The Lodge

Filmkritik: The Lodge

Mit „Ich seh ich seh“ landeten die beiden österreichischen Regisseure Veronika Franz und Severin Fiala 2014 bei Horrorfans einen Überraschungshit. Das öffnete dem Duo die Tür nach Hollywood. Ihr neuer Film, eine amerikanisch-britische Produktion, ist deshalb auch auf englisch gedreht und kann mit Stars wie Richard Armitage („Der Hobbit“) und Riley Keough („Wolfsnächte“) aufwarten. Kann der neue Thriller „The Lodge“ wieder überzeugen? Oder war ihr erster Erfolg doch eher eine Eintagsfliege?

Mit ihrem Debüt lieferte das Regie-Paar aus Österreich einen eiskalten Psycho-Thriller ab, der nicht nur mit einem veritablen Twist überzeugen konnte, sondern schon mit seiner Atmosphäre Gänsehaut verbreitete. 2016 gewann Ich seh ich seh daher auch fast alle wichtigen einheimischen Filmpreise. Aber bekanntlich ist ja nichts so schwer wie der nächste Film nach einem großen Erfolg. Und bei The Lodge haben Franz und Fiala wenig verändert – Regie und Drehbuch stammt erneut von ihnen, auch wenn beim Script noch jemand half. Reicht das wieder zum Hit?

The Lodge
Die Kälte, Dunkelheit und die abweisende Art der Kinder machen Grace in der Hütte bald schwer zu schaffen.

The Lodge: Die Handlung

Richard (Richard Armitage, „Ich schweige für dich „) hat seine Familie verlassen, um mit der jungen Grace (Riley Keough) zusammenzuleben. Ex-Frau Laura (Alicia Silverstone) leidet sehr darunter und die gemeinsamen Kinder Aiden (Jaden Martell, „ES“) und Mia (Lia McHugh) stehen Grace nicht zuletzt deswegen sehr distanziert gegenüber. Weil Richard Grace heiraten will und die Kinder sich deshalb an sie gewöhnen müssen, schlägt er vor, über Weihnachten zu viert in eine Hütte in den Bergen zu fahren. 

Aber kaum angekommen, ruft ihn die Arbeit zurück in die Stadt und die Kinder bleiben allein mit Grace zurück. Aidan hat mittlerweile herausgefunden, dass Grace eine bewegte Vergangenheit hat. Sie ist die einzige Überlebende einer Sekte, deren Mitglieder kollektiven Selbstmord verübten. Und das abweisende Verhalten der Kinder scheint die junge Frau mehr und mehr zu verwirren. Bald häufen sich merkwürdige Ereignisse in der eingeschneiten Hütte und die Lage beginnt, langsam aber sicher immer mehr zu eskalieren. Ist Grace vielleicht wahnsinnig?

The Lodge: Innen und außen kalt

Wie schon im Vorgänger schaffen Veronika Franz und Severin Fiala erneut einen Film, der über weite Strecken als Kammerspiel erzählt wird. Zwar ist die Natur rund um das Haus durchaus vorhanden, durch die Wetterbedingungen aber keine Ausweich-Option. Grace, Aidan und Mia sind miteinander gefangen. Der Zuschauer erlebt dabei mit, dass die Atmosphäre im Inneren der Hütte der Eiseskälte außerhalb in nichts nachsteht. Unnachgiebig und grausam, wie Kinder sein können, verweigern sie jeden Versuch von Grace, ihnen näherzukommen.

Und so läuft es auch diesmal auf eine ähnliche Situation hinaus wie bei Ich seh ich seh. Entweder ist Grace tatsächlich wahnsinnig, hat Richard darüber getäuscht und ist nun allein mit seinen Kindern, bereit sie zu töten. oder die beiden Kinder versuchen in ihrer Ablehnung der möglichen neuen Mutter gegenüber, sie aus ihrem Leben zu ekeln, mit allem, was ihnen zur Verfügung steht.  Mit einer möglichen übernatürlichen Variante lassen sich Franz und Fiala aber eine weitere Tür offen. Was tatsächlich stimmt, wird hier natürlich nicht verraten.

The Lodge
Aber sind Mia und ihr Bruder Aidan tatsächlich schuld an der Situation oder gibt es andere Gründe?

The Lodge: Schauspieler-Poker

Zeit genug für Überlegungen hat das Publikum in jedem Fall. Denn The Lodge ist mit knapp zwei Stunden Laufzeit bei wenig Handlung ein echter Slowburner, der langsam seine Atmosphäre aufbaut und das aufziehende Drama in kleinen Schritten erzählt. Das muss man ebenso mögen wie die weitgehend ausdruckslosen Gesichter der Protagonisten, die optisch eine Art Poker spielen. Keiner der drei will sich in die Karten schauen lassen und so reagieren alle betont kühl und beherrscht auf die teilweise durchaus angsterregenden Ereignisse in der Hütte.

Bereits Ich seh ich seh hat den Ruf, eher auf ein intellektuelles Publikum abzuzielen, so wie es auch Michael Haneke mit seinem „Funny Games“ tat. Und auch The Lodge hat mit dem modernen Hollywood-Teenie-Grusler wie „Countdown“ oder „The Grudge“ nur wenig gemeinsam. Der Film richtet sich mit seinem kühlen Ambiente und beherrschten Figuren ohne große Gefühlsregungen daher sicher auch eher an ein Publikum, das sich auch ohne große Emotionen zu erleben, tief in eine Story einfühlen kann. Für die hat The Lodge denn auch einiges zu bieten.

Zum einen ist das Riley Keough, die mit minimalen Mitteln eine maximale Wirkung entfaltet, wenn der Zuschauer ihr Leiden miterlebt. Aber auch das kluge Drehbuch, dass ohne Finten und Tricks auskommt und dennoch eine stetig ansteigende Spannungskurve erzeugt, trägt entscheidend zur guten Qualität des Films bei. Wie immer bei einem Film, der seinen Vorgänger in Machart und Inhalt recht ähnlich ist, gilt aber auch hier:Beim zweiten Mal ist die Magie nicht mehr ganz so frisch. Ihre eigene Messlatte übertreffen können Franz und Fiala diesmal nicht.

Fazit:

The Lodge ist nicht für jeden, aber das war der schaurige Erstling Ich seh ich seh von Veronika Franz und Severin Fiala auch nicht. Weit entfernt vom typischen Hollywood-Horror mit hübschenTeens, die nacheinander durch irgendeine böse Macht möglichst originell den Löffel abgeben, ist dieser Film ein anderes Kaliber. Lange hält das Regie-Duo die Spannung trotz engstem Raum und wenig Erklärungsmöglichkeiten hoch, bis sie ein für sie nun schon fast typisches Ende finden. Für Horrorfans abseits des Mainstream ganz sicher einen Blick wert.

The Lodge startet am 6. Februar 2020 in den deutschen Kinos.

The Lodge
Der Aufenthalt in der Hütte wird für Grace zur Prüfung. Hat sie ihr altes Leben wieder eingeholt?