Sam Richardson

Filmkritik: Werewolves Within

Gegen die anderen großen Monster der seit Jahrhunderten überlieferten Horror-Folklore – den Vampiren – führen die Werwölfe im Kino seit jeher ein Schattendasein. Trotz einiger Achtungserfolge wie „The Wolfman“ mit Lon Cheney aus dem Jahr 1941 oder John Landis‘ extrem gelungene Mischung aus hartem Horror und Comedy in „American Werewolf“ von 1981: Den richtigen Durchbruch hatten die blutrünstigen Bestien nie. Dennoch kommen immer mal wieder Filme auf den Markt, die sich mit ihnen beschäftigen. Wie der neue „Werewolves Within“, der auf einem Videospiel aus dem Jahr 2016 basiert und Horror und Comedy mischen will – wie einst John Landis. Ob der Film von Regisseur Josh Ruben auch nur in die Nähe des Klassikers kommt, verrät die Kritik.

Milana Vayntrub
Finns erster Tag als neuer Ranger in Beaverfield verläuft ungewöhnlich.

Die Handlung

Der US-Ranger Finn (Sam Richardson, „The Afterparty„) ist versetzt worden. Sein neues Betätigungsfeld ist das winzige Nest Beaverfield, in dem kaum 20 Menschen leben. Und davon ist auch noch einer schräger als der andere. Eine durchgeknallte Esoterikerin, eine schweigsamer Jäger, ein reiches schwules Paar, das sich nach der Natur sehnte – sie alle haben dort eine Heimat gefunden und betrachten den neuen Mann von der Forstbehörde erst einmal mit Misstrauen. Schließlich schwelt zwischen den Einwohnern ein Konflikt: Ein Konzern möchte eine Öl-Pipeline am Ort vorbei bauen und ist willig, die Einwohner großzügig zu entschädigen – wenn alle zustimmen. Aber einige lehnen das Geld ab und wollen lieber die Natur erhalten. Da ist Ärger vorprogrammiert.

Lediglich die nette Vermieterin Jeanine (Catherine Curtin) und die hübsche Postbotin Cecily (Milana Vayntrub) machen auf Finn einen halbwegs normalen Eindruck. Aber auch das ändert sich, als der neue Ranger unter Jeanines Haus die Leiche ihres Mannes findet, der seit ein paar Tagen verschwunden war. Und von dem das ganze Dorf dachte, er seit mit einer jüngeren Frau abgehauen. Stattdessen wurde er recht eindeutig von einem Tier angefallen. Allerdings nicht von einem normalen Tier, wenn man der leicht wirr wirkenden Naturschützerin und Wissenschaftlerin Jane (Rebecca Henderson) hat bald einen anderen Verdacht: Ein Werwolf treibt sich in Beaverfield herum! Um besser geschützt zu sein, ziehen daraufhin alle Bewohner bei Jeanine in die Pension ein. Aber ist das wirklich sicher, wenn einer von ihnen das Monster ist?

Mehr Comedy als Spannung

Um den Film gleich richtig einzuordnen: Werewolves Within ist weit von American Werewolf entfernt. Denn er legt sehr deutlich das Hautaugenmerk auf Comedy und hat mit (aufwändigen) Splatter-Effekten gar nichts am Hut. Über weite Teile wirkt der Film eher wie eine Krimi-Komödie. Weil der angebliche Wolf nie gezeigt wird und die Story auch durchaus gekonnt andere Erklärungen für die Krallenspuren und Leichen liefert (Stichwort: Öl-Pipeline). Ob hier also wirklich ein Monster umgeht oder nur ein Killer den Mythos für sich nutzt, das bleibt wohltuend lange im Dunkeln. Denn auf diese Art haben auch Zuschauer Spaß am Film, die der Humor vielleicht nicht anspricht.

