Alpha

Filmkritik: Alpha

Ein Junge und sein Hund – vor 20 000 Jahren! Das verbirgt sich grob hinter „Alpha“, dem neuen Film von Albert Hughes, einst Teil der Hughes-Brüder („From Hell“, „Book of Eli“). Kann das Steinzeit-Abenteuer die erste freundschaftliche Begegnung zwischen Mensch und Wolf adäquat auf die Leinwand bringen oder ist das Drehbuch des Debütanten Daniel Wiedenhaupt nicht stark genug für einen guten Film?

Bisher haben sich die Filmemacher weitgehend von Filmen fern gehalten, die zeitlich deutlich vor den ersten Hochkulturen der Menschheit angesiedelt sind. Offenbar aus gutem Grund, kaum einer der ohnehin wenigen Exemplare dieses Frühzeit-Genres ist wirklich sehenswert. Der Mangel an feingeistigen Dialogen und abwechslungsreicher Handlung mag hier eine Rolle spielen, denn die Menschen waren ganztägig mit dem Überleben durch Nahrungssuche beschäftigt. Kann Alpha hier mehr bieten?

Alpha
Die Jäger des Stammes riskieren bei der Konfrontation mit den Giganten der Steinzeit ihr Leben.

Alpha: Die Handlung

Der Stamm von Häuptling Tau (Johannes Haukur Johanesson, „The Innocents“) ist auf der Jagd. Erstmals darf auch Taus Sohn Keda (Kodi Smit-McPhee, „X-Men: Apocalypse“) daran teilnehmen. Ungefährlich ist das nicht, schon auf dem Weg zum Treffen mit einem befreundeten Stamm, verloren Taus Männer einen Jungen an den Säbelzahntiger. Und auch für Keda ist es keine glückliche erste Jagd. Ein wütender Bison schleudert Keda eine steile Klippe hinab. Zwar prallt der Junge nach wenigen Metern Fall auf einen Vorsprung, doch sein Stamm hält ihn für tot.

Als Keda erwacht, ist er allein und kämpft sich verletzt die Felswand hinunter. Als er wenige Tage später von einem Wolfsrudel als Beute auserkoren und auf einen Baum gejagt wird, verletzt er mit dem Messer eines der Tiere schwer. Das Rudel lässt den Wolf daher zum Sterben zurück. Keda bringt es aber nicht übers Herz, den verwundeten Wolf zu töten. Stattdessen beschließt er, das Tier wieder gesund zu pflegen – wie sich selbst. Aber ist zwischen dem Raubtier und dem Menschen wirklich eine Gemeinschaft möglich?

Alpha: Grandiose Optik

Nein, eine innovative, wendungsreiche Geschichte erzählt Alpha sicher nicht. Ein Junge wird vom Stamm getrennt, versucht, den Weg nach Hause zu finden und freundet sich dabei mit einem unerwarteten Verbündeten an. Viel mehr erzählt Albert Hughes in seinem Film nicht. Spannender ist da schon, wie er es erzählt. Denn gemeinsam mit seinem Kameramann, dem Österreicher Martin Gschlacht, fängt Hughes phantastische Bilder ein. Die manchmal so unwirklich sind, dass Alpha oft einen Fantasy-Touch erhält, obwohl er eigentlich so passiert sein könnte.

Wenn Taus Stamm zu Beginn die Jagd auf eine Herde riesiger Bisons einläutet und Mensch und Tier aufeinander zu rennen, dann hält man im Kinosessel unwillkürlich den Atem an, so dynamisch und visuell ansprechend setzt Hughes das in Szene.Der Schlüsselmoment, wenn der Bison Keda in die Schlucht schleudert, erinnert vom Stil sogar an „300“, derart stilisiert geht Hughes mitunter zu Werke (beide Szenen sind im Trailer zu sehen). Allerdings sind die Bilder sehr uneinheitlich, einige wirken stark nachbearbeitet, andere sehen aus wie aus einer Dokumentation. Der wunderschönen Natur setzt Hughes mit Alpha in jedem Fall ein Denkmal.

Alpha
Daher lässt Mutter Rho ihren Keda auch ungern mit Tau und den anderen Männern ziehen.

Alpha: Spannend – mit Beigeschmack

Auf dem Papier ein Film auch für Kinder, wird das raue Leben in der Steinzeit aber durchaus auch so gezeigt, sodass der Film auch wenige Tage vor Start noch keine offizielle FSK-Freigabe hat, eine 12 oder 16 wird es wohl werden. Hughes entschied sich auch für einen authentischen Auftritt und ließ seine Schauspieler eine Phantasiesprache sprechen, die untertitelt wird, um deutlich zu zeigen, wie lange die Geschichte schon her ist. Ob das bei derart wenig Dialog wirklich nötig war, ist zumindest fraglich. 

Hughes gelingt es aber, aus seiner übersichtlichen Story spannendes Kino zu machen. Ob Keda auf dem Eis in Lebensgefahr gerät oder der Wolf, den Keda Alpha tauft, sein neues Rudel gegen eine riesige Raubkatze verteidigt – mehr als einmal erzeugt der Film reichlich Adrenalin beim Zuschauer. Für Kinder ist Alpha daher nichts. Mit einem Film wie „Revenant“ hat Alpha trotz ähnlicher Story wenig gemein, Hughes verzichtet auf Meta-Ebenen und erzählt seine Story als klassischen Abenteuerfilm mit Jack-London-Feeling.

Einen bitteren Beigeschmack hat Alpha allerdings. Für den Film wurden fünf Bisons geschlachtet, deren Kadaver dann zur Ausschmückung einiger Jagdszenen verwendet wurden. Warum das im Zeitalter perfekter Computertricks noch sein muss, wissen wohl nur die Filmemacher. Das ist umso bedauerlicher, weil man im fertigen Film kaum etwas davon sieht. Tierschutz-Organisationen riefen bereits zum Boykott des Films auf.

Fazit:

Alpha ist ein in weiten Teilen spannender und optisch herausragend schöner Abenteuerfilm mit frischem Setting. Nach acht Jahren Pause zeigt Albert Hughes, dass er das Filme machen  nicht verlernt hat, schließt durch einige recht harte Szenen ganz junge Zuschauer aber aus. Für Fans von emotionalen Überlebens-Geschichten und einem frischen Setting ist der Gang ins Kino aber eine lohnende Angelegenheit, auch wenn die Story keine Bäume ausreißt.

Alpha startet am 6. September 2018 in den deutschen Kinos.

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Erst Feinde, dann Partner: Keda und Alpha werden ein erfolgreiches Team beim täglichen Überlebenskampf.