Alex Rider

Serienkritik: Alex Rider

Young Adult war vor einigen Jahren das Zauberwort für Geldsegen an den Kinokassen. Filmreihen wie „Die Tribute von Panem“ oder „Maze Runner“ räumten auch deshalb so ab, weil die Freigabe ab 12 Jahren vor allem junge Zuschauer anlockte. Waren es zu Beginn eher dystopische Szenarien, entdecken die Studios nun Stück für Stück auch andere Genres mit dem Young Adult-Stempel. Mit „Alex Rider“ tritt jetzt ein jugendlicher James Bond um die Gunst des Publikums bei Amazon Prime an. Kann er Erfolg haben?

Anthony Horowitz ist ein britischer Autor, der bereits zwei der größten Figuren in Abenteuer schickte, die Großbritannien jemals hervorgebracht hat. Mit zwei James Bond- und zwei Sherlock Holmes-Romanen adelte sich Horowitz selbst als renommierter Schreiber von spannungsgeladenen Storys. Das nutzte ihm auch bei seiner bislang erfolgreichsten Eigenkreation: Alex Rider. Bereits ein Dutzend Romane mit dem jugendlichen Geheimagenten brachte Horowitz zu Papier – nun steht das Debüt als Serienheld an. Ist das gut?

Alex Rider
Alex ist zwar ein ziemlich kluger, aber eigentlich ganz normaler Teenager in London.

Alex Rider: Die Handlung

Der junge Alex Rider (Otto Farrant) ist ein ganz normaler Schüler, der durch einen Unfall seine Eltern verlor und seitdem bei seinem Onkel Ian (Andrew Buchan) lebt, einem scheinbar langweiligen Bankangestellten. Doch tatsächlich ist Ian ein Geheimagent der britischen Regierung – und wird durch eine Falle, die ihm ein korrupter Kollege stellt, im Dienst getötet. Die Polizei tischt dem trauernden Alex eine löchrige Story um einen Autounfall auf, die ihn misstrauisch macht. Und so geht der clevere Jugendliche auf Spurensuche, um die wahre Todesursache zu finden.

Doch damit rutscht er schnell in einen Fall hinein, den Ians ehemalige Kollegen und Vorgesetzte wie der undurchsichtige Alan Blunt (Stephen Dillane, „Game of Thrones“) und Mrs. Jones (Vicky McClure) lösen müssen – und bald auf Alex‘ Hilfe angewiesen sind. Denn die Fährte des Killers führt zu einem abgelegenen Elite-Gymnasium in den französischen Alpen. Dort gingen alle Kinder berühmter Väter zur Schule, die unlängst umgebracht wurden. Alex soll sich als verzogener Bengel eines ultrareichen Geschäftsmanns dort einschleichen …

Seltsames Timing

Obwohl der Start von Riders Karriere in der Serie enthalten ist, orientiert sich die Handlung bereits an Horowitz‘ zweitem Rider-Roman „Point Blanc“. Daher hat Showrunner Guy Burt die erste Folge mit der Einführung vieler Figuren und dem Erreichen des Status Quo vollgepackt. Viel Raum für einzelne Figuren bleibt da nicht, nicht einmal für den Titelhelden. Der Zuschauer lernt bald, dass Alex clever und sportlich ist und über eine ungewöhnlich gute Kombinationsgabe verfügt. Ob es dafür besondere Gründe gibt, erfährt er aber nicht.

Bis der eigentliche Fall dann aber so richtig losgeht, dauert es eine ganze Weile. Denn schon ab Folge zwei nehmen die Macher Fahrt heraus und erzählen ihre Geschichte deutlich ruhiger weiter. Erst mit Folge 4 (von 8) beginnt dann die eigentlich Handlung in der Eliteschule. Wer nun aber denkt, Alex Rider sei eine Art James Bond für Kids, sollte seine Meinung schnell revidieren. Zwar hält sich die Serie bei blutiger Gewalt zurück, kindertauglich ist die Geschichte aber dennoch nicht, Denn hier wird getötet und gefoltert – und zwar ohne jeden Humor.

Alex Rider
Doch als Alex‘ Onkel Ian, angeblich Banker, aber in Wirklicht Agent, bei einem Einsatz ums Leben kommt, wird alles anders.

Nicht Fisch, nicht Fleisch

So wirkt Alex Rider über weite Teile wie eine realistische Variante von „Kingsmen“ oder eine junge Version von Jason Bourne. Aber eben niemals wie eine Serie für ganz junge Zuschauer (12 oder jünger). Denn hier gehen Agenten unter Einsatz ihres Lebens zu Werke, die komplett ohne Gadgets oder Wunderwaffen auskommen müssen. In den ersten drei Folgen könnte die Haupthandlung auch jederzeit mit einem erwachsenen Helden erzählt werden – wären da nicht die regelmäßigen Ausflüge in Coming of Age-Themen wie der ersten Freundin, Stress mit dem besten Kumpel oder zickige Schwestern.

So richtig gehen diese beiden Elemente zu Beginn auch noch nicht zusammen, das mag aber im späteren Verlauf der Serie durchaus noch besser werden. Dennoch bleibt beim Zusehen ein Gefühl, als wollten hier zwei Welten miteinander verschmelzen, die eigentlich nicht viel gemeinsam haben. An den Schauspielern liegt das nicht. Otto Farrant macht als Titelfigur eine gute selbige, Stephen Dillane ist als undurchsichtiger Geheimdienstchef sehenswert, ebenso wie Howard Charles als Anführer einer Einsatztruppe der Regierung. Und der lustige Sidekick Tom, gespielt von Brenock O’Connor, geht dem Publikum zumindest nicht auf die Nerven. 

Doch in den ersten Folgen schafft es die Serie nicht, den Spalt zwischen Unterhaltung für junge Teenager und recht düsterem Spion-Alltag glaubhaft zu schließen. Immer wieder fragt sich der Zuschauer, was für eine Serie Alex Rider eigentlich sein will – und bekommt keine zufriedenstellende Antwort. Für eine echte Spionage-Serie ist sie nicht spannend genug, für eine Teenie-Serie wiederum deutlich zu ernst und düster gehalten. Und ein paar wirklich nervtötende, klischeehafte Nebenfiguren machen es nicht besser. Für Fans sicher ganz ok, aber kein großer Wurf.

Fazit:

Die Serie Alex Rider kann auf einer sehr erfolgreichen und mit zwölf Bänden üppigen Roman-Vorlage aufbauen. Was aber als Buch eventuell ganz gut funktioniert – die Mischung aus Teenagerproblemen und hartem Spionage-Alltag – geht in der Serie nicht gut zusammen. So ist die Serie für Fans düsterer Geheimdienst-Thriller wohl zu langweilig und harmlos, für eine jüngere Zielgruppe aufgrund des dunklen Tons der Serie aber auch nicht wirklich geeignet. Keine schlechte Serie, aber eine, die unglücklich zwischen zwei Stühlen sitzt.

Alex Rider startet am 6. August 2020 bei Amazon Prime.

Gesehen: Drei von acht Folgen.

Alex Rider
Denn der undurchsichtige Geheimdienst-Chef Alan Blunt wird auf Alex aufmerksam – und zwingt ihn ins Agentenleben.