Scream 6 Ghostface

Filmkritik: Scream 6

Obwohl Drehbuchautor Kevin Williamson sich im ersten Film der Reihe noch über die typischen Fortsetzungen und Regeln in Teenie-Slashern lustig machte, scheint seine Idee nun auch den Weg zu gehen, der er gemeinsam mit Wes Craven anlegte. Mit „Scream 6“ erreicht die Filmserie endgültig hohe Weihen innerhalb des Horror-Genres. Und das ging genretypisch diesmal auch recht flott. Nachdem zwischen den Teilen vier und fünf immerhin elf Jahre lagen, kommt Scream 6 gerade einmal 15 Monate nach dem fünften Film. Der neueste Teil hat im Vorfeld bereits Furore gemacht, weil er der bislang blutigste der Reihe sein soll. Stimmt das? Und kann der erste Film, der ohne Neve Campbell auskommen muss, die bisherige Qualität der Serie halten? Das klärt die Kritik.

Scream 6
Sam, Tara, Mindy und Chad sind die Überlebenden aus Teil 5. Gelingt ihnen das Kunststück auch in Teil 6?

Die Handlung

Einige Zeit nach den letzten Morden in Woodsboro haben die Überlebenden Samantha (Melissa Barrera), Tara (Jenna Ortega), Mindy (Jasmin Savoy Brown) und Chad (Mason Gooding) ein neues Quartier in New York bezogen, um die Anonymität der Großstadt zu genießen und sich auch räumlich von den Ereignissen in ihrer Heimatstadt zu entfernen. Ruhe gibt es natürlich dennoch nicht. Denn schon bald beginnt eine neue Mordserie, bei der offenbar ein Killerpaar, das kurz zuvor noch gemordet hat, von anderen Killern hingerichtet wurde. Kurze Zeit später bestätigt sich Sams Verdacht: Ghostface ist wieder da und heftet sich schnell an die Fersen der Woodsboro-Vier.

Weder Sams und Taras Mitbewohnerin Quinn (Liana Liberato), noch ihr neuer Kumpel Ethan (Jack Champion) haben eine Ahnung, was da auf sie zukommt. Aber schon bald wird klar, dass Ghostface auch diesmal alle aus dem Weg räumt, die sich zwischen ihn und seine Opfer stellen könnten. Immerhin erleben die Woodsboro-Vier auch einige positive Überraschungen. Mit Detective Bailey (Dermot Mulroney) finden sie einen Cop, der ihnen glaubt und alles tut, um den Killer zu finden. Und dann ist da ja auch noch Kirby Reed (Hayden Panettiere), die den vierten Ghostface-Killer vor elf Jahren überlebt hat und mittlerweile als Spezialistin beim FBI arbeitet. Und auch Gail Weathers (Courtney Cox) taucht bald wieder auf und steht Sam und ihren Freunden zur Seite. Aber ob das zum Überleben reicht?

Kontinuität vor und hinter der Kamera

Nicht nur vor der Kamera (mit Ausnahme von Neve Campbell, die sich mit den Produzenten nicht über ihre Gage einig wurde) bleibt in Scream 6 alles beim Alten, auch die Macher sind noch dabei. Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett führen erneut gemeinsam Regie. Die Story stammt wie bei Teil 5 von James Vanderbilt und Guy Busick. Diese Kontinuität merkt man dem Ergebnis an. Scream 6 wirkt in jeder Hinsicht wie die direkte Fortsetzung, die sie auch ist. Die Ankündigung, diesmal auf noch mehr Blut und Gore zu setzen, ist grundsätzlich zwar korrekt, aber so einen richtig großen Unterschied zum bereits ziemlich fiesen fünften Teil dürfte das Publikum nicht feststellen. Scream 6 ist hart, aber es gibt keinen Quantensprung zum fünften Film.

Und natürlich spielt auch die berühmte Meta-Ebene wieder eine große Rolle. Dass den Protagonisten diverse Slasher-Filme bekannt sind und sie dementsprechend die Regeln des Genres kennen, schützt sie zwar nicht unbedingt vor dem Tod, macht dem kundigen Zuschauer aber einfach eine Menge Spaß. In Teil 6 stehen neue Regeln an- die für ein Franchise. Die unterscheiden sich zwar eher marginal von den bisherigen. Sie bringen aber dennoch vor allem Kenner der Horrorfilm-Szene immer wieder zum Schmunzeln. Kaum eine Kinoreihe ist so selbstreferentiell wie Scream, das bleibt auch in der neuesten Version so. Allerdings zeigt die Idee jetzt auch endgültig erste Abnutzungserscheinungen.

