Forever Purge

Filmkritik: The Forever Purge

Mit „The Forever Purge“ wollte James DeMonaco, Mastermind hinter der gesamten Reihe, seine Film-Serie eigentlich mit fünf Filmen und zwei Serienstaffeln beenden. Doch Produzent Jason Blum von Blumhouse beeilte sich umgehend, diese Aussage wieder einzukassieren. Er hat, so steht es zu lesen, DeMonaco zu weiteren Storys überredet, die das Ganze auf eine globalere Ebene bringen sollen. DeMonaco soll dabei Ideen nutzen, die eigentlich für die nicht mehr produzierte dritte Staffel der Purge-Serie gedacht waren. Dieser Film ist also kein Ende, obwohl das gut funktioniert hätte. Warum das so ist und ob sich Fans auch diesen Teil ansehen sollten oder nicht, klärt die Kritik.

The Forever Purge
Die Nacht ist vorbei, die Purge nicht: Viele machen zum ersten Mal einfach weiter.

Die Handlung

Der Süden von Texas in Grenznähe zu Mexiko. Die reiche Rancherfamilie Tucker um Oberhaupt Caleb (Will Patton, „Swamp Thing“), seinen Sohn Dylan (Josh Lucas), dessen schwangerer Frau Cassie (Cassidy Freeman) und Schwester Harper (Leven Rambin) hat einige Mexikaner eingestellt, unter anderem auch den mit Pferden besonders geschickte Juan (Tenoch Huerta). Der ist erst vor wenigen Monaten mit seiner Frau Adela (Ana de la Reguera) aus seiner Heimat geflohen, um den Killerkommandos eines Kartells zu entkommen. Weil die nächste Purge-Nacht ansteht, verschanzen sich die Tuckers hinter Stahlwänden, mit denen die Ranch gesichert ist, während Juan und seine Frau in ein Sammel-Lager fahren, wo sie die Nacht von Soldaten gesichert verbringen wollen.

Das gelingt auch und um sechs Uhr morgens soll der Spuk vorbei sein – eigentlich. Doch in diesem Jahr hat sich eine rechtsextreme Organisation dazu entschlossen, die Purge so lange weiterzuführen, bis alle nicht erwünschten Bewohner der USA tot sind. Und zu den unerwünschten gehören natürlich alle Schwarzen und Mexikaner im Land. Weil Juan und Adela zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, können sie den Tuckers helfen. Und so bilden die beiden Familien eine Zweckgemeinschaft, um am Leben zu bleiben. Die Frage ist nur, ob das gut geht, denn auch Dylan hat seine rassistischen Ansichten nie sonderlich verborgen …

Politischer, aber nicht besser

Die Purge-Reihe hat eine deutlich sichtbare Entwicklung hinter sich. War Teil eins der Reihe noch eine Home-Invasion-Story mit Begründung durch die Purge, erzählte DeMonaco in Teil zwei eine Rachestory inmitten der Purge-Nacht. Ab dem dritten Teil wurde DeMonaco dann zunehmend politisch. Teil drei überspitzte das Thema trotz hohen Gewaltgrades eher satirisch. Doch der vierte Teil „The First Purge“, der die Anfänge des tödlichen Events schildert, arbeitet den Rassismus-Aspekt deutlich heraus. Das tut überdeutlich nun auch der fünfte Film der Serie. Und kippt darin auch die einzige Regel der Nacht: dass sie ein Ende hat. Verständlich, dass DeMonaco mit Einführung der permanenten Purge der Meinung war, seine Story nun endgültig auserzählt zu haben.

Wie bereits beim Vorgänger hat DeMonaco allerdings den Regiestuhl einem anderen überlassen, diesmal hat Everardo Gout inszeniert. Der hat bisher vor allem Erfahrung als TV-Regisseur gesammelt („The Terror„, „Luke Cage“) gesammelt und liefert auch bei The Forever Purge routinierte Arbeit ab. Denn die Action passt, der Zuschauer kann erkennen, wer hier gerade auf wen schießt. Und auch Panoramen des Schreckens wie brennende Straßenzüge und Städte fängt Gout mit seinem Kameramann Luis Sansans gut ein. Was fehlt, sind echte Überraschungen. Abgesehen von ein paar unnötigen Jump-Scares liefert Gout nichts ab, was im Gedächtnis bleibt. DeMonacos Script ist besser als der fertige Film.

