Im Jahr 1988 erschien der Fantasyfilm „Willow“ in den deutschen Kinos. Die Geschichte dazu stammte von George Lucas, der einige Jahre nach seiner ersten Star Wars-Trilogie damit endlich einen neuen Film ablieferte – wenn auch nur als Ideengeber. Denn er wollte weder das Drehbuch schreiben, noch produzieren oder Regie führen. Dennoch galt Willow als neuer George Lucas-Film. Und der wurde mit etwa 130 Millionen Dollar Einspielergebnis auch ein Erfolg, allerdings keine Megahit. Die Story wurde in drei Romanen weitererzählt, aber eine filmische Fortsetzung der Story gab es nicht – bis jetzt. Denn nun startet auf Disney+ eine Serie, die 34 Jahre nach dem Film entstand, aber nur etwa 20 Jahre später spielt. Worum es geht und wie gut sie geworden ist, klärt die Kritik.
Die Handlung
Viele Jahre sind vergangen, seit die Helden um Willow (Warwick Davis), Madmartigan und Sorsha (Joanne Whalley) die böse Königin Bavmorda besiegten und die künftige Herrscherin Elora, damals noch ein Baby, vor dem Tod retten konnten. Inzwischen ist Sorsha Königin und hat zwei Kinder mit dem seit Jahren verschollenen Madmartigan: die tapfere Kit (Ruby Cruz) und den Weiberhelden Airk (Dempsey Bryk). Als Kit um des Staates willen Graydon (Tony Revolori) heiraten soll, den Prinzen des Nachbarreiches, will sie fliehen. Denn sie vertreibt sich die Zeit viel lieber mit ihrer besten Freundin Jade (Erin Kellyman, „The Falcon and the Winter Solider“), die als erste Frau Ritter des Reiches werden will.
Doch die Nacht, in der Kit eigentlich fliehen will, verändert alles. Denn die Burg führt von dunklen magischen Kreaturen attackiert. Und Airk vor den Augen von Mutter und Schwester entführt. Um ihren Bruder zu retten, stellt Kit eine Gruppe zusammen, zu der sich der Krieger Boorman (Amar Chadha-Patel), Jade und Graydon gesellen. Sorsha besteht darauf, dass sich Kit auch die Hilfe von Willow holt, dem größten noch lebenden Magier, so dass ihr erstes Reiseziel feststeht. Was keiner weiß: Auch die Küchenmagd Dove (Ellie Bamber), die sich unsterblich in Airk verliebt hat, schließt sich heimlich der Gruppe an. Und verfolgt die kleine Schar, um den Prinzen zu retten. Als die Helden endlich auf Willow treffen, erleben sie jedoch eine faustdicke Überraschung …
Empfehlung: Vorher den Film sehen!
Gleich vorweg: Ja, man sollte den Originalfilm kennen, um die Serie zu verstehen. Zwar erklärt sich die Handlung weitgehend von selbst. Aber viele Details, Anspielungen und Wiedersehen entfalten ihre Wirkung nur dann so richtig, wenn der Anfang der Story bekannt ist. Und dann fallen auch die großen Unterschiede zwischen den beiden gleichnamigen Stoffen auf. Der Film war ein klassischer Fantasyfilm mit ein wenig Humor und aus heutiger Sicht mäßigen Effekten. Die Serie erzählt im Prinzip die Geschichte nach vielen Jahren weiter, entwickelt sich aber zügig vom reinen Fantasy-Stoff hin zur für die Zeit so typischen Teenager-Coming-of-Age-Herzschmerz-Dramedy. Das wird garantiert nicht jedem gefallen, der sich als Fan des Films nun die Serie ansieht.