Hayden Panatierre in Scream 6
Unterstützung erhält das Quartett aus Teil 4: Kirby Reed hat überlebt und ist nun beim FBI.

Verbeugung vor den eigenen Vorgängern als Selbstzweck

Denn in Scream 6 geht es endgültig nur noch um eine Frage. Wird etwas wiederholt oder wird die Erwartungshaltung des Publikums mit dem Gegenteil gebrochen? Und wann kommt was? Kenner der Reihe werden den gesamten Film bei jeder Szene überlegen, ob jetzt gleich etwas folgt, das man schon kennt oder ob die Macher es nur so aussehen lassen, als folge gleich das nächste Zitat aus einem Vorgänger. Sind es wieder zwei Killer wie – fast – immer? Oder erleben wir eine Neuauflage von Scream 3 mit einem Einzeltäter? Insgesamt funktioniert das Verwirrspiel um den oder die Killer noch ganz gut. Erste Abnutzungserscheinungen sind allerdings nicht von der Hand zu weisen.

Denn das Drehbuch schafft zwar die bekannte Verwirrung um vermeintliche Fakten und überrascht mit neuen Erkenntnissen. Aber der Lack blättert an der einen oder anderen Stelle schon ein wenig. So dürfte aufmerksamen Zuschauern das Rätsel um die Morde schon relativ früh klar sein. Das Drehbuch verschleiert das längst nicht so clever wie in früheren Teilen. Und auch der groß als Neuerung angekündigte Umzug nach New York erweist sich nur ein einer einzigen großen Szene als wirklich notwendig, weite Teil des Films hätten auch in Woodsboro spielen können. Das sind allerdings Dinge, die sie mit etwas mehr Zeit zur Vorbereitung möglicherweise hätten verhindern lassen.

Courtney Cox in Scream 6
Auch Gail Weathers begibt sich erneut auf die Jagd nach dem Serienkiller.

Und so bleibt zu hoffen, dass sich die Gerüchte um einen Drehstart von Teil 7 noch in diesem Jahr nicht bewahrheiten. Und die Macher sich etwas mehr Zeit nehmen, um dem  nächsten Teil, der so sicher kommt wie das Amen in der Kirche, den letzten Schliff zu verpassen und wieder mit einer etwas stärkeren und weniger vorhersehbaren Story zurückkehren. Bei der Gelegenheit könnten sie dann auch gleich noch erklären, warum die Protagonisten des Franchises – den Titel hat sich die Reihe inzwischen mehr als verdient – eigentlich so unkaputtbar sind, wenn es um Stich- oder Schusswunden geht. Denn was die Scream-Helden teilweise wegstecken können, hätte manchem Terminator zur Ehre gereicht. Aber das gehört mittlerweile wohl ebenso zu Scream dazu wie die Ghostface-Maske.

Fazit:

Die Umsiedlung nach New York hat für die Woodsboro-Veteranen nur wenig verändert. Im mittlerweile ewig gleichen Spiel um verrückte Killer gibt es zwar von Teil zu Teil mehr Blut und derbe Tötungen zu sehen, das Grundkonzept aber steht fest. Die Macher führen das Publikum mit Wiederholungen und Neuerungen an der Nase herum, weil immer erst spät klar wird, ob die Szene nun eine Referenz auf frühere Filme oder eine Negierung bekannter Strickmuster sind. Das macht zwar immer noch Spaß, zeigt aber in Scream 6 auch erste Alterserscheinungen. Denn so richtig frisch wirkt der Überlebenskampf von Sam, Tara und den anderen nicht mehr. Zumal diesmal der Plot schon recht früh verraten wird, wenn man nur gut aufpasst. Dennoch: Fans der Reihe kommen auch hier wieder auf ihre Kosten.

Scream 6 startet am 9. Februar 2023 in den deutschen Kinos.

Ghostface aus Scream 6
Ghostface ist im neuen Teil ganz besonders fies und mordet so blutig wie nie.