Florence Pugh

Filmkritik: Don’t Worry Darling

Als Schauspielerin ist Olivia Wilde schon seit vielen Jahren eine feste Größe in Hollywood. Ihren Durchbruch hatte sie als eine von mehreren Assistenzärztinnen in der TV-Serie „House“, bevor sie auch in größeren Filmen allmählich Fuß fasste. Ihre Karriere als Regisseurin ist hingegen noch relativ frisch. Aber bereits mit ihrem Debüt „Booksmart“ bewies die 38-jährige ein großes Talent, zumindest für Comedy. Allerdings scheint ein Genre für Wilde nicht genug, denn in „Don’t Worry Darling“, ihrer zweiten Regiearbeit, gibt es wirklich nichts zu lachen. Wie sich Florence Pugh in einer weiteren Hauptrolle in einem unheimlichen Film schlägt und ob sich Harry Styles‘ Beziehung mit der Regisseurin auf dem Film auswirkte, verrät die Kritik.

Don't Worry Darling
Alice und Jack sind ein Traumpaar und leben dank Jacks Job in elegantem Luxus.

Die Handlung

Die USA in den 50er Jahren. Irgendwo in einer Wüstengegend hat die Firma „Victory“ für ihre Mitarbeiter eine eigene Kleinstadt hochgezogen. Während die Frauen den Haushalt machen und die todschicken Bungalows sauber halten, fahren die Männer im Cabrio zur Arbeit. Was das genau ist, darüber wird auf Wunsch von Firmenboss Frank (Chris Pine) Stillschweigen bewahrt. Auch das junge Paar Alice (Florence Pugh) und Jack (Harry Styles) gehören zur der elitären Gruppe, die nach einem immer gleich ablaufenden Tag jeden Abend mit Partys oder wildem Sex zuhause verbringen. Doch als Alice eines Tages im Shuttlebus ein abstürzendes Flugzeug sieht und der Sache nachgeht, ist plötzlich nichts mehr so wie es war.

Die junge Frau bemerkt jetzt Ungereimtheiten in der Erzählung, mit denen Frank seine Angestellten ruhig hält. In wiederkehrenden Alpträumen sieht sie tanzende Frauen, die ihr merkwürdig bekannt vorkommen. Eine Nachbarin, die ähnliche Träume erwähnt hat, bringt sich auf dem Dach ihres Hauses vor Alices Augen um, ist aber später angeblich auf dem Weg der Besserung im Krankenhaus. Immer mehr wird Alice klar, dass in dieser scheinbar heilen Welt einiges nicht stimmt. Dennoch ist sie unsicher, was sie tun soll, denn Jacks Karriere bei Victory verläuft glänzend – und sie will ihrem Mann diese Chancen nicht verbauen. Aber Alice kann schließlich die Zeichen nicht länger ignorieren und bringt mit ihrem Verhalten eine Lawine ins Rollen …

Auf die Zwölf

Bereits im Vorfeld der Premiere des Films musste Don’t Worry Darling mit Nebenkriegsschauplätzen leben. So hat Regisseurin Olivia Wilde mit Harry Styles einen neuen Lebenspartner gefunden (wovon man im Film nichts merkt), zudem soll Styles seinen Kollegen Chris Pine angeblich bei einem PR-Termin bespuckt haben. In manchen Medien munkelt man sogar, diese Skandale seien Absicht gewesen, um den Film zu promoten. Was davon wirklich stimmt, wird man wohl nie erfahren. Es ist aber schade, dass diese Dinge von der Qualität des Films ablenken. Denn Wildes zweiter Spielfilm ist ein absolut gelungener Ausflug in eine unheimliche Mystery-Story mit Horroranleihen, der seine Botschaft allerdings in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringt. Subtil ist Wildes Film nach einem Drehbuch von Katie Silberman, die auch Booksmart schrieb, wahrlich nicht.

Breits in den ersten Minuten, wenn die Frauen der Victory-Männer ihren Gatten vor der Tür hinterherwinken, bevor sie das Haus putzen und sich dann alle bei Boss-Gattin Shelley (Gemma Chan) zum Ballett einfinden, um etwas über die Schönheit der Gleichförmigkeit zu lernen, ist die Aussage klar. Hier sollen Frauen mit fast allen zur Verfügung stehenden Mitteln an ihrem Platz in der Gesellschaft verankert werden. Fragen sind nicht erlaubt. Widersprüche sollen übersehen werden. Und es gibt Verbote. So dürfen Frauen die Zentrale der Firma nicht besuchen, nach Möglichkeit nicht Auto fahren und beim Einkaufen nur den Shuttle-Service nutzen, der auf keinen Fall von seinem Weg abweicht – komme, was da wolle.

