The Silence

Filmkritik: The Silence

Als „A Quiet Place“ in die Kinos kam, gab es eine kleine Gruppe Fans, die den Film boykottierte, weil er angeblich beim Horror-Roman „The Silence“ von Tim Lebbon geklaut haben soll. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass am Drehbuch von A Quiet Place bereits 2012 geschrieben wurde, also drei Jahre, bevor Lebbons Buch erschien. Das nun aber auch zu Filmehren kommt: Am 16. Mai starten uralte Monster, die nur nach Gehör jagen, ihren Angriff auf die Menschheit. Lohnt sich der Kinobesuch?

Es passiert selten, aber hin und wieder haben zwei Menschen auf der Welt zu ähnlicher Zeit eine ähnliche Idee. Das scheint auch für A Quiet Place und The Silence zu gelten, die offenbar tatsächlich unabhängig voneinander entstanden. Und ein paar Unterschiede weisen die Plots bei ähnlicher Grundidee auch auf. In den USA schaffte The Silence keinen Kinostart, sondern ist seit April bei Netflix zu sehen. In Deutschland bringt Constantin Film das Horror-Abenteuer in die Kinos. Zu Recht?

The Silence
Allys Familie versucht per Auto, dem Grauen aus der Luft zu entkommen.

The Silence: Die Handlung

Eine Gruppe Wissenschaftler öffnet irgendwo in den USA eine Höhle, die seit Jahrtausenden versiegelt war. Und befreien unabsichtlich eine Fledermausart, die zu den tödlichsten Kreaturen der Natur gehört. Und die nur nach Gehör jagt. Davon weiß die junge Ally (Kiernan Shipka, „Chilling Adventures of Sabrina“) noch nichts, als sie an diesem Tag nach Hause geht. Seit das Mädchen bei einem Autounfall ihr Gehör verlor, ist sie zur Außenseiterin in der Kleinstadt geworden, in der sie mit ihrer Familie lebt.

Als in der Nacht die Nachrichten erste erschreckende Bilder zeigen, beschließt Vater Hugh (Stanley Tucci), mit Frau Kelly (Miranda Otto) und dem Rest der Familie in die Einsamkeit der Berge zu fliehen, bevor die Kreaturen die Stadt erreichen. Gemeinsam mit seinem besten Freund Glenn (John Corbett) brechen Hugh und der Rest mit zwei Geländewagen in eine ungewisse Zukunft auf. Denn die Bestien sind schnell und tödlich. Und Tochter Ally kann sie nicht einmal kommen hören. Doch weil die Familie ihretwegen Zeichensprache beherrscht, hat sie einen Vorteil …

The Silence: Ähnlich, aber nicht gleich

Die Parallelen zwischen beiden Filmen sind nicht wegzudiskutieren, allerdings gibt es auch genug Unterschiede, um die Unabhängigkeit beider Projekte glaubhaft zu machen. So wird aus der Alien-Invasion in A Quiet Place hier eine höchst irdische Bedrohung. Dazu begnügt sich John Krasinskis Film auch mit den Aliens als Gegner, während Regisseur John R. Leonetti, der als Kameramann unter anderem „The Conjuring“ drehte“, aus Lebbons Roman mehr als eine Art Monster destilliert. Und neben dem Tierhorror so einen weiteren Aspekt hinzufügt.

Dennoch kann The Silence qualitativ nicht mit A Quiet Place mithalten. Der Film erreicht nie die Spannungs-Intensität von Krasinskis Regiearbeit und leidet dazu unter einem knappen Budget, das etliche der Monsterattacken deutlich weniger verstörend macht, als sie hätten sein müssen. Echter Horror kommt bei The Silence daher nur selten auf. Dass der Film dennoch durchaus sehenswert ist, liegt denn auch nicht an den eher albernen Kreaturen, die Jagd auf die Menschheit machen, sondern am packend inszenierten Überlebenskampf der Familie.

The Silence
Auf der Flucht sucht Ally mit Vater Hugh immer wieder nach Nahrung und Medikamenten, um die Familie am Leben zu halten.

The Silence: Starke Alltagshelden

Denn weitaus fesselnder als die Attacken aus der Luft ist das stetige Bemühen von Vater Hugh, seine Familie am Leben zu erhalten. Dafür nimmt er immer wieder Risiken auf sich, die er weniger durch Waffengewalt als vielmehr durch Klugheit übersteht. Ihm und seiner Tochter Ally dabei zuzusehen, wie sie die eigentlich allgegenwärtige Gefahr immer wieder austricksen, ist das wirkliche  Highlight von The Silence. Denn Tucci und Shipka heben den Film durch ihr Spiel wohltuend von anderen typischen B-Movie-Horrorstreifen ab.

Weil es ihnen gelingt, beim Zuschauer Sympathie zu erzeugen. Das ist schon das Erfolgsgeheimnis von A Quiet Place und funktioniert mit Abstrichen auch hier sehr gut. Die zarte Ally, den klugen und ruhigen Hugh und auch Mutter Kelly, die wie ein Löwe um ihre Kinder kämpft, möchte der Zuschauer schlicht nicht sterben sehen. Und fiebert deshalb mit, ob sie der Gefahr tatsächlich entkommen können. Ebenso wie bei A Quiet Place trifft daher jeder Tod das Publikum wirklich hart. Und die neue Bedrohung im finalen Akt ist tatsächlich gruselig.

Gute Ansätze liefert The Silence trotz seiner reichlich unglaubwürdigen Ausgangssituation also durchaus. Und Filme wie „Wir“ beweisen ja, dass auch aus eigentlich ziemlich mäßigen Grundideen spannende Filme werden können. Zudem zeigt Leonetti als ehemaliger Kameramann auch ein gutes Gespür für Bilder. Aber wenn die Bedrohung aus der Nähe so klar als mäßiger Computereffekt zu erkennen ist, wird es schwierig, dem Publikum wirklich Angst einzujagen. Dennoch: The Silence ist besser als viele andere Horrorfilme, die dieses Jahr in die Kinos kamen.

Fazit:

Das apokalyptischen Ausmaße der Bedrohung kann The Silence aufgrund des Budgets nie wirklich zeigen. Und so macht John R. Leonetti aus der Not eine Tugend und konzentriert sich ganz auf den Überlebenskampf einer einzelnen Familie. Und das macht er mit tatkräftiger Hilfe seiner Stars Stanley Tucci und Kiernan Shipka immerhin so gut, dass The Silence zwar selten wirklich Angst einjagt, aber über seine Laufzeit von 90 Minuten durchgehend gut und spannend unterhält. Ein immerhin solider Beitrag zum bislang eher mäßigen Horrorjahr 2019.

The Silence startet am 16. Mai in den deutschen Kinos.

Eine Übersicht über das Horrorjahr 2019 finden Sie hier.

 

The Silence
Als weitere Überlebende auftauchen, muss sich zeigen, ob die Zivilisation noch eine Zukunft hat.