Jack Ryan

Serienkritik: Jack Ryan

Bislang wurde Tom Clancys Vorzeige-CIA-Mann „Jack Ryan“ zwar schon von mehreren Schauspielern verkörpert, aber die waren stets auf der großen Leinwand zu sehen. Nun hat Amazon erstmals eine Serie um den klugen Analysten bestellt und schickt John Krasinksi in der Titelrolle auf Terroristenjagd. Kann die erste Staffel des Agenten-Thrillers ebenso überzeugen wie einige der Filme?

Der Schriftsteller Tom Clancy wurde nur 66 Jahre alt, er starb 2013. Aber er hat der Welt einen üppigen Stock an Romanen, Filmen und Videospielen hinterlassen, die auf seinen Werken basieren. Allerdings haben vor allem die Filmemacher in Hollywood Clancys sehr konservatives Weltbild immer wieder abgemildert und den Helden Jack Ryan häufig zu einem fast unpolitischen Menschen gemacht, was angesichts seines Jobs gar nicht so einfach zu vermitteln ist. Wie steht es um Ryans Gesinnung und Weltanschauung in der neuen Amazon-Serie?

Jack Ryan
Jack Ryan muss mit seinem neuen Chef in den Jemen fliegen, weil seine Ermittlungen ein Terror-Netzwerk aufgescheucht haben.

Jack Ryan: Die Handlung

Seit vier Jahren arbeitet Dr. Jack Ryan (John Krasinski) als Analyst bei der CIA. Nach seiner Zeit beim Militär und daraus resultierenden Traumata ist er froh über den Schreibtisch-Job. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als Ryan einem Geldstrom durchs Internet zu einem geheimnisvollen Mann namens Suleiman folgt, bekommt er mit James Greer (Wendell Pierce) einen neuen Vorgesetzten vor die Nase gesetzt, der sich für Ryans Theorien überhaupt nicht interessiert.

Doch dann gibt es handfeste Spuren, die auf einen möglichen Terroranschlag hindeuten und Ryan muss ausgerechnet mit dem ungeliebten Greer in den Jemen fliegen, um zwei gefangene Verdächtige zu verhören. Denn nur er hat sich so tief ins Finanz-Netzwerks der Terroristen vorgearbeitet, dass er Lügen darüber sofort erkennen würde. Aber der vermeintliche harmlose Ausflug entpuppt sich als Reise in die Hölle, die Ryan fast das Leben kostet. Und nun weiß er, dass ein gefährlicher Terrorist ein großes Ding plant …

Jack Ryan: 24 ohne Echtzeit

Auch wenn sich die Helden nicht unbedingt ähneln, so erinnert Jack Ryan doch stark an die Abenteuer von Jack Bauer in „24“. Zwar wird die neue Amazon-Serie nicht in Echtzeit erzählt, aber thematisch haben beide Shows große Schnittmengen. Und genau das, was schon bei 24 für ordentlich Spannung sorgt, funktioniert auch bei Jack Ryan sehr gut: die Jagd nach einer fast unsichtbaren Bedrohung. Krasinski nimmt man die Rolle des klugen und analytischen, aber auch menschlichen und mitfühlenden Kopfes dabei jederzeit ab.

Und so filtern die Macher Carlton Cuse und Graham Roland, die gemeinsam unter anderem „Lost“ schrieben, über Krasinskis Rolle die reaktionären Spitzen der Vorlagen gut ab. Und geben den „Guten“ ein Gesicht, mit dem sich der Zuschauer identifizieren kann. Weil Krasinkis Ryan zwar clever ist, aber nicht kalt. Und mache Dinge mit Herz und Bauch entscheidet, statt sich an die Statuten zu halten. Dabei bleibt er aber stets glaubwürdig normal, wird nie zum coolen Helden.

Jack Ryan
Doch statt einen Gefangenen zu befragen, muss Ryan dort um sein Leben kämpfen.

Jack Ryan: Kinoreife Inszenierung

Neben der Hauptfigur sorgt noch ein weiterer Faktor für die hohe Qualität der Serie: die kinoreife Action. Dynamische Kamerafahrten und saubere Schnitte, die auch schnelle Schusswechsel oder Nahkämpfe nachvollziehbar machen, lassen den TV-Ryan in einer Liga mit den Kino-Ryans spielen. Jede der drei gezeigten Folgen hat dazu mindestens einen emotionalen Höhepunkt, der die meisten Zuschauer wohl nicht kalt lassen wird. Dass sich das alles sehr real anfühlt, verstärkt diesen Eindruck noch.

Die Serie macht außerdem nicht den Fehler, die Terroristen allesamt als blutrünstige Schlächter ohne Moral darzustellen. So ist der grausame, aber dabei sehr charismatische Suleiman (Ali Suliman) mit einem starken Motiv für seine Taten ausgestattet, das sich nicht so einfach wegschieben lässt. Cuse und Roland fühlen sich in den Grauzonen der Politik und Geheimdienste sichtlich wohl und bringen das in starken Dialogen und Szenen auch sehenswert zum Ausdruck. Die Frage, wer hier im Recht ist, lässt sich mitunter nur schwer beantworten.

Obwohl die erste Staffel mit acht Folgen eher kurz ausfällt, nehmen sich Cuse und Roland trotzdem die Zeit, ihre Figuren zu entwickeln und sie zu mehr als nur bloßen Archetypen zu machen. So überrascht der vermeintlich so harte Greer zu Beginn von Folge 3 mit einer unerwarteten Offenbarung. Und auch nicht jeder Terrorist geht jederzeit und ohne Zögern über Leichen. Die Differenziertheit – bei aller Hollywood-Tauglichkeit – ist denn auch eine der größten Stärken von Jack Ryan.

Fazit:

Ein gelungener Einstand des neuen Jack Ryan als Serie, auch wegen Hauptdarsteller John Krasinski. Aber die Serienmacher Cuse und Roland haben mehr zu bieten: einen starken Plot, gute Darsteller und kinoreife Action. Hier stimmt das Gefühl der Bedrohung ebenso wie der Eindruck, dass manche dieser Bedrohungen durchaus hausgemacht sind. Spannende und mitunter sogar kluge Unterhaltung, die auch ohne einen Superhelden wie Jack Bauer funktioniert.

Gesehen: 3 von 8 Folgen

Jack Ryan startet am 31. August 2018 bei Amazon Prime.

Jack Ryan
Ist Ehemann und Familienvater Suleiman tatsächlich ein eiskalter Terrorist?