Stille des Todes

Filmkritik: Die Stille des Todes

Spanien mag bei vielen Filmfans nicht das Zentrum der Welt sein, doch gerade im Bereich des psychologischen Krimis und Thrillers haben die Iberer in den vergangenen Jahren einige sehr starke Beiträge geliefert. So ist der höchst atmosphärische „Mörderland“ gerade als „Freies Land“ für den deutschen Markt neu gedreht worden. Und auch Filme wie „The Body“ oder „Der unsichtbare Gast“ zeigen, dass die spanischen Filmemacher durchaus in der Lage sind, Hochspannung zu erzeugen. Ist „Die Stille des Todes“ auch so ein Kandidat?

Raffinierte Serienmörder gehören zu den beliebtesten Tätern in Krimis aus aller Welt. Filme wie „Das Schweigen der Lämmer“ oder „Sieben“ genießen heute Weltruhm. Meist liegen solchen Filme ebenso gute Romane zugrunde, und auch Die Stille des Todes basiert auf einem Krimi der spanischen Autorin Eva Garcia Saentz. Kann die Verfilmung da mithalten? Oder ist der spanische Thriller, der jetzt bei Netflix zu sehen ist, keine weitere Perle aus dem Süden Europas? Das verrät die Kritik.

Die Stille des Todes
Mit der neuen Chefin Alba hat Profiler Unai ein eher schwieriges Verhältnis.

Die Stille des Todes: Die Handlung

Vor 20 Jahren ereignete sich in der nordspanischen Stadt Vitoria-Gasteiz eine furchtbare Mordserie. Dabei tötete der Killer stets zwei Menschen, die er danach auf bestimmte Art arrangierte, um sie wie Geschwister aussehen zu lassen. Er begann mit Säuglingen, seine nächsten Opfer waren fünfjährige Kinder, dann zehnjährige. Nachdem zwei 15-jährige Opfer gefunden wurden, verhaftete die Polizei den Journalisten Tasio (Alex Brendemühl). Der sitzt bis heute im Gefängnis – und die Morde hörten nach der Verhaftung auf. Bis zum heutigen Tag.

Doch nun muss sich Kommissar Unai Ayala (Javier Rey) mit zwei neuen Opfern auseinandersetzen. Ein 20-jähriges Mädchen und ein gleichaltriger Junge, die sich wohl nicht kannten, liegen auf die gleiche Art wie damals am Tatort aufgebahrt. Entweder gibt es einen Nachahmungskiller – oder der damalige Mörder hat einen Komplizen, der das Morden wieder begonnen hat. Aber warum? Gemeinsam mit seiner Kollegin Esti (Aura Garrido) nimmt der erfahrene Cop die Spur des Killers auf. Und die wird sehr bald persönlicher, als Ayala dachte …

Die Stille des Todes: Interessante Story …

Die Grundidee des Films ist gut. Geheimnisvolle Morde, bei denen viele Zuschauer sicher selbst ihre kleinen grauen Zellen anwerfen und miträtseln, was einzelne Fakten der Tötungen wohl zu bedeuten haben, machen Lust auf die Geschichte. Und auch die Verdächtigen, die das Script in der ersten halben Stunde offeriert, scheinen überaus komplexe und damit interessante Charaktere zu sein. Doch dann entfernt sich der Film von der klassischen Whodunnit-Methode, bei der der Zuschauer nicht mehr weiß als der Detektiv bei seinen Ermittlungen.

Das kann spannend sein, wie beispielsweise die großartige Serie „Der Pass“ bewiesen hat. Aber es muss nicht. Und Die Stille des Todes schafft es nicht, aus der frühen Offenbarung des Killers zusätzlichen Nervenkitzel zu schaffen. Stattdessen sackt die Spannungskurve ein ganzes Stück nach unten und kommt auch erst in den letzten Minuten des knapp zweistündigen Films wieder etwas nach oben. Denn die vielleicht im Roman komplexen Figuren halten im Verlauf der Story nicht, was sie zu Beginn versprechen. Da bleiben viele Fragen offen.

Die Stille des Todes
Unais Kollegin Esti wird ebenfalls tiefer in den Fall gezogen, als ihr lieb ist.

Die Stille des Todes: …aber mäßig erzählt

Regisseur Daniel Calparsoro gelingt es nicht, durch seine Inszenierung echtes Interesse an dem brutalen Fall zu wecken, die Ermittlungen plätschern eher vor sich hin als wirklich zu fesseln. Dazu gerät die Story immer wieder durch private Verwicklungen einiger Figuren miteinander ins Stocken. Und was Calparsoro dem Publikum da an intimen Einblicken ins Seelenleben seiner Protagonisten gewährt, ist auch nicht eben faszinierend. So bremst er seinen Thriller nicht nur unnötig herunter, er lenkt den Zuschauer auch immer wieder vom Wesentlichen ab.

Zusätzlich führt die Handlung eine Menge verschiedener Figuren ein und verwirrt das Publikum mit zusätzlichen und völlig ansatzlosen Rückblenden, die lange Zeit kaum Sinn ergeben. Erst die finale Viertelstunde bietet dann, was der Thrillerfan sich von Die Stille des Todes versprochen hat. Bis dahin weist der Film leider erhebliche Längen auf. Dafür lässt Calparsoro vieles im Dunkeln, was den Zuschauer sicher am Motiv des Killers noch interessiert hätte. Hier bleibt dann wohl nur der Griff zum Roman, um mehr zu erfahren.

Schauspielerisch fällt niemand sonderlich auf, weder im Guten noch im Schlechten. Letztlich haben viele der Schauspieler auch mit flach angelegten Rollen zu kämpfen, die nur wenig Raum zum Glänzen lassen. Aber einem von ihnen die mangelnde Spannung anzulasten, das wäre sicher übertrieben. Den Schuh müssen sich Regisseur und Drehbuchautor anziehen. Eine völlige Katastrophe ist Die Stille des Todes zwar nicht, von einem richtig guten und spannenden Serienkiller-Thriller ist er aber weit entfernt.

Fazit:

Leider ist Die Stille des Todes nicht mehr als Stangenware im großen Bereich der Thriller über Serienmörder. Gute Ansätze in der Story fallen einer mäßigen und unoriginellen Inszenierung zum Opfer, die wirklich spannenden Fragen bleiben unbeantwortet. Dafür zeigt der Film private Momente der Charaktere, die im weiteren Verlauf der Geschichte dann keine weitere Rolle spielen. Nach den ersten vielversprechenden 15 Minuten sackt der Film immer mehr ab, bevor er in der Schluss-Viertelstunde nochmal anzieht – zu spät für einen starken Film.

Die Stille des Todes startet am 6. März 2020 bei Netflix.

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