletzt immer mehr ins Schlingern. Mit The New Mutants wollte Fox sogar etwas Neues wagen – einen Superhelden-Horrorfilm. Doch dann blieb der Film fast drei Jahre im Giftschrank. Ist er so schlecht oder hat das andere Gründe?

The New Mutants
Fünf Jugendliche werden in einer Spezialklinik festgehalten, weil sie Mutantenkräfte besitzen.

The New Mutants: Die Handlung

Was für ein Schock für Dani Moonstar (Blu Hunt): Das Reservat, in dem sie mit ihrem Vater lebt, wird von einer Art Sturm überrollt. Als sie in einem Krankenhaus zu sich kommt, erfährt sie von der Ärztin Cecillia Reyes (Alice Braga), dass sie die einzige Überlebende ist – und nach dortigen Messungen auch eine Mutantin! Und es kommt noch schlimmer. Denn bald stellt Dani fest, dass die Klinik eher ein Gefängnis ist als ein Ort der Heilung. Mit ihr zusammen sind vier weitere Mutanten hier, weil sie laut Reyes für sich und andere eine Gefahr darstellen.

Da ist die fiese Illiyana (Anya Taylor-Joy), die ein magisches Schwert beschwören und in eine eigene Dimension verschwinden kann. Der schweigsame Sam (Charlie Heaton, „Stranger Things“), der wie eine Kanonenkugel durch die Luft zischt und alles in seiner Bahn vernichtet. Der gut aussehende Brasilianer Roberto (Henry Zaga), der seine Kräfte nicht zeigen will. Und die rothaarige Rahne (Maisie Williams, „Game of Thrones“) die sich in einen Wolf verwandeln kann. Und sie alle leiden plötzlich unter furchtbaren Alpträumen. Aber woher kommen die?

Auf halbem Weg Kurs geändert?

Es gibt ein Gerücht, das die Probleme dieses Films ausgezeichnet erklären würde. Obwohl Regisseur Josh Boone jetzt betont, The New Mutants sei der Film, den er drehen wollte, soll er grünes Licht von Fox für einen R-Rated-Horror-Film bekommen haben. Doch während Boone schon drehte, hat Fox angeblich doch kalte Füße bekommen haben, was die X-Men-Lizenz angeht und den Regisseur deshalb in Sachen Horror für eine PG-13-Freigabe zurückgepfiffen. Und ganz genau so wirkt der Film nun auch auf die Zuschauer – ein halber Horror- und ein halber Superhelden-Film.

Und damit weder das eine, noch das andere. Für echte Horrorfans ist The New Mutants deutlich zu harmlos. Bevor es wirklich bedrohlich wird, ist die Szene auch schon wieder vorbei. Und für die Superhelden-Action fehlte Boone entweder der inszenatorische Wille oder schlicht das Budget. Zwar drehen die Charaktere in den letzten Minuten des Films zum ersten Mal richtig auf, für Genre-Freunde ist das aber doch etwas wenig. Zumal Kenner der Vorlage die „Demon Bear-Saga“ im Film kaum wiederfinden dürften – bis auf wenige Eckpunkte.

The New Mutants
Rahne SInclair kann sich in einen Wolf verwandeln – für die streng gläubige Katholikin ein echter Schock.

The New Mutants: Nicht gut, aber auch keine Katastrophe

Dennoch bleiben die Gründe für die dauernde Verschiebung des Films unklar. Wollte Fox Nachdrehs, die es dann aber nie gab? Oder hat der Konzern zu Beginn der Kaufverhandlungen mit Disney entschieden, den Film bis auf weiteres in der Giftküche zu lassen? An der Qualität dürfte es eigentlich nicht gelegen haben. Zwar ist The New Mutants nun wirklich kein guter Film, aber auch keine Leinwand-Katastrophe wie andere Werke, die ein Studio jahrelang zurückhielt. So kommen Fans der meisten Schauspieler durchaus auf ihre Kosten.

Vor allem die Damenriege, die allerdings auch mit den deutlich interessanteren Charakteren ausgestattet sind, macht einen guten Job. Anya Taylor-Joy ist wie immer gut, aber auch Maisie Williams und Blu Hunt überzeugen in ihren Rollen. Allerdings wäre hier durchaus mehr möglich gewesen. Boones Entscheidung, den Film in nur 94 Minuten (inklusive Abspann) zu erzählen, ließ aber nicht genug Zeit, um den Figuren ein wenig mehr Tiefe zu verleihen. Das hätte man sich aufgrund der durchaus spannenden Ansätze sehr gewünscht.

Die Ansätze sind es auch, die manchen Fans bedauern lassen, dass es wohl keine Fortsetzung unter der Rigide von Disney geben wird. Denn den Bösewicht, der im Hintergrund die Fäden zieht, werden sie wohl nicht zu Gesicht bekommen. Und als einzelner Film wirkt The New Mutants seltsam unfertig, wie das erste Kapitel eines Buches oder der Pilot einer Serie. Da der Film aber nur mäßige Kritiken im für Comicverfilmungen wichtigen US-Markt bekommt, dürfte er kein Hit werden. Und damit scheint ein zweiter Teil ausgeschlossen zu sein.

Fazit:

Das größte Manko von The New Mutants ist seine Unentschlossenheit. Ob Josh Boone nun eher einen Superhelden- oder einen Horrorfilm drehen wollte, lässt sich beim Ansehen nicht sagen. Und deshalb holt er keine der beiden Zielgruppen wirklich ab. Zwar kann er auf guten Schauspieler-Leistungen aufbauen, aber der Film ist für all seine eigentlich interessanten Figuren schlicht zu kurz geraten. Besser als „Dark Phönix“ ist er zwar geworden, aber zu einem guten X-Men-Film reicht es dennoch nicht. Schade.

The New Mutants starten am 10. September 2020 in den deutschen Kinos.

The New Mutants
Bald werden die Jugendlichen in einen unheimlichen Kampf gegen Monster verwickelt.