The Grudge

Filmkritik: The Grudge

Geister gehören schon lange zu den beliebtesten Horror-Monstern. Die körperlosen Gestalten, die oft nicht ruhen können, weil sie auf schreckliche Weise aus dem Leben geschieden sind, haben einige beeindruckende Filme mit untotem Leben gefüllt. Das Kinojahr 2020 startet für Horrorfans auch mit Geistern – und zwar einigen. „The Grudge“, das Remake eines Remakes nach japanischem Vorbild erzählt von einem grausigen Fluch, der scheinbar nicht zu stoppen ist. Gruselt das im Kino?

Was kommt 2020 an Horror ins Kino? Das erfahren Sie hier.

Die späten 90er und frühen 2000er Jahre waren die große Zeit des Asia-Horrors – auch im Rest der Welt. Mit „The Ring“ begann 1998 der Hype um die fiesen und extrem unheimlichen Geisterfilme, „Ju-On: The Grudge“ folgte 2002. Beide wurden schnell in Hollywood neu gedreht. Während Gore Vidals Ring-Remake als einer der besten Horrorfilme der Dekade durchgeht, war die US-Version von The Grudge trotz des gleichen Regisseurs wie beim Original weniger erfolgreich. Macht das neue Reboot seine Sache besser?

The Grudge
Fiona Landers kehrt aus Japan nach Hause zurück – und tötet erst ihre Familie und dann sich selbst.

The Grudge: Die Handlung

2004. Eine amerikanische Geschäftsfrau reist aus Japan zurück nach Hause, nachdem sie in Tokyo ein Haus betreten hatte, in dem Menschen auf besonders grausame Art zu Tode gekommen waren. Kaum in den eigenen vier Wänden, bringt sie erst Mann und Tochter um, und tötet sich dann selbst. Das hat Folgen, die sich erst im Lauf der kommenden Jahre zeigen. Als 2006 die neue Polizistin Muldoon (Andrea Riseborough) mit ihrem Kollegen Goodman (Demian Bechir) eine Leiche in einem Waldstück findet, kocht der alte Fall wieder hoch.

Denn die Tote, eine professionelle Sterbebegleiterin, war kurz vor ihrem Tod in dem Haus zu Besuch, in dem die schrecklichen Morde geschahen. Als Muldoon sich dort umsehen will, stößt sie nicht nur auf einen weiteren Toten, sondern auch auf eine offenkundig geistig verwirrte Frau (Lin Shaye). Erst jetzt erfährt die Polizistin, dass ihr neue Partner bereits einen Kollegen an diesen Fall verloren hat. Dennoch folgt sie seinem Beispiel, verbeißt sich in das Geheimnis des Hauses – und liefert sich damit einem tödlichen Fluch aus …

The Grudge: Viel Erfahrung, wenig Qualität

Auf dem Papier sah dieses Projekt wirklich gut aus. Regie und Drehbuch übernahm Nicolas Pesce, der Horrorfans durch sein Debüt „The Eyes of my Mother“ überzeugt hatte. Als Produzent traten Sam Raimi und Rob Tapert in Erscheinung, die schon seit Raimis Kultfilm „Evil Dead“ zusammenarbeiten. Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn das kein ordentlicher Horrorfilm würde, zumal mit Andrea Riseborough auch noch eine gute Schauspielerin die Hauptrolle übernahm. Leider beweist The Grudge, dass viele gute Leute manchmal nicht reichen.

Denn dieser Film lässt so viele Zutaten vermissen, die bei einem Horrorfilm zwingend dazugehören, dass das Projekt dicht an einem Totalausfall vorbeischrammt. Atmosphäre fehlt dem Film beispielsweise völlig. Wenn Pesce nicht gerade versucht, sein Publikum durch einen von zahllosen Jump-Scares zu erschrecken, verbreitet seine Story keinerlei Unbehagen oder auch nur Interesse. Tatsächlich sind ganze Sequenzen des Films regelrecht langweilig, weil sie derart uninspiriert und vorhersehbar inszeniert sind. 

The Grudge
Detective Goodman verliert seinen Partner an den Fall – und hält sich danach vom Haus der Landers-Familie fern.

The Grudge: Blutig, aber öde

Was auch daran liegt, dass Pesces Drehbuch trotz komplizierter Erzählweise mit vielen Zeitsprüngen, keinerlei Spannung aufbaut. Was hier passiert, verrät der Film bereits im Vorspann. Und die wenigen Worte, die dort zu lesen sind, müssen als komplette Erklärung für sämtliche Vorgänge im Film auch reichen. Dazu baut Pesce keinerlei emotionale Bindung zwischen seinen Figuren und dem Publikum auf. Sein Versuch zu zeigen, wie gleich mehrere Familien durch den japanischen Fluch bedroht werden, scheitert dadurch kläglich.

Wenn dem Publikum die Charaktere auf der Leinwand fast egal sind, kann kein Horror aufkommen. Weil Pesce dazu auch noch viele seiner häufig gesetzten Jump-Scares vergeigt, taugt The Grudge nicht einmal als ordentlicher Geisterbahn-Ersatz. Schon der japanische Film setzt nur wenig auf Erklärungen, kann aber wenigstens mit Atmosphäre überzeugen. Hier verheizt Pesce lediglich gute Schauspieler wie Riseborough, John Cho oder Betty Gilpin. Denn die können aus ihren Rollen einfach nicht viel herausholen, was dem Zuschauer im Gedächtnis bliebe.

Die einzige Steigerung, die der Horror-Kenner hier feststellen kann, ist die Zunahme von Gewalt und Blut. Pesce inszeniert seinen Grudge deutlich brutaler und derber als alle vorherigen Filme der Reihe. Das dürfte bei zartbesaitetem Publikum seine Wirkung auch nicht verfehlen und zumindest für ein paar Schockmomente sorgen. Besser wird der mäßig geschriebene und umgesetzte Film dadurch aber nicht. Das Horrorjahr 2020 beginnt leider mit einer Gurke.

Fazit: 

Nicht jede aufgewärmte Mahlzeit schmeckt auch. Im Fall von The Grudge erweist sich der Fluch hier als wirksam für das Publikum, denn es bekommt ein weitgehend geschmacksarmes und zu keiner Zeit befriedigendes Horror-Menü serviert. Regisseur und Drehbuch-Autor Nicolas Pesce konnte der Grundidee von 2002 nichts hinzufügen, das der Rede wert wäre und versucht es deshalb mit mehr Blut und Gore-Effekten. Dabei hätte dem Gericht ein wenig Atmosphäre viel mehr geholfen. So ein Remake braucht niemand.

The Grudge startet am 9. Januar 2020 in den deutschen Kinos.

The Grudge
Das Ehepaar Matheson, das nach den Landers im Haus lebt, hat weniger Glück. Die geistig verwirrte Faith wird bald von Geistern verstümmelt.