Chris Pine
Jacks Boss Frank hat im Alleingang eine Kleinstadt in der Wüste geschaffen, um seine Mitarbeiter bei der Stange zu halten.

Auflösung: Geschmackssache

Schnell ist also klar, dass mit Victory, Frank und dem ganzen Konstrukt mitten in der Wüste irgendetwas nicht stimmt. Um aufzudecken, was genau das ist, lässt sich Wilde allerdings Zeit. Sie zelebriert die Demaskierung der männlichen Unterdrückung fast genüsslich und packt das Ganze mithilfe von Kameramann Matthew Libatique auch noch in derart schön Hochglanzbilder, dass der Verdacht naheliegt, Wilde habe sich in den Look ihres eigenen Films verliebt. Tatsächlich hätte sich die Story wohl auch in 100 Minuten erzählen lassen – statt in 120. Aber die Optik ist bestechend, die Inszenierung, wie beispielsweise ein Auftritt von Dita van Teese, so opulent und auch der Soundtrack alter Jazz-Größen derart hypnotisch, dass man die 20 Extra-Minuten gerne bleibt.

Über die Auflösung des Plots lässt sich garantiert streiten. Aber im Rückblick scheint es, als bliebe die Story innerhalb der Grenzen, die sie sich selbst gegeben hat. Und schere nicht eines Schlusseffektes wegen aus dieser inneren Logik aus. Vergleiche mit dem Hochglanz-Flop „A Cure for Wellness“ bieten sich an, der ebenfalls beginnt, als verstecke sich in dem Film eine große gesellschaftliche Botschaft, um letztlich ein Finale zu präsentieren, für dessen Lächerlichkeit sich wohl sogar ein Roger Corman geschämt hätte. Don’t Worry Darling passiert genau das nicht. Der anfängliche Verdacht, dass sich hier ein Kommentar zur modernen Gesellschaft anbahnt, wird am Ende voll eingelöst, auch wenn das sicher nicht jedem Zuschauer gefallen dürfte.

Don't Worry Darling
Als Alices Freundin Margaret plötzlich seltsame Dinge tut, wird das Misstrauen der jungen Frau geweckt.

Florence Pugh ist ein weiteres Mal absolut sehenswert, auch wenn die mitunter gezogenen Vergleiche zu „Midsommer“ arg hinken. Denn Alice ist das genaue Gegenteil von Dani. Sie wird selbst aktiv und kämpft um ihr Leben, statt sich willenlos in einen seltsamen Kult zu fügen. Gerade Pughs körperliche Präsenz, die gelungenen Erotikszenen und der unbedingte Wille zum Widerstand machen Don’t Worry Darling so sehenswert. Daneben gelingt Chris Pine eine beeindruckende Vorstellung als schurkischer Boss, deren gesamte Monologe aus faszinierend hohlen Worthülsen bestehen. Offenkundig hat der Held vom Dienst viel Spaß an einer neuen Facette in seiner Karriere gehabt. Wildes zweites Werk ist auf vielen Ebenen angreifbar, weil es so klar und unsubtil in seiner Aussage ist – ein schlechter Film sieht aber ganz anders aus.

Fazit:

Don’t Worry Darling ist ein Film, der Diskussionen auslösen kann. Manchen ist das Finale sicher zu platt, denn Olivia Wilde hat hier keinen Arthouse-Horror gedreht, sondern einen Thriller mit Auflösung. Und die gefällt bestimmt nicht jedem, auch wenn sie innerhalb der Filmlogik funktioniert. Dazu ist die Botschaft des Films derart deutlich, dass sich manche Zuschauer eventuell angegriffen fühlen. Unstrittig dürfte hingegen sein, wie großartig Don’t Worry Darling aussieht und sich anhört. Und Florence Pugh demonstriert ein weiteres Mal, wie problemlos sie ein solches Projekt tragen kann. Zwar lässt sich dem inzwischen oft bemühten Vergleich mit einer „Black Mirror“-Folge wenig entgegensetzen, denn vieles ist sehr ähnlich. Allerdings wäre es dann eine von den besten Episoden.

Don’t Worry Darling startet am 22. September 2022 in den deutschen Kinos und ist vorher beim Fantasy Filmfest zu sehen.

Olivia Wilde
Weiß Nachbarin Bunny mehr über die Zustände bei Victory, als sie zugeben will?