Einer von Sechs

Filmkritik: Einer von Sechs

Fußball-Trainer Otto Rehagel sagte einst: „Wer beim FC Bayern unterschreibt, muss wissen, was er tut.“ Ähnliches gilt in aller Regel auch für Filme von und mit Marlon Wayans. Ob „White Chicks“ oder „Scary Movie“ – Humor der flacheren Art und Grimassen in der Familienpackung muss man schon aushalten – oder sogar witzig finden – wenn man sich eines seiner Werke ansieht. Nun hat der Comedian mit der Großfamilie (neun Geschwister) mit „Einer von Sechs“ einen Film über eine Großfamilie gedreht, der bei Netflix startet. Taugt der was?

Dass ein Komiker mehrere Rollen gleichzeitig übernimmt, hat eine lange und goldene Tradition. So spielte Jerry Lewis schon 1965 gleich fünf Brüder in „Das Familienjuwel“. Und 1996 glänzte Eddie Murphy im Remake einer weiteren Jerry Lewis Komödie in vier Rollen – auch als „Der verrückte Professor“. Wayans, der sich ohnehin gern verkleidet, warf sich in Einer von Sechs ebenfalls in viele Masken, um möglichst schräge Figuren zu erschaffen. Hatte er damit Erfolg? Oder ist das eine typische, eher mäßige Netflix-Komödie?

Einer von Sechs
Russell ist der erste Bruder, den Alan auf seiner Suche nach seiner Familie entdeckt.

Einer von Sechs: Die Handlung

Alan (Marlon Wayans) hat alles, was man sich nur wünschen kann. Eine liebevolle und hochschwangere Ehefrau (Bresha Webb) und einen guten Job, bei dem bald Partner werden soll. Doch Alan ist adoptiert und hat seine Familie nie kennengelernt. Und das macht ihm kurz vor der Geburt seines eigenen Kindes zu schaffen. Also bittet er seinen Schwiegervater, einen Richter, ihm seine für ihn selbst gesperrten Adoptions-Unterlagen zu besorgen. So findet Alan tatsächlich heraus, wer seine Mutter ist und wo sie lebt – und er macht sich auf den Weg zu ihr.

Bei der angegebenen Adresse stößt er allerdings nicht auf seine Mutter, sondern auf seinen Zwillingsbruder Russell (auch Wayans), einen übergewichtigen TV-Junkie, der kaum das Haus verlässt. Russell teilt ihm mit, dass die gemeinsame Mutter gestorben ist. In ihrem Nachlass findet Alan Dokumente, die etwas Ungeheuerliches enthüllen! Alan und Russell sind nicht die einzigen Geschwister – ihre Mutter hat damals Sechslinge bekommen und alle außer Russell zur Adoption freigegeben. Alan und Russell brachen sofort auf, um die anderen vier (auch Wayans) zu finden …

Einer von Sechs: Typisch Wayans

Wo Marlon Wayans draufsteht, da ist auch Marlon Wayans drin. Das ändert sich auch bei Einer von Sechs nicht. Wayans schneidet wilde Grimassen und spielt völlig überzogene Charaktere. Albern bis zur Schmerzgrenze zieht der Comedian hier sein Ding durch. Und damit ist eine Entscheidung darüber, ob man sich den Film ansehen sollte oder nicht, auch schnell gefallen. Haben Sie schon einmal einen Film mit Wayans gesehen und fanden ihn lustig? Dann ist Einer von Sechs genau Ihr Ding. Falls Sie über die Blödeleien des Komikers bisher nicht recht kichern konnten, wird sich das hier auch nicht ändern.

Zwar beherrscht Wayans den Trottel recht gut und schlüpft auch mit der stets völlig übertriebenen Spielweise in seine anderen Rollen. Aber er hat eben nur genau eine Saite auf seinem Instrument. Irgendeine Variation des Humors sucht man vergeblich – es ist immer der gleiche Gag. Daher gebührt das größte Lob bei Einer von Sechs auch definitiv dem Maskenbildner-Team, die tatsächlich ein paar erstaunlich echt aussehende Verwandlungen von Marlon Wayans zustande bringen. Und die CGI-Abteilung hat mit dem winzigen Baby Pete auch einen tollen Job gemacht.

Einer von Sechs
Schwesterchen Dawn ist hingegen eine ganz besondere Nummer, die Alan viel Ärger macht.

Einer von Sechs: Uninspirierte Regie

Zudem sind die Szenen, in denen Wayans gleich mehrfach zu sehen ist, ausgezeichnet getrickst und machen die Illusion der neuen Großfamilie perfekt. Regisseur Michael Tiddis hat also den technischen Aspekt seiner Arbeit durchaus im Griff. Allerdings gelingt es dem Haus- und Hof-Regisseur von Wayans (er inszenierte seine letzten fünf Filme) nie, seinen Star auch mal an die Leine zu nehmen und ein wenig herunterzubremsen, um auch anderen Aspekten der Geschichte eine Chance zu geben. 

Und so ist auch die Inszenierung bestenfalls routiniert, versprüht aber kaum Esprit und besticht auch nicht gerade durch Ideenreichtum. Wayans ist der Star und wird möglichst flächendeckend abgefilmt – das muss reichen. Auch am Drehbuch strickte Wayans mit – und sollte vielleicht über Autoren nachdenken, die versuchen, nicht nur schräg-alberne Figuren zu erfinden, sondern die auch bisweilen etwas Lustiges sagen oder tun zu lassen. Dann müsste Wayans nicht alles über Grimassen lösen.

Fazit:

Fans des Schauspielers werden auch mit Einer von Sechs garantiert glücklich, denn Wayans macht das, was er immer macht – Rumalbern und Grimassen schneiden. Wer sich von Unterhaltung ein wenig mehr erhofft als das, wird mit diesem Film nur sehr wenig Freude haben. Da hilft es auch nicht mehr, dass Wayans trotz aller Blödeleien noch sympathisch bleibt und der Film zumindest mit ein wenig Herzenswärme endet. Aber ein Highlight sieht anders aus.

Einer von Sechs startet am 16. August 2019 bei Netflix.

Einer von Sechs
Bruder Ethan ist besonders dreist. Er quartiert sich gleich bei Alans hochschwangerer Frau ein.