Denn der setzt sehr auf die „Fish out of Water“-Thematik, indem er den neuen Ranger aus der Großstadt mit ein paar anscheinend reichlich durchgeknallten Landeiern zusammenbringt und dann beobachtet, was passiert. Tatsächlich sind die witzigsten Momente des Films die, in denen die unterschiedlichen Interessen und Ideen der Einwohner aufeinanderprallen. Man könnte alles für einen Gag halten, würden nicht regelmäßig zerfetzte Leichen auftauchen und Generatoren von offenbar mächtigen Klauen zerfetzt werden, um das Dorf in Dunkelheit zu tauchen. Regisseur Josh Ruben hat sich mit seinem Film durchaus gezielt zwischen mehrere Stühle gesetzt, die Aufgabe aber gut gelöst. Denn Werewolves Within macht die meiste Zeit wirklich Spaß.

Werewolves Within
Dabei ist der Fund einer grässlich zugerichteten Leiche gar nicht das einzig Erstaunliche.

Wenn die Punchline sitzt

Das liegt neben dem ordentlichen Drehbuch auch an den Schauspielern. Sam Richardson und Milana Vayntrub geben sehr gekonnt ein Ermittlerpaar wider Willen ab, das eigentlich gar nichts mit Tod und Verbrechen zu tun haben möchte, nun aber in die Rolle der Detektive gedrängt wird. Und viele der Nebenrollen, die ganz bewusst am Rande der Parodie mit gängigen Hinterwäldler-Klischees spielen, bringen ihren großen Moment im Film ebenfalls sicher ins Ziel. Zwar füllt Werewolves Within seine gut 90 Minuten nicht komplett mit Spannung oder unterhaltsamen Momenten. Aber der Leerlauf hält sich doch in Grenzen. Die meiste Zeit ist der Zuschauer entweder interessiert, was nun hinter der nächsten Ecke auf die Helden wartet. Oder amüsiert über eine spleenige Situation mit den Dorfbewohnern.

Lediglich mit dem Horror verhält es sich wie mit dem Monster: So richtig etwas von ihm zu sehen gibt es nicht. Wer also auf einen Film in der Tradition von „Scream“ hofft, der abwechselnd erschreckt und zum Lachen bringt, wird hier nicht glücklich, wenn er nicht sehr zartbesaitet ist. Zudem wird die Auflösung der Story manchen Krimi-Kenner auch nicht wirklich überraschen. Dazu baut das Script die Hinweise nicht elegant genug ein. Und so richtig frisch fühlt sich Idee von zehn potenziellen Mördern in einem Haus auch nicht an. Da gibt es mit modernen Agatha Christie-Verfilmungen bessere Alternativen. Ruben macht aber aus den durchaus limitierten Möglichkeiten der Story immerhin einen unterhaltsamen Film mit ein paar Höhepunkten, die allerdings alles im humoristischen Teil liegen.

Werewolves Within
Denn das hier ein Killer seine blutige Spur hinterlässt, wird bald allzu deutlich.

Fazit:

Wer Werewolves Within als Horrorfilm mit etwas Humor erwartet, dürfte enttäuscht werden. Richtiger liegen die, die Comedy mit etwas Spannung möchten. Denn trotz seines morbiden Themas setzt Josh Rubens Film deutlich mehr auf die schrillen Nebenfiguren, den Charme seines Ermittler-Duos und ein paar durchaus gelungene Spannungsmomente als auf echten Horror oder viele Splatter-Effekte. Hat man das akzeptiert, bekommt man zwar keinen Meilenstein der Filmgeschichte. Aber eine durchaus ansehnlichen Genre-Vertreter mit viel Augenzwinkern, der für einen schönen Abend vor dem Fernseher sorgt. Und man hinterher auch weiß, ob es nun einen Werwolf gibt oder nicht. Fürs Kino hätte der Film wohl etwas wenig zu bieten, als Heimkino-Premiere gehört er aber zu den besseren Vertretern seiner Zunft.

Werewolves Within erscheint am 17. Februar 2022 auf Blu-Ray und DVD und ab 3. Februar als digitale Kaufverison.

Sam Richardson
Schließlich muss Finn mit allem, was er hat, um sein Leben kämpfen. Denn der Killer hat auch ihn im Visier.