Die Horror-Reihe „Evil Dead“ nimmt bei vielen Fans eine Sonderstellung ein. Gründe dafür gibt es viele. So begann Regisseur Sam Raimis Karriere mit diesem Film, auch für Hauptdarsteller Bruce Campbell, bei den Fans extrem beliebt, war Evil Dead der Startschuss für seinen Erfolg als Schauspieler. Folgerichtig kehrte Campbell für zwei Fortsetzungen und eine TV-Serie zu der Rolle zurück, die ihn so groß gemacht hatte. Und Raimi, der immer noch die Rechte an der Reihe hält, sorgt weiterhin alle paar Jahre für Nachschub. Der neueste Streich nach dem 2013 erschienen Remake von Fede Alvarez ist nun „Evil Dead Rise“ von Regisseur Lee Cronin. Hat der insgesamt fünfte Film Neues zu bieten? Das klärt die Kritik.
Die Handlung
Bei Beth (Lily Sullivan) läuft es gerade nicht so rund. Auf einer dreckigen Club-Toilette sieht sie sich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie schwanger ist, der Test ist eindeutig. In Panik zieht es sie zurück zu ihrer Schwester Ellie (Alyssa Sutherland), die vor einer Weile von ihrem Mann verlassen wurde und nun allein für ihre drei Kinder Danny (Morgan Davis), Bridget (Gabrielle Echols) und Cassie (Nell Fisher) sorgen muss. Beth wusste noch nichts davon, da sie die Anrufe ihrer Schwester in den vergangenen Wochen ignoriert hatte. Dementsprechend aufgeladen mit Schuldgefühlen und Wut ist die Atmosphäre, als Beth in Los Angeles ankommt, wo die Familie im oberen Stockwerk eines heruntergekommenen Mietshauses lebt.
Als Ellie ihren Sohn Danny losschickt, um für das Abendessen Pizza zu holen, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Teenager entdeckt nach einem leichten Erdbeben in der Tiefgarage einen Riss im Boden, der einen alten Saferaum freigelegt hat. Und dort entdeckt Danny ein seltsames und unheimlich wirkendes Buch sowie einige alte Schallplatten, die offenbar eine Verbindung zu dem alten Folianten aufweisen. Neugierig schleicht sich Danny zurück in sein Zimmer, um sich diese Platten anzuhören. Und setzt damit ein nicht zu stoppendes Szenario in Gang, für das seine Mutter einen hohen Preis bezahlen muss. Eine Nacht voller blutigem Horror beginnt …
Deadites as usual
Ob Evil Dead Rise nun eine Granate oder eine Enttäuschung ist, liegt vor allem an einem Punkt. Will ich als Horrorfan immer wieder den gleichen Film sehen oder nicht? Nun kann man sicher bei jeder Franchise über die Fortsetzungen diskutieren, aber nirgendwo sind Fans mit derart wenig Änderungen zufrieden wie im Horror-Genre. Ob „Halloween“, „Freitag, der 13.“ oder andere lang laufende Reihen – Innovation wird eher skeptisch gesehen. Daher lautet die gute Nachricht: Wer einen typischen Evil Dead-Film sehen will, in dem Dämonen Leute möglichst derb um die Ecke bringen, dann ist Evil Dead Rise ein guter Film. Denn er drückt die richtigen Knöpfe.
Natürlich gibt es eine Kettensäge. Natürlich gibt es fiese Kills der Deadites. Natürlich ist das Ende, wie ein Evil Dead-Ende eben ist. Und ordentlich blutig ist das Ganze natürlich auch. Aber wer sich hier auch nur ein wenig Neues erhofft hat, wie es immerhin der dritte teil von Sam Raimi geschafft hat, der geht hier weitgehend leer aus. Evil Dead Rise ist eine typische Fortsetzung mit wenig Mut zum Risiko. Das fängt bei der großen Ankündigung an, der neue Film würde erstmals in einer Großstadt spielen. Das stimmt zwar, hat aber noch weniger Auswirkung auf die Handlung als bei Scream 6, wo es wenigstens eine U-Bahn-Szene gab, die für die Story wichtig war und wirklich das Setting Großstadt nutzte. Rise hat die Story nach 30 Minuten soweit, dass sie auch wieder in der Waldhütte hätte spielen können.
Gut, aber mit Luft nach oben
Zudem ist Evil Dead Rise bei aller Brutalität ein gutes Stück harmloser als das Remake von Fede Alvarez von 2013. Dessen gallig-fiese Atmosphäre erreicht Lee Cronins Film nie, auch wenn einem Horror-Neuling bei Evil Dead Rise ebenfalls die Kinnlade herunterfallen dürfte. Aber genug Kritik, der Film hat auch vieles, was man einfach loben muss. So sind die Schauspieler allesamt wirklich sehenswert. Alyssa Sutherland spielt die besessene Mutter nicht nur mit vollem Körpereinsatz, sondern auch herrlich fies und manchmal sogar unheimlich. Auch Lily Sullivan als Dämonenjägerin wider Willen schlägt sich sehr achtbar durch ihre Tortur. Selbst wenn sich die meisten Zuschauer vom Einsatz der Käsereibe wohl mehr erhofft hatten, als sie letztlich bekommen.
Auch die Darsteller der Kinder erledigen ihre Aufgabe sehr ordentlich und sorgen für die meisten Schreckmomente im Film, denn Gewalt gegen Kinder oder sehr junge Teenager funktioniert im Horrorfilm eigentlich immer. So auch hier. Das Mitfiebern besonders um die kleine Cassie sorgt daher für einige der stärksten, weil spannendsten Szenen im Film. Und auch die Verbeugung vor „Das Ding aus einer anderen Welt“ (genauer wollen wir das hier nicht ausführen) ist sehr gelungen. Dennoch bleibt auf hohem Niveau eine gewisse Ernüchterung, weil man sich ausmalt, wie gut Evil Dead Rise hätte werden können, hätten die Macher tatsächlich ein wenig mehr Mut bei Plot und Drehbuch bewiesen und nicht eine weitere Kopie der bestehenden Filme gedreht.
Fazit:
Mit Evil Dead Rise kommt eine grundsolide Fortsetzung der Reihe in die Kinos. Blutig, böse, mit Anflügen von Humor. Und mit allem versehen, was die Reihe so erfolgreich gemacht hat. Eine kleine Enttäuschung dürfte es aber für Horror-Fans sein, die sich mehr davon erhofft hatten als eine weitere Variation des bekannten Plots. Die Anlagen dazu waren durchaus vorhanden, aber der Mut fehlte wohl letztlich den Machern oder dem Studio, wirklich eine neue Geschichte zu erzählen. Daher wirkt auch der Umzug in die Stadt wie eine Mogelpackung. Aus der Menge belangloser Horrorfilme ragt Evil Dead Rise mit seiner Kompromisslosigkeit, guten Schauspielern und dem satten Gewaltgrad deutlich hervor. Auch wenn mehr gegangen wäre.
Evil Dead Rise startet am 27. April 2023 in den deutschen Kinos.