Forever Purge
Adela wird verhaftet, weil sie ihr Leben verteidigt hat – und Mexikanerin ist.

Action statt Intensität

Denn er schafft durchaus Momente, die emotional berühren. So werden Adela und ihr schwarzer Boss  am Morgen von Purgern attackiert und kommen nur mit Mühe lebend davon. Doch trotz der völlig eindeutigen Situation werden sie von weißen Cops verhaftet. In solchen Szenen findet DeMonaco die verstörenden Momente, von denen The Forever Purge allerdings mehr hätte gebrauchen können. Denn weil die Action stimmen muss, bleiben die starken Statements oftmals auf halber Strecke stecken. Oder erreichen nicht die Intensität, die sie haben könnten. Wie schon im Vorgängerfilm, bei dem ein vornehmlich von Schwarzen bewohntes Viertel im Fokus stand, verschenkt der Film gute Ansätze durch fehlende, bessere Ausarbeitung.

Zwar kommen die Bilder eines tobenden Redneck-Mobs von durch Trump aufgehetzten Verblendeten spätestens seit Januar bedrückend realistisch vor. Aber DeMonaco und Gout verpassen hier die Chance, die Tiefe des Rassismus auszuloten, der in den USA herrscht. Weil The Fordever Purge letztlich nur typische White Supremicists zeigt, stilecht mit Konföderierten-Fahne, Vollbart und Jeans-Westen, kann sich der Zuschauer bequem zurücklehnen, denn es sind ja mal wieder die üblichen Verdächtigen. Da war DeMonaco mit seiner bösen Satire auf die die Mächtigen der Politik, die im Hintergrund die Fäden ziehen, schon deutlich weiter als hier.

Forever Purge
Auch eine Nacht später brennen Amerikas Städte unter der Purge.

Und so bleibt ein immerhin effektiver Action-Horrortrip durch das moderne Amerika, dessen Vision vielen Zuschauern in Europa gar nicht mehr so fern erscheint. Wenn DeMonaco reiche weiße Texaner über die Grenze nach Mexiko fliehen lässt, um ihr Leben zu retten, ist das zwar ein durchaus schwarzhumoriger Moment. Das hat Roland Emmerich allerdings schon 2004 in „The Day After Tomorrow“ gezeigt, wenn damals auch aus anderen Gründen. Und das im Finale auch noch amerikanische Ureinwohner mitmischen, mag ebenfalls als Statement gelten, denn die „kämpfen diesen Kampf schon seit 500 Jahren“. Schade, dass es bei Ansätzen bleibt. Denn gerade Horrorfilme können in Sachen Gesellschaftskritik durchaus mehr als das, was sich DeMonaco, Blum und Gout hier zutrauen.

Fazit:

Mit The Forever Purge wollte sich James DeMonaco eigentlich von seiner erfolgreichen Idee verabschieden, doch Produzent Blum will weitermachen. Dabei zeigt schon Teil fünf, dass ohne neue Akzente die Grundidee langsam am Ende ist. Regisseur Everardo Gout inszeniert zwar routiniert die blutige Action, kann aber keinerlei neue Impulse setzen. Und das von je her über der Serie liegende Rassismus-Thema, das hier breiten Raum bekommt, wird zu zaudernd erzählt, um wirklich zu berühren. Blum und DeMonaco trauen sich nicht, den Weg weg vom Popcorn-Unterhaltungs-Horror zu einem Film mit mehr Tiefe und glaubhafteren Figuren zu gehen. Fans der Reihe werden aber den fünften Purge-Film dennoch mögen, sie bekommen, was sie erwarten..

The Forever Purge startet am 12. August 2021 in den deutschen Kinos.

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