Nightflyers

Serienkritik: Nightflyers

Ein Raumschiff von der Erde, unterwegs in den unendlichen Weiten des Alles zum ersten Treffen mit Außerirdischen – und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt häufen sich an Bord unheimliche Ereignisse. Der Kurzroman aus der Feder von „Game of Thrones“-Autor George R. R. Martin kommt als zehnteilige Serie „Nightflyers“ jetzt zu Netflix. Kann das düstere Abenteuer im All mit den Kriegen in Westeros mithalten?

Obwohl Martin sein Magnum Opus „Das Lied von Eis und Feuer“ noch gar nicht beendet hat – mindestens zwei Bände fehlen noch – reißen sich Fernsehproduzenten inzwischen um Material aus der Feder des 70-jährigen Schriftstellers. Eigentlich keine große Überraschung, denn wer den Stoff zu einer der erfolgreichsten TV-Serien aller Zeiten liefert, hat vielleicht noch mehr Knaller geschrieben – da kann man ja mal nachsehen. Ist Nightflyers der nächste große Knaller? Oder ist auch ein Martin nicht immer brillant?

Nightflyers
Expeditionsleiter Karl sieht seine Mission nach zahlreichen schlimmen Vorfällen auf dem Schiff als gefährdet an.

Nightflyers: Die Handlung

Es ist das Jahr 2093. Der Menschheit geht es nicht besonders gut und sie erhofft sich Hilfe von einem Erstkontakt mit jüngst entdeckten Außerirdischen. Mit der Nightflyer, einem großen Raumschiff, soll eine Abordnung aus Spezialisten zu einem Rendezvous mit den Aliens fliegen und versuchen, mit ihnen zu kommunizieren. Die Leitung hat der Astrophysiker Karl (Eoin Macken), doch das Schiff untersteht Captain Eris (David Ajala), den die Besatzung lediglich als Holo-Projektion zu sehen bekommt.

Doch obwohl so viel von der Mission abhängt, steht sie von Beginn an unter keinem guten Stern. Schon beim Start wird ein Besatzungsmitglied schwer verletzt. Und der L1-Telepath Thale (Sam Strike), der extra für die Mission an Bord geholt wurde, jagt den Crewmitgliedern eine höllische Angst ein, ist er doch in der Lage, in fremden Köpfen für grauenhafte Visionen zu sorgen. Ist er auch für die zahlreichen Fehlfunktionen des Schiffes verantwortlich, die bald auch Leben kosten? Die Angst auf dem Schiff wird stetig größer …

Nightflyers: Die Atmosphäre passt

Obwohl auch hier wieder eine Original Netflix-Serie verkauft wird, stammt Nightflyers doch aus der Produktion des US-Senders SyFy, der die zehn Folgen der ersten Staffel bereits im Dezember 2018 ausstrahlte – mit mäßigem Erfolg. Kritiker bemängelten fehlende Originalität und zu viele Ähnlichkeiten mit anderen Werken wie beispielsweise „Event Horizon“. Das ist auch nicht ganz falsch, in Anbetracht der Tatsache, dass Martin sein Werk bereits 1980 schrieb, aber auch nicht ganz fair. Hat sich Martin seinerseits von „Alien“ inspirieren lassen?

Auffällig für eine SyFy-Serie: Die Production Value ist recht hoch. Im Gegensatz zu vielen anderen Produktionen, die eher einen Billig-Charme versprühen, sieht Nightflyers richtig gut aus. Hier haben die Kulissenbauer einen tollen Job gemacht und die Nightflyer als dunkles und kaltes Schiff mit einigen interessanten Ausnahmen wie einem eigenen Garten ausgestattet. So gelingt es den Regisseuren – fast jede Folge hat einen anderen – auch, eine wirklich unheimliche und glaubwürdige Atomsphäre des Alleinseins im All zu schaffen.

Nightflyers
Psychiaterin Agatha nimmt sich gleich in den ersten fünf Minuten der Serie blutig das Leben – aber passiert das wirklich?

Nightflyers: Lücken in der Story

Schwieriger wird es da schon mit der Glaubwürdigkeit der Charaktere in den ersten Folgen. So scheint niemand ernsthaft die zahlreichen seltsamen und gruseligen Vorgänge zu hinterfragen, die Teile der Crew erleben müssen. Ein Mitglied ertrinkt fast in einer fehlerhaften Dusche, ein anders wird mit grauenvollen Visionen konfrontiert. Aber eine Antwort darauf, wie das passieren konnte, scheint niemand vehement einzufordern. Erst am Ende der zweiten Folge wird zumindest eine Erklärung angekündigt – reichlich spät.

Dazu stellt Nightflyers mit acht Charakteren als Hauptfiguren eine Menge Personal in den Fokus. Und davon bekommen nur wenige in den ersten beiden Episoden wirklich Platz, um sich zu entfalten und zu entwickeln. So stehen nur Leiter Karl und der Psychiaterin Agatha (Gretchen Mol) wirklich im Mittelpunkt, der Rest ist bislang noch diffus und wenig klar. Seltsam ist auch die Eröffnungssequenz, die zwar spannend und blutig ausfällt, bisher mit dem Rest des Geschehens aber noch keine Verbindung eingegangen ist.

Ohnehin ist es bei einem Horrorstoff schwierig, nach so wenigen Episoden (zwei von zehn) ein abschließendes Urteil abzugeben. Denn in welche Richtung sich dieser Plot noch entwickelt, bleibt ein Rätsel. Es könnte ebenso ein „2001“ werden wie ein „Alien“, möglicherweise erzählt Nightflyers aber auch noch eine ganz andere Geschichte. Dank des Telepathen Thale kann man sich als Zuschauer ohnehin nie sicher sein, ob das, was man gerade sieht, auch wirklich die Realität ist. Potenzial ist in jedem Fall da, ein abschließendes Urteil noch nicht.

Fazit:

Nach nur zwei von zehn Episoden, die Netflix vorab zur Sichtung freigab, lässt sich schwer sagen, ob Nightflyers ähnliches Gruselpotenzial aufweist wie „Spuk in Hill House“, die momentane Referenz für Horrorserien. Der Beginn überzeugt immerhin weitgehend, auch wenn die eine oder andere Ungereimtheit in der Story auffällt. Aber die erklärt sich vielleicht ja noch in späteren Folgen. Skeptisch muss man hingegen sein, was den Spannungsbogen über zehn Episoden angeht, ohne sich in Wiederholungen zu ergehen. SciFi-Horrorfans sollten jedenfalls einen Blick riskieren.

Update: Nach Ansicht aller zehn Folgen ergibt sich ein klares Bild. Leider wird die Serie nach den ersten fünf Folgen, die zumindest die Spannung halten und einen nachvollziehbaren Plot haben, immer schwächer. Zudem endet sie mit einem Cliffhanger, der allem Anschein nach nicht aufgelöst wird, da es zurzeit nicht nach einer zweiten Staffel aussieht.

Update 2: SyFy hat die Serie eingestellt, falls Netflix nicht rettet, gibt es keine weiteren Folgen.

Nightflyers läuft ab dem 1. Februar 2019 bei Netflix.

Gesehen: Zehn von zehn Folgen.

Nightflyers
Captain Eris scheint sich mehr für die genmodifizierte Melantha zu interessieren als für die Sicherheit auf dem Schiff.