Beautiful Day

Filmkritik: A Beautiful Day

Joaquin Phoenix interessiert sich schon lange nicht mehr unbedingt für das Mainstream-Kino in Hollywood. Stattdessen sieht man den Schauspieler nur noch selten, und wenn, dann in abseitigen oder eher kleinen Filmen. Wie dem Thriller „A Beautiful Day“, den die Regisseurin Lynne Ramsay („We have to talk about Kevin“) nach einem Roman von Jonathan Ames inszenierte. Lohnt sich der Kinobesuch?

Im Original heißt der Film „You were never really here“ – und warum er nun den „deutschen“ Titel A Beautiful Day trägt, weiß wohl nur der Verleih. Denn schön ist an diesem Werk tatsächlich nur sehr wenig. Warum es sich aber trotzdem lohnt, sich den Auftritt von Joaquin Phoenix anzusehen, erfahren Sie hier.

Beautiful Day
Joe wirkt ruhig, wird in seinem Job als Kinder-Retter gegen Geld aber zum hammerschwingenden Berserker.

A Beautiful Day: Die Handlung

Der ehemalige Soldat und FBI-Agent Joe (Joaquin Phoenix) lebt nach seinem Zusammenbruch wegen post-traumatischen Stress-Syndroms bei seiner kranken Mutter (Judith Roberts) und tut den ganzen Tag über nur wenig. Aber ab und zu bekommt er einen Anruf und trifft sich dann mit einem Verbindungsmann. Der gibt ihm sehr spezielle Aufträge, die in aller Regel mit der Rettung von Kindern aus den Klauen von Verbrechern zu tun haben – und Joe ein ordentliches Sümmchen Geld einbringt.

Sein neuester Job dreht sich um Nina (Ekaterina Samsonov), die Tochter eines US-Senators. Durch alte Kontakte und Detektivarbeit findet er das Versteck der Gangster und kann das Mädchen durch einen blutigen und überaus brutalen Überfall aus dem Haus befreien und mit ihr fliehen. Doch die Bande, mit der sich Joe diesmal angelegt hat, ist eine Nummer größer als alles, was er bisher kennengelernt hat. Bald haben Joe und Nina ein ganzes Rudel erfahrener Jäger im Nacken, die das Mädchen zurückholen und ihren Befreier töten sollen …

A Beautiful Day: Kein typischer Thriller

Obwohl die Handlung es suggeriert: A Beautiful Day ist kein klassischer Thriller mit dunklem Helden, der im Alleingang 50 Leute erschießt und dann mit dem geretteten Mädchen in den Sonnenuntergang reitet. Zum einen ist Nina tatsächlich noch ein Kind und definitiv nicht als Love-Interest geeignet oder gedacht. Und zum anderen ist die Story zum großen Teil eine Charakterstudie der Figur des Joe, die Joaquin Phoenix ohne viele Worte auf die Leinwand bringt. Und dennoch viele Fragen beantwortet.

Allein die scheinbare Ruhe, die ganz plötzlich einer rasenden Wut weicht, wenn Joe mit einer Rettungsaktion beginnt, ist schon beeindruckend. Doch Phoenix spielt seinen Charakter auch in den ruhigen Momenten ergreifend und mit einer Tiefe, die viel von dem ahnen lässt, was in dieser Figur vorgeht. Dass es Phoenix gelingt, trotz fast immer gleichem, stoischen Gesichtsausdruck, unterschiedliche emotionale Zustände zu schaffen, ist schon große Schauspielkunst.

Beautiful Day
Nach kurzen Kämpfen mit Gangstern hat Joe die entführte Nina gefunden.

A Beautiful Day: Gut, aber spröde

Regisseurin Lynne Ramsay, die auch das Drehbuch schrieb, interessiert sich wenig für den Krimi-Aspekt ihrer Geschichte – und so bleiben die Verbrecher meist gesichts- und charakterlos. Stattdessen lotet sie Joes Abgründe aus und schafft vor allem im Zusammenspiel mit Ekaterina Samsonov Momente, die im Gedächtnis bleiben. Denn Ramsay spart die psychischen Folgen der Vorgänge auf so ein junges Mädchen nicht aus – ganz im Gegenteil.

Der Reise dieser beiden tief verwundeten Seelen könnte man auch noch länger zusehen, als die 90 Minuten des Films es zulassen. Leider nimmt sich Ramsay etwas zu viel Zeit für Joe, und etwas zu wenig für das spätere Duo Joe/Nina. Und so hat der Film trotz seiner kurzen Laufzeit vor allem in den ersten 30 Minuten ein paar Längen. Wozu auch Ramsays fast dokumentarischer Stil beiträgt, in dem sie ihre Geschichte erzählt. Damit sorgt sie aber auch für eine Kälte, die fast den ganzen Film über andauert und die Story noch ein wenig düsterer und beklemmender macht, als sie ohnehin schon ist.

So hart wie bei We have to talk about Kevin schlägt Ramsay zwar diesmal nicht zu. Aber auch A Beautiful Day konfrontiert das Publikum mit ein paar sehr schwarzen Augenblicken, die man garantiert aus dem Kino mit nach Hause nimmt.

Fazit:

Ungewöhnlich erzählter Mix aus Thriller und Charakterstudie mit einem fast schon gewohnt brillant aufspielenden Joaquin Phoenix. A Beautiful Day fesselt vor allem Cineasten mit ganz eigener Ästhetik und schafft ein paar extrem düstere, abgründige Momente. Und vieles, was man zu sehen geglaubt hat, hat man gar nicht gesehen. Sondern selbst im Kopf erzeugt. Gute Filme können so etwas.

A Beautiful Day startet am 26. April 2018 in den deutschen Kinos.

Beautiful Day
Joe kann Nina befreien, aber sein Auftrag ist damit noch nicht vorbei.