See You Yesterday

Filmkritik: See You Yesterday

Filme über Zeitreisen müssen sich stets mit den gleichen Problemen herumschlagen. Wird nun etwas geändert, wenn die Vergangenheit manipuliert wird? Oder ist die Gegenwart unveränderlich, egal wie sehr man sich bemüht? Dieser Frage geht nun auch Regisseur Stefon Bristol nach, der im von Regie-Legende Spike Lee produzierten Film „See You Yesterday“ zwei Teenager einige Tage zurückschickt, um eine Tragödie zu verhindern. Ist das sehenswert?

Einen Knaller setzt See You Yesterday gleich zu Beginn. Denn der Lehrer der beiden jungen Genies, die später die Handlung vorantreiben, ist niemand anderes als Michael J. Fox, der mit der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie Filmgeschichte geschrieben hat. Und es sich trotz seiner schlimmen Parkinson-Erkrankung nicht nehmen ließ, hier mitzuwirken – und ein paar Weisheiten über Zeitreisen zum Besten zu geben. Bleibt der Film so gut?

CJ und Sebastian beweisen, dass Zeitreisen in die Vergangenheit möglich sind.

See You Yesterday: Die Handlung

Die junge CJ (Eden Dunacan-Smith) ist ein kleines Genie – wie ihr bester Freund Sebastian (Dante Crichlow). Schon lange beschäftigen sich die beiden mit der Zeitreise-Theorie und haben auch schon erste Prototypen gebaut, von denen sie sich erfolgreiche Versuche versprechen, ihre Thesen zu testen. Mit ein wenig an Ghostbuster-Geräte erinnernde Rucksäcke wagen sie einen ersten Versuch – und reisen erfolgreich einen Tag zurück. Aber während Sebastian peinlich genau darauf achtet, in der Vergangenheit keinen Schaden anzurichten, ist CJ weniger vorsichtig.

Als Ergebnis verletzt sich ein Bekannter von ihr, der seinen Gips auch noch trägt, als die beiden wieder zurückreisen. Nun wissen sie, dass sie die Vergangenheit wirklich ändern können – rein hyptothetisch natürlich. Doch dann ereignet sich eine Tragödie in CJs Umfeld und die junge Frau fackelt nicht lange. Obwohl Sebastian Zweifel hat, entwickelt sie einen Plan, die tat in der Vergangenheit zu verhindern. Doch Zeit und Zufall haben ihre ganz eigenen Regeln, das lernt CJ auf die ganz harte Tour …

See You Yesterday: Tonalitätsprobleme

Regisseur Stefon Bristol, der hier sein eigenes Drehbuch verfilmt, beginnt seine Geschichte nicht nur mit Michael J. Fox, sondern auch im Geiste der Trilogie, die den Schauspieler zum Star machte. Mit leichter Hand inszeniert Bristol die Streiche, die auch Robert Zemeckis‘ Filmen den großen Erfolg brachte. Eine  nette Zeitreise-Komödie also? Nein. Denn nach 30 Minuten kippt Bristol die Stimmung ins Negative und sorgt so für Ernüchterung beim Publikum. Zudem ändert er damit die Tonalität des Films, der seine Leichtigkeit dort für immer verliert.

Bristol hat dafür auch einen guten Grund. Denn er thematisiert mit diesem Bruch die Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in den USA. Das Thema, das in den USA schon seit Jahrzehnten immer wieder auflammt, ist in See You Yesterday der Auslöser für CJs Versuche, die Gegenwart in der Vergangenheit zu ändern. Und hier setzt Bristol seine zweite Botschaft: Änderungen sind oftmals ebenfalls mit vielen Schmerzen verbunden und machen nicht alles automatisch leichter. So ist die letzte Stunde des 90-Minüters deutlich düsterer und ernster als der Beginn.

 See You Yesterday
Als sie sich vornehmen, eine Tragödie zu korrigieren, brauchen sie die Hilfe von Eduardo, der in CJ verknallt ist.

See You Yesterday: Der Schmetterlings-Effekt

Bristol lässt in seiner Story zwar ein wenig Techno-Babbel zu, wenn er die Kids erklären lässt, warum sie was planen und wie es physikalisch umsetzbar wäre. Sein eigentliches Interesse gilt aber dem moralischen Dilemma. Sollte man tun, was man tun kann? Oder gibt es eine ethische Linie, die man besser nicht überschreitet? Bristol macht schmerzhaft deutlich, auf welcher Seite der Diskussion er steht, inszeniert seine Heldin aber gleichzeitig als unerschütterlich an ihre Fähigkeiten glaubende junge Frau, die sich auch von Tatsachen nicht belehren lässt.

So gelingen Bristol einige Szenen, die einen tiefen Ernst ausstrahlen und beim Zuschauer Emotionen wecken. Zwar bricht Bristol mit witzigen Sidekicks wie dem Latino Eduardo, der in CJ verknallt ist, immer wieder kurz die düstere Stimmung, aber eine echte Komödie wie das häufig zitierte Vorbild wird See You Yesterday nicht mehr. Dazu bleibt die Story zu dunkel, die Versuche der beiden Teenager immer wieder erfolglos. In diesen Momenten wirkt die junge Eden Duncan-Smith, im Comedyteil noch stark, ein wenig überfordert.

Denn so recht will man ihr das Gefühlschaos, das ihre Figur durchläuft, nicht abnehmen. Die emotionale Bandbreite, die die Rolle ihr abverlangt, kann sie nicht abdecken. Dass See You Yesterday trotz seiner Schwächen sehenswert ist, liegt an den vielen Details, die Bristol und sein Team in den Film gesteckt haben. Und an der Selbstverständlichkeit, mit der die Protagonisten den Tod eines der ihren durch weiße Polizeigewalt als Alltag wahrnehmen. Das ist, bei allen moralischen Werten des Films, die stärkste Botschaft, die Bristol hier unterbringt.

Fazit:

See You Yesterday ist eine Hommage an Zurück in die Zukunft, die sich im Verlauf der Story von einer lockeren Komödie mit Coming of Age-Elementen zu einem überraschend düsteren Drama entwickelt, das man so nicht kommen sieht. Und das Regisseur Stefon Bristol auch nicht ganz ruckelfrei inszeniert. Nach einer halben Stunde kippt der Ton des Films deutlich und findet danach lange keine einheitliche Stimme. Den Alltagsrassismus in den USA fängt See You Yesterday aber gekonnt ein. Und ist deshalb trotz einiger Schwächen sehenswert.

See You Yesterday läuft ab dem 17. Mai 2019 bei Netflix.

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