Kingdom

Serienkritik: Kingdom

Traditionelles asiatisches Kino ist für viele Fans im Westen noch immer mit bunten Kostümen, einem Blick in die Vergangenheit und actionreichen Schwertkämpfen verbunden. All das bietet auch die neue Netflix-Serie „Kingdom“, die aus Korea stammt. Doch die verbindet alle genannten Dinge mit einer Zombie-Invasion. Kann das wirklich funktionieren oder beißen sich die Untoten an diesem Setting die Zähne aus?

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Auch wenn Kinogänger, die sich wenig mit dem koreanischen Kino beschäftigen, das vielleicht erstaunt: Horror ist in dem kleinen Land durchaus angesagt. Mit Stoffen wie „The Wailing“ oder „A Tale of Two Sisters“ bewiesen koreanische Filmemacher, dass sie auch abseits des Kostümfilms arbeiten können. Und mit „Train to Busan“ lieferte Regisseur Yeon Sang-ho auch einen waschechten Zombiefilm ab, der sich absolut sehen lassen kann. So überraschend ist Kingdom also bei Licht betrachtet gar nicht. Aber: Lässt sich Intrige am Königshof mit Zombies koppeln?

Kingdom
Kronprinz Chang fürchtet, dass im Süden des Landes etwas Unheimliches vor sich geht.

Kingdom: Die Handlung

Wir schreiben (vermutlich) das 17. Jahrhundert. Der König Koreas wurde schon seit Tagen nicht mehr gesehen und üble Gerüchte über seinen möglichen Tod erreichen auch seinen Bastard-Sohn Lee Chang (Ju Ji-hoon), der im Moment offizieller Kronprinz ist, da sein Vater keine ehelichen Söhne gezeugt hat. Doch die junge Königin ist hochschwanger und will deshalb vom Tod des Gemahls nichts wissen. Als der sich dennoch in den Königspalast schleicht, wird er beinahe von einer monströsen Kreatur attackiert.

Um mehr über die Vorfälle herauszufinden, reist er mit seinem Leibwächter Moo Young (Kim Sang-ho) zum Krankenhaus des Arztes, der den König zuletzt behandelt hatte. Das nutzt der mächtige Clan, zu dem auch die Königin gehört, um den Thronfolger des Verrats zu bezichtigen und ihn seiner Position zu berauben. Doch während die Palastwachen schon hinter ihm her sind, entdeckt Chang im Krankenhaus des Arztes eine grausige Szenerie. Alle Patientin sind scheinbar tot, liegen zusammengebunden unter den Häusern …

Kingdom: Typisch asiatisch, aber …

Wer sich mit asiatischem Kino grundsätzlich schwer tut, der wird auch mit Kingdom seine Probleme haben. Denn das typische Overacting der Schauspieler kommt hier ebenso zum Tragen wie seltsame Dialoge und mitunter schwer nachvollziehbare, gesellschaftliche Spielregeln, die mit dem westlichen Lebensstil – auch dem damaligen – wenig zu tun hatten. Positiv gesehen bekommt der Zuschauer aber auch die typische opulente Ausstattung und aufwendige Kostüme geliefert, an denen man sich kaum statt sehen kann.

Untypisch ist hingegen der Stoff, der sich als eine Mischung aus „The Walking Dead“ und „Game of Thrones“ erweist. Während der Hauptteil der sechs Folgen sich um die Monster kümmert, die plötzlich im Süden des Landes auftauchen (das Wort Zombie fällt in der Serie nicht), erzählen Regisseur Kim Seong-hun und Drehbuchautor Kim Eun-hee auch von den Intrigen, mit denen der Königinnen-Clan die Macht im Staat endgültig an sich reißen will. Und mit welch rabiaten Mitteln sich dabei vorgehen.

Kingdom
Tatsächlich: Eine Seuche verwandelt Menschen in blutrünstige Monster, die es auf Lebende abgesehen haben.

Kingdom: … auch mörderisch spannend

Hier bleibt die Serie zwar hinter dem Vorbild Game of Thrones zurück. Aber was die Untotenplage angeht, der sich der Kronprinz und seine Gefolgsleute ausgesetzt sehen, da liefert Kingdom sauber ab. Vor allem die Folgen drei und vier (von sechs), die sich fast ausschließlich mit der ersten großen Attacke der Monster beschäftigen, entwickeln optisch und emotional eine Wucht, der man sich kaum entziehen kann. Das US-Vorbild mag da in einigen Momenten noch härter sein, aber brutal und gruselig geht es hier trotzdem zu.

Das liegt auch am extremen Aufwand, die die Macher betrieben haben. Ein ganzes Dorf wird hier scheinbar überrannt und trotz der vielen verschiedenen Orte stimmt jedes Detail, sind die Sets umwerfend realistisch und die Massen an Komparsen ebenfalls beeindruckend. Knapp zwei Millionen Dollar kostete die Serie pro Folge – und das sieht man auch. Und wenn hier ganze Familien um ihr Leben rennen, fällt das Overacting auch nicht mehr so auf. Kein Zweifel, wer die Serie bis zu diesen beiden Folgen ansieht, vergisst sie nicht mehr.

Dazu trauen sich die Koreaner, ihre Zombie-Version mit mehr Fantasy-Elementen auszustatten. So ist die mysteriöse Herkunft der Seuche die ganze Zeit ein bewusst geheimnisvolles Thema, dazu rennen die Untoten so schnell wie im „Dawn of the Dead“-Remake und „28 Days Later“ – und scheinen tagsüber strenge Bettruhe zu brauchen, da sie beim ersten Sonnenstrahl in eine totenähnliche Starre verfallen. Solch frische Ideen tun dem langsam gammeligen Genre des Zombie-Films durchaus gut.

Fazit:

Wer Horror mag und sich mit asiatischem Film nicht allzu schwer tut, sollte sich diese kleine Genre-Perle aus Korea nicht entgehen lassen. Zwar erzählen die ersten sechs Folgen die Story nicht zu Ende, eine weitere Staffel ist aber bereits in Arbeit. Und richtig spannend ist die erste Staffel trotz fehlendem Schluss auch. Mit Kingdom hat sich Netflix in jedem Fall erneut eine Serie geholt, von der man noch hören wird. Eine willkommene Abwechslung vom westliche Zombie-Einerlei der vergangenen Jahre ist es allemal.

Kingdom läuft seit dem 25. Januar 2019 bei Netflix.

Gesehen: Sechs von sechs Folgen.

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