Unsane

Filmkritik: Unsane

Eigentlich hatte sich Regisseur Steven Soderbergh ja bereits vom Filmemachen verabschiedet und verkündet, sich eher auf Serien spezialisieren zu wollen. Nachdem er bereits im vergangenen Jahr mit „Logan Lucky“ rückfällig geworden war, präsentiert er nun mit „Unsane“ einem komplett mit Smartphone gedrehten Thriller. Ist dieser Film dazu angetan, sich weitere Filme Soderberghs zu wünschen? Oder darf der Filmemacher langsam in Rente gehen?

Was kann eine einzelne Person gegen ein ganzes System ausrichten? Diese Thematik gab laut Steven Soderbergh den Ausschlag für Unsane, der inhaltlich ein wenig in die sehr großen Fußstapfen von „Einer flog übers Kuckucksnest“ tritt. Statt ein Drama über die Zustände in Stationen für psychisch Kranke zu drehen, entschied sich Soderbergh aber, seinem vorletzten Film „Side-Effects“ Ehre zu machen und einen Thriller zu schaffen. Eine gute Idee?

Unsane
Eben noch in Büromontur findet sich Sawyer nur Minuten später in Krankenhauskleidung wieder.

Unsane: Die Handlung

Die junge Sawyer (Claire Foy) ist gerade in die Stadt gezogen und hat einen neuen Job angefangen. Als sie dort recht deutlich von einem Vorgesetzten angeflirtet wird, kann Sawyer ihre Panik kaum unterdrücken. Bald wird klar: Die junge Frau litt jahrelang unter einem Stalker und hat dadurch psychische Probleme davongetragen. Als sie deshalb eine Psychologin aufsucht und einige Fragen recht deutlich beantwortet, findet sie sich wenig später in der geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses für Geisteskranke wieder.

Und als wäre das für die junge Frau noch nicht schlimm genug, taucht dort auch noch ihr Stalker auf, der sich eine neue Identität aufgebaut hat, um sein Opfer weiter verfolgen zu können. Oder sieht doch nur Sawyer den Mann (Joshua Leonard), weil sie tatsächlich durch ihre Qualen den Verstand verloren hat? Mitinsasse Nate (Jay Pharao) ist möglicherweise der Einzige, der Sawyer in ihrer Situation weiterhelfen kann. Kann sie mit seiner Hilfe ihrer Hölle entkommen?

Unsane: Zu viel Plot

Ein Film über die Tatsache, dass man in den USA offenbar jeden für 72 Stunden wegsperren darf, wenn ein entsprechender Arzt die Anweisung gibt – das allein wäre ein cooler Plot für einen Film gewesen. Ein Thriller über eine junge Frau, die einen Stalker einfach nicht los wird, ebenso. Aber beide Plots in einen Film zu packen, der mit 98 Minuten auch nicht eben üppig ausfällt, ist schlicht zu viel. Darunter leiden beide Geschichten und hängen häufiger in der Luft, als dem Film gut tut.

Denn die Auflösung, ob Sawyer nun verrückt ist oder nicht, die eigentlich ans Ende eines solchen Films gehören würde, wird deutlich früher geklärt. Und mit dieser Klärung fällt auch die Spannung in sich zusammen, ob der jungen Frau tatsächlich gleich doppelter Horror begegnet – der fälschliche Aufenthalt in der Klinik und die erneute Begegnung mit ihrem Stalker. Ab diesem Zeitpunkt ändert der Film seine Schlagrichtung und konzentriert sich nur noch auf eines seiner Themen. Und bringt das andere eher halbherzig zu Ende.

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Schnell gerät Sawyer in eine Hölle aus Medikamenten und Fesselungen ans bett, die ihre Panik stetig verschlimmern.

Unsane: Smartphonefilme braucht kein Mensch

Sehen wir uns nun den anderen Aspekt des Films an – die Nutzung eines Smartphones als Kamera. Das sorgt für einen körnigen und groben Look des Films. Den viele beim Ansehen mit einer Art dokumentarischen Stils gleichsetzen werden. Letztlich sind aber Räume einfach nur schlechter ausgeleuchtet und viele Momente sind deutlich dunkler, als das mit einer Profi-Filmkamera der Fall wäre. Zur Atmosphäre des Films oder irgendeinem inhaltlichen Aspekt der Story trägt die Smartphone-Kamera aber schlicht nichts bei. Die Geschichte hätte mit normalen Kameras ebenso gut oder schlecht funktioniert.

Und doch ist nicht alles schlecht in Soderberghs neuem Film. Denn Claire Foy, die gerade zum nächsten großen Star aufzusteigen scheint, liefert mit ihrer Rolle als Sawyer absolut sehenswertes Schauspiel ab. Denn es gelingt ihr, den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen, obwohl sie alles andere als ein freundlicher, umgänglicher Mensch ist. Das liegt zwar an ihrer Leidensgeschichte, macht sie zunächst dennoch nicht deutlich sympathischer. Foy schafft es aber, die Balance zwischen Opfer und Miststück derart gut zu halten, dass Sawyer im Film die einzige, wirklich spannende Figur bleibt.

Und dank eines wenig überzeugenden Thrillerplots und einem nicht zu Ende erzählten Drama bleibt Claire Foy denn auch der einzige Grund, warum man sich Unsane ansehen sollte. Offenbar kann Steven Soderbergh Filme über coole Einbrüche besser als spannende Thriller.

Fazit:

Unsane ist sicher nicht der schlechteste Thriller des Jahres, kommt aber aufgrund seines vollgestopften Plots lange nicht richtig in die Gänge. Und die deutlich sichtbare Smartphone-Optik macht den Film auch nicht interessanter. Lediglich Fans von Claire Foy sollten Unsane nicht verpassen. Denn die zeigt hier, wie gut sie ihren Job wirklich drauf hat. Das lässt sich über viele andere Mitwirkende, besonders die Autoren, nicht sagen.

Unsane startet am 29. März 2018 in den deutschen Kinos.

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Dich Sawyer kämpft stetig weiter, um endlich die Oberhand zu gewinnen.