Kominsky-Method

Serienkritik: The Kominsky-Method

Bei der neuen Netflix-Serie „The Kominsky-Method“ haben sich gleich drei Schwergewichte zusammengetan. Michael Douglas und Alan Arkin vor und Chuck Lorre hinter der Kamera. Der Erfinder von „The Big Bang Theory“ und „Two and a half Men“ versucht sich damit bereits zum zweiten Mal an einem Format für den Streaming-Dienst, nachdem sein „Disjointed“ nach einer Staffel beendet wurde. Kann es für die neue Idee besser laufen?

Wer an US-Sitcoms denkt, kommt an Chuck Lorre kaum vorbei. Der mittlerweile 66-jährige ist eine Legende der Comedy, hat mehr als ein halbes Dutzend erfolgreicher Formate entwickelt und produziert. Darunter seinen wohl größten Hit The Big Bang Theory, der nach zwölf Jahren im kommenden Mai zu Ende geht. Ob es Lorres eigenem Alter geschuldet ist, ist schwer zu sagen, jedenfalls nimmt er in seiner neuesten Sitcom die Generation über 60 ins Visier. Funktioniert der Humor auch für Jüngere?

Kominsky-Method
Für seine Schüler ist Sandy Kominsky noch immer eine große Nummer, für Hollywood längst nicht mehr.

The Kominsky-Method: Die Handlung

Sandy Kominsky (Michael Douglas) hatte vor vielen Jahren kurzfristigen Erfolg als Schauspieler, kommt mittlerweile aber nur noch als Schauspiel-Lehrer in seiner eigenen Schule über die Runden. Sein Agent Norman (Alan Arkin) ist gleichzeitig sein bester Freund, kann die Karriere von Sandy aber auch nicht mehr ankurbeln. Mit Tochter Mindy (Sarah Baker), die in seiner Schule mithilft, verbindet ihn ein gutes Verhältnis, mit seinen drei Ex-Frauen hingegen nicht. Eine der wenigen Frauen, die er uneingeschränkt liebt, ist Normans Frau Eileen (Susan Sullivan, „Castle“).

Als diese schwer krank wird, nimmt sie ihm das Versprechen ab, sich nach ihrem Tod um Norman zu kümmern, was Sandy auch zusagt. Nur Tage später, Sandy ist gerade auf einem Date mit einer seiner Schülerinnen, der schon etwas älteren Lisa (Nancy Travis), erreicht ihn die Nachricht, dass Eileen im Krankenhaus liegt und nicht mehr viel Zeit hat. Als er dort ankommt, ist sie bereits tot und er muss nun seine Zusage einlösen, sich um Norman zu kümmern. Das ist aber angesichts Normans übler Launen und dessen durchgeknallter Tochter Phoebe (Lisa Edelstein, „House“) gar nicht so einfach …

The Kominsky-Method: Keine reine Comedy

Wer Chuck Lorres Werk bislang nur durch Sheldon, Leonard und Penny kennt, wird sich bei dieser Serie wundern. Denn Lorre legt The Kominsky-Method deutlich ernster und melancholischer an als seine früheren Serien. Hier gibt es nur selten echte Schenkelklopfer oder gute One-Liner. Meist geht es in einer Folge dafür um ein bestimmtes Thema, das Lorre mit seinen Autoren von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Und das sind Themen wie Tod, Alter, Krankheit und andere Dinge, die einen über 60-jährigen langsam zwangsweise interessieren müssen.

So ist Lorres Hauptfigur Sandy ein alternder Ex-Star, der sich weder mit seinem ständig nachlassenden Körper noch mit dem ebenso schwindenden Ruhm abfinden kann. Und daher immer wieder seine Umwelt mit seltsamem Verhalten vor den Kopf stößt. Das bekommt nicht nur seine Tochter zu spüren, sondern auch seine neue Eroberung Lisa, die allerdings als Mutter erwachsener Kinder ebenfalls reichhaltige Erfahrung mitbringt und die Versuche Sandys, sie für sich zu gewinnen, immer wieder durchschaut.

Kominsky-Method
Der Uruloge hat für Sandy nicht nur positive Botschaften.

The Kominsky-Method: Szenen einer Freundschaft

Im Kern der Serie steht aber die Freundschaft zwischen Sandy und Norman, für die beide viel aufzugeben bereit sind. So spielt Lisa immer nur die zweite Geige, sobald Norman Sandys Hilfe braucht. Was die beiden älteren Herren natürlich nicht daran hindert, sich immer wieder zu streiten wie die Kesselflicker. Lorres Team schlägt hier immer wieder einen Ton an, der jederzeit ins Tragische kippen kann und das hin und wieder auch tut. Als Sitcom ist The Kominsky-Method eigentlich auch nicht richtig etikettiert, die Serie ist eine lupenreine Tragikomödie.

So ist Lorres neue Serie im Gegensatz zu Lebensfreude versprühenden Nerd-WG, in der jeder traurige Momente regelrecht auffällt, von leisen und dunklen Momenten durchzogen. Und wirkt daher ein wenig wie das Alterswerk eines müden Gagschreibers, der statt dem schnellen Lacher mittlerweile die genaue Charakterzeichnung und den langen Schmunzler bevorzugt. Das spielen Douglas und Arkin meisterhaft, da sitzt jedes Augenbraue hochziehen und jeder schräge Blick. Damit das alte Paar aber nie zu rührselig wird, sorgen die Autoren mit galligem, schwarzen Humor für Auflockerung.

So endet beispielsweise Sandys und Lisas erstes Date im Krankenhaus, worauf Sandy sie beim zweiten Mal zu einer Beerdigung einlädt – als passende Steigerung. Und als Danny DeVito als Urologe Sandy die gute Nachricht überbringt, das er zwar Prostata-Krebs hat, vorher aber garantiert an etwas anderem sterben wird, lotet Lorre deutlich aus, wie weit in den düsteren Bereich des Lebens er vordringen kann, ohne dass dem Publikum das Lachen im Hals steckenbleibt.

Fazit:

Die ersten acht Folgen der neuen Dramedy von Chuck Lorre zeigen Licht und Schatten. Das Ensemble, allen voran Douglas und Arkin, sind großartig und harmonieren perfekt miteinander. Hin und wieder geraten die Probleme der beiden alten Männer aber ganz schon düster und verlieren dann auch ihren Witz. Gelungen ist das zwar auch, aber möglicherweise nicht das, was man erwartet, wenn man eine Lorre-Serie ansieht. The Kominsky-Method ist so eindeutig kein Format für eine ganz junge Zielgruppe, sondern richtet sich an die Generation Ü-40.

The Kominsky-Method startet am 16. November bei Netflix.

Gesehen: Acht von acht Folgen

Kominsky-Method
Witwer Norman hat massive Probleme mit seiner drogenkranken Tochter Phoebe.