The First Purge

Filmkritik: The First Purge

Blumhouse Productions haben nicht nur Horror in den Kinos in den vergangenen Jahren wieder salonfähig gemacht, sondern auch ein anderes Kunststück geschafft. Sie drehten Fortsetzungen, die besser waren als die Erstlinge. So geschehen unter anderem bei der „Purge“-Serie, deren vierter Teil namens „The First Purge“ jetzt in die Kinos kommt. Ein Prequel und gleichzeitig ein vierter Teil – kann das gut gehen?

James DeMonaco, der starke Mann hinter der Purge-Reihe, inszenierte und schrieb die ersten drei Filme, für den vierten steuerte er nur noch das Drehbuch bei. Hier übernahm Gerard McMurray die Regie, der vorher unter anderem als Produzent für das Rassismus-Drama „Nächster Halt: Fruitvale“ als Produzent arbeitete. Ein logischer Schritt, denn The First Purge hat fast ausschließlich afro-amerikanische und Latino-Darsteller und das Thema Rassismus nimmt hier breiten Raum ein – aber ist der Film auch gut?

The First Purge
Eigentlich wollte Nya die Purge in der Kirche aussitzen, gemeinsam mit Nachbarin Dolores.

The First Purge: Die Handlung

Die USA in naher Zukunft. Eine neue Partei, die „New Founding Fathers of Amerika“, kurz NFFA, hat die Mehrheit errungen und regiert nun das Land. Weil Unruhen und Gewalt stetig steigen, will die Regierung ein Konzept der Verhaltensforscherin Dr. May Updale (Marisa Tomei) testen. In Staten Island soll es die erste Purge geben – zwölf Stunden lang sind alle Verbrechen einschließlich Mord legal. Damit viele der Armen, die dort leben, auch zuhause bleiben, lobt die Regierung 5000 Dollar Belohnung für jeden aus.

Und wer mitmacht und das Ganze per Kontaktlinsen-Kamera auch überträgt, dem winkt weiteres Geld. Für die Sozial-Aktivistin Nya (Lex Scott Davis), die selbst dort lebt, ist die Purge ein rotes Tuch. Ihr Ex-Freund Dmitri (Y’Lan Noel), den sie verlassen hat, als er sich zum Drogenkönig des Viertels aufschwang, hält auch nicht viel von der Purge. Er befürchtet, sie sei schlecht fürs Geschäft. Doch als die zwölf gesetzlosen Stunden beginnen, muss auch er bald einsehen, dass es nicht so einfach ist, sich aus der Purge herauszuhalten …

The First Purge: Klarer Angriff auf US-Politik

Begann die Reihe 2013 als Idee zu einem blutigen Home-Invasion-Thriller mit Ethan Hawke, so erkannte Autor James DeMonaco bald, dass hier mehr Potenzial ruhte. Und so waren die Nachfolger mit Frank Grillo als grimmigem (Anti)-Helden tatsächlich besser als Teil eins. Besonders im dritten Teil überspitzte er als Regisseur seine Version des Zivilisationsaussetzers deutlich satirisch, als er die Armen von dekadenten weißen Herrenmenschen und bigotten „Ehrenmännern“ blutigst niedermetzeln ließ.

Damit hatte McMurray, der neue Mann im Regiestuhl, wenig am Hut. Er drehte den neuen Film, der chronologisch an den Anfang der Saga gehört, komplett ohne Humor oder Satire, sondern mit bitterem Ernst. Der dem Stoff deutlich besser steht – und von der FSK auch gleich mit einer „ab 18“-Freigabe versehen wurde. Wenn hier Armut mit Hautfarbe gleichgesetzt wird und die Regierung ausschließlich aus weißen, alten Männern besteht, dann sind die Seitenhiebe auf die Republikaner und Trump kaum zu übersehen.

The First Purge
Aber weil ihr kleiner Bruder Mist baut, gerät Nya bald mitten hinein in die Blutnacht von Staten Island.

The First Purge: Wenig subtil und sehr vorhersehbar

McMurray und DeMonaco leisten sich trotz des passenden Ansatzes aber auch einige Schnitzer. So ist die Story arg vorhersehbar. Erfahrene Thriller-Fans wissen nach zehn Minuten schon ziemlich genau, wie sich diese erste Purge-Nacht entwickeln wird. Und auch der Twist, den der Film dem Zuschauer verkaufen will, kommt nach dem dritten Teil nicht mehr so überraschend. All das erzählt McMurray zusätzlich wenig subtil und mit teilweise extrem nervtötenden und maßlos übertriebenen Figuren.

Dass The First Purge dennoch ein ordentlicher Genre-Film geworden ist, liegt auch diesmal wieder an der Härte, die er an den Tag legt. Er zeigt drastisch, wie ein ganzes Viertel fast systematisch niedergemetzelt wird. Und blendet auch dann nicht weg, wenn es wirklich unerfreulich wird. Und ohne DeMonacos Satire treffen diese Bilder deutlich härter als noch in den Vorgängern. Immer wieder schimmern hier Bilder der realen Tötungen von jungen Schwarzen oder Latinos durch US-Polizisten durch und machen aus The First Purge einen zwar mitunter platten, aber sehr effektiven Rassismus-Thriller.

So tritt The First Purge ein wenig in die Fußstapfen des eleganteren „Get Out“, der ebenfalls von Blumhouse produziert wurde und ein ganz ähnliches Thema bearbeitet. Als dystopischer Thriller, der sich unangenehm dicht an der heutigen Realität bewegt, ist The First Purge daher auch durchaus gelungen. Wer auf subtilere Filme in der Tradition von „Moonlight“ steht, für den ist The First Purge aber nichts. Leise Töne werden hier in Blut ersäuft.

Fazit:

Trotz der guten Entscheidung, statt satirischer Überhöhung diesmal blutigen und realistischen Ernst als Erzählform zu nutzen, krankt The First Purge an zu vielen Stereotypen und vorhersehbarer Handlung. Zum Ende hin glänzt er dafür mit blutiger, dicht inszenierter Action und hält der momentanen US-Regierung ziemlich unverhohlen den Spiegel vor. Für Fans der Reihe in jedem Fall empfehlenswert und wer auf harte Action steht, kommt auch auf seine Kosten. 

The First Purge läuft ab dem 5. Juli 2018 in den deutschen Kinos.

The First Purge
Auch Nyas Ex-Freund Dmitri (rechts), der größte Drogendealer des Viertels, gerät bald in die Kämpfe der Purge.