Der britische Autor Noel Coward war einer der erfolgreichsten Dramatiker Großbritanniens im vergangenen Jahrhundert. Er verfasste mehr als 50 Theaterstücke, von denen seine Komödien die bekanntesten sind. Regisseure wie Ernst Lubitsch und David Lean machten aus seinen Stücken zum Teil sehr erfolgreiche Filme. Ein humoristisches Schwergewicht also, an das sich Theaterregisseur Edward Hall für seinen ersten Kinofilm heranwagte. Die Komödie „Da scheiden sich die Geister“ war für Coward bei Erscheinen 1941 ein echter Überraschungserfolg. David Lean war mit seiner Verfilmung 1945 zwar nicht erfolgreich, heute gilt der Film jedoch als Klassiker. Kann Hall mit dem zweiten Versuch gleich zum Release überzeugen? Das klärt die Kritik.
Die Handlung
1939: Der englische Erfolgsautor Charles Condomine (Dan Stevens) hat eine Schaffenskrise. Er soll für seinen Schwiegervater, einen Filmproduzenten, ein Drehbuch zu seinem ersten Erfolgsroman schreiben – und doch fällt ihm kein Wort ein! Das wirkt sich auch auf andere Teile seines Körpers negativ aus, wie Gattin Ruth (Isla Fisher) nur zu gut weiß. Um den Ehemann in jeder Hinsicht wieder flott zu bekommen, muss Ablenkung her. Und so besucht sie mit Charles die Vorstellung der in übersinnlichen Dingen bewanderten Madame Arcati (Judy Dench). Die hat zwar während der Vorstellung einen bedauerlichen Unfall, der sie zum Gespött der Leute macht, doch Charles bekommt dadurch eine neue Idee für sein Script und lädt Madame zu einer privaten Seance ein.
Doch auch die läuft nicht wie erwartet. Zwar gibt Madame Arcati vor, mit einem Geist in Verbindung zu stehen, allerdings lässt sich nicht klären, wer die Person ist, die mit Charles zu sprechen wünscht. Erst nach dem vermeintlichen Fehlschlag, als Charles allein ist, gibt sich der Geist zu erkennen. Es ist Charles‘ erste Frau Elvira (Leslie Mann) – und er kann sie sogar sehen! Schnell stellt sich heraus, dass sie sich ihres Todes nicht bewusst ist und sie ihre alte Stellung an Charles‘ Seite gern zurückhätte. Dafür tut sie einiges. So hilft sie Charles nicht nur bei der Fertigstellung des Scripts, sie mischt sich auch in die alltäglichen Abläufe des Haushalts ein und bringt mit ihren Geisterkräften so einiges durcheinander. In Panik wendet sich Ruth an Madame Arcati mit der Bitte um Hilfe …
Als einfache Komödie gedacht
Im Sprachgebrauch findet sich für Cowards Stück das Wort Boulevard. Das bedeutet, dass hier keine Meta-Ebene oder versteckte Kommentare auf große Themen der Menschheit versteckt sind, sondern das die Geschichte einfach nur humorvoll unterhalten soll – es ist, was es ist, nicht mehr. Und das ist ja grundsätzlich auch völlig in Ordnung. Auch Edward Halls Film lässt von Beginn an keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich bei Da scheiden sich die Geister um eine leichte Komödie handelt, die zwar durchaus den etwas schwärzeren Humor der Briten verwendet, aber ausschließlich auf Unterhaltung aus ist. Und der Film bringt einiges mit, um sein Ziel zu erreichen.
Da wären die Schauspieler. Dan Stevens hat schon häufiger in witzigen Rollen überzeugt, auch hier spielt er den adretten, aber gar nicht so netten Charles mit genau der richtigen Übertreibung, um den Ton des Films schnell zu transportieren. Dabei überhöht Stevens gekonnt die britische Gelassenheit in jeder Situation, um dann beim Anblick der toten Gattin nur umso witziger selbige zu verlieren. Isla Fisher ist als pragmatische Ruth ebenso sehenswert wie Leslie Mann als mondäne Upper-Class-Hexe, die unter allen Umständen ihren Willen durchdrücken will – tot oder nicht. Und auch Judy Dench als völlig planloses Medium, das keine Ahnung hat, was es tut, ist absolut sehenswert. Abgerundet wird der gute Cast von Emilia Fox als Freundin der Familie und Julian Rhind-Tutt als Arzt und Freund von Charles.
Humor, der nicht mehr zündet
Neben den Schauspielern haben sich auch die Set- und Kostümdesigner bei Da scheiden sich die Geister mächtig ins Zeug gelegt. Das Haus der Condomines, in der sich ein Großteil des Films abspielt, ist ein Traum in Art Deco. Möbel, Teppiche, Bilder an den Wänden – da stimmt einfach alles. Zudem sind alle Darsteller in jeder Szene spektakulär eingekleidet. Bei Isla Fisher und Leslie Mann ist das besonders auffällig, auch wenn man nicht umhin kommt sich zu fragen, warum und wo sich Geister andauernd umziehen. Und so ist Da scheiden sich die Geister optisch absolut gelungen. Die Schwächen des Films liegen auf einer anderen Ebene.
Wenn man sich ansieht, was für großartige Screwball-Komödien in den 30er und 40er Jahren entstanden sind, „Es geschah in einer Nacht“, „Leoparden küsst man nicht“ oder „Arsen und Spitzenhäubchen“ seien hier empfohlen, dann kann man gut erkennen, wie sehr diese Filme nicht nur von den Gegensätzen ihrer Charaktere lebten, sondern auch von ihrem Wortwitz und dem für die damalige Zeit durchaus mitunter gewagten Humor. Hier hat Da scheiden sich die Geister die größten Schwächen. Denn das von gleich drei Autoren verfasste Drehbuch liefert nur einen müden Abklatsch in Sachen Wortwitz und geschliffene Dialoge. Es mag sein, dass das Thema in den 40er Jahren genügte, um das Publikum zum Lachen zu bringen, heute reicht diese auch noch sehr zahme Version der Story nicht mehr aus.
Da hätte dringend mehr Würze hineingehört – und die haben Regisseur Hall und sein Autorenteam offenkundig nicht gefunden. So lässt sich Da scheiden sich die Geister zwar äußerst angenehm ansehen, weil er optisch so gut ist, auf Lacher oder selbst Schmunzler muss man aber lange warten. Der Grundton stimmt zwar, aber von dort aus passiert einfach viel zu wenig, um ein modernes Publikum zum Lachen zu bringen. Und durchschnittliche Dialoge kann auch der beste Schauspieler nicht witziger machen, als sie sind.
Fazit:
Da scheiden sich die Geister sieht absolut beeindruckend aus, Kostüm und Setdesign sei Dank. Wer seinen Schwerpunkt auf die Optik eines Films legt, ist hier absolut gut bedient, denn die späten 30er feiern hier eine wunderschöne Wiederauferstehung. Leider fehlt es dem Drehbuch des Films an Esprit und Wortwitz, um die ohnehin mittlerweile leicht angestaubte Komödie von Noel Coward angemessen ins neue Jahrtausend zu transportieren. Den Retrocharme kann man Da scheiden sich die Geister nicht absprechen, aber was vor 80 Jahren noch genügte, um das Publikum zu amüsieren, reicht heute nicht mehr. Optisch ein Kracher, inhaltlich ein laues Lüftchen, das kann auch die Starbesetzung nicht mehr retten.
Da scheiden sich die Geister startet am 22. Juli 2021 in den deutschen Kinos.