Obwohl die Serie sicher ein größeres Budget hatte, erinnert Willow ein wenig an die vor einigen Jahren gestartete Serie „The Shannara Chronicles„, die inhaltlich natürlich Parallelen aufweist, immerhin ist auch sie klassische High-Fantasy, aber eben auch ein Liebesdreieck und viel Teenie-Gezicke einbaute. Zudem erzählen beide Serien die Reise von Station zu Station recht ähnlich. Und lassen zum Ausklang einer Folge gern einen Cliffhanger da. Willow kann hier eindeutig mit dem höheren Produktionsaufwand punkten, ist in Sachen Drehbücher aber nicht wirklich besser. Weil auch die Figuren, bei allen durchaus spürbaren Bemühungen der Autoren, trotzdem weitgehend Klischees bleiben und kaum aus ihren vorgefertigten Rollen ausbrechen können.
Klischees, die sich nicht zu ernst nehmen
Da ist die rebellische Prinzessin, die junge Kriegerin, der gar nicht so fähige Magier, der Bandit mit dem goldenen Herzen und vieles mehr, was man in solchen Serien eben schon häufig gesehen hat. Das Rad erfindet Willow wahrlich nicht neu. Dass die Serie aber trotz der angesprochenen Kritikpunkte Spaß macht, liegt an Details. So stimmt die Chemie in der Gruppe, hier spielen die Schauspieler wirklich mit- und nicht gegeneinander. Dazu bauten die Autoren immer wieder nette Anspielungen auf den Kinofilm ein. Und sie brechen unerwartet immer wieder vorher aufgebaute Klischees, wenn auch nicht bei den Hauptfiguren, und verbreiten auch regelmäßig einen schönen Humor, der die Serie auflockert, bevor es zu ernst oder getragen werden kann.
So bringt Willow für Fantasy-Fans viele Ähnlichkeiten mit Dungeons & Dragons mit und erinnert auch ein wenig an die großartige Trickfilm-Serie „Ex Machina“, wenngleich sie Disney-typisch stets oberhalb der Gürtellinie bleibt. Aber das Gefühl, wenn man als Teil einer Heldengruppe ein dunkles Verlies betritt und mit allem rechnen muss, das haben die Macher um Showrunner Jonathan Kasdan, Sohn von Lawrence Kasdan („Das Imperium schlägt zurück“), sehr gut eingefangen. Und das bringt auch den meisten Spaß in einer inhaltlich eher konservativen Serie. Die zwar durchaus im Details hübsche Ideen mitbringt, aber letztlich in sehr ausgetretenen Pfaden wandelt.
Vergleiche mit anderen großen Fantasy-Serien wie „Die Ringe der Macht“ oder „Game of Thrones“ verbieten sich, denn beides will Willow gar nicht sein. Und wer solche K0st erwartet, dürfte von dem locker-leichten Ton auch nicht abgeholt werden. Die acht Folgen der ersten Staffel, von denen Disney sieben vorab zur Verfügung stellte, wollen vor allem eins: eine junge, vorwiegend weibliche Zielgruppe ansprechen und die gut unterhalten. Ältere Fans des Films freuen sich über das eine oder andere Wiedersehen. Auch wenn Val Kilmer aufgrund seiner Erkrankung nicht dabei sein konnte. Und wer Fantasy mag, kann sich zumindest auf eine überdurchschnittliche Serie freuen, die ordentlich getrickst und gespielt ist.
Fazit:
Der ganz große Wurf ist Willow 34 Jahre nach dem gleichnamigen Kinofilm leider nicht geworden. Dafür stellen die Autoren die jugendlichen neuen Helden zu sehr in den Vordergrund. Und bauen Liebesdramen ein, die es so sicher nicht gebraucht hätte – schon gar nicht in der klassischen High-Fantasy-Serie. Aber der mitunter unerwartet bissige Humor entschädigt ebenso wie das tolle Zusammenspiel der Schauspieler, die wirken wie eine verschworene Dungeons & Dragons-Gruppe. Obwohl sich die Serie klar an ein junges Publikum richtet, kommen die älteren Fans des Films durch kluge Platzierungen von bekannten Orten und Figuren auf ihre Kosten. Für lange Winterabende ist Willow jedenfalls gut geeignet, solange man die Ansprüche nicht zu hoch hängt.
Willow startet am 30. November 2022 bei Disney+ mit zwei Folgen, danach folgt wöchentlich eine weitere.