The Last Summer

Filmkritik: The Last Summer

Netflix präsentiert zwar momentan viele Dystopien über den Untergang der Menschheit, aber der Titel „The Last Summer“ meint hier nicht die letzte Jahreszeit nach einer großen Katastrophe. Sondern schlicht die letzten Wochen, bevor aus High-School-Schülern College-Studenten werden – die Zeit des Erwachsenwerdens. Da der Streaming-Anbieter neben düsteren Sci-Fi- und Horrorfilmen auch sehr gern Rom-Coms produzieren lässt, passt der Film dennoch gut ins Beuteschema. Lohnt sich das Ansehen?

Kein Kind mehr, aber auch noch nicht komplett erwachsen – und erzählerisch gebündelt auf einen kurzen Zeitraum. Dieses Sub-Genre der Rom-Com schaut auf einen Mitgründer zurück, den die Filmwelt eigentlich als Schöpfer der größten Sci-Fi-Saga aller Zeiten kennt. Aber vor „Star Wars“ drehte George Lucas 1973 „American Graffiti“. Darin geht es um vier Freunde in einer Kleinstadt, die allesamt am nächsten Tag zum College fliegen sollen – vorher aber noch eine prägende Nacht erleben. Ist The Last Summer ähnlich gut?

The Last Summer
Alec und Foster arbeiten den Sommer hart und reden natürlich den ganzen Tag über Frauen.

The Last Summer: Die Handlung

Griffin (KJ Apa, „The Hate U Give“) geht seinem Dad zuliebe an die Columbia-Universität, würde aber eigentlich viel lieber Musik studieren. Und endlich mit Phoebe (Maia Mitchell) zusammenkommen, in die er seit der achten Klasse schon verliebt ist. Aber die hat nur Augen für ihr Filmprojekt, mit dem sie es zum Stipendium schaffen will. Erin (Halsten Sage, „The Orville“) und Alec (Jacob Latimore) gelten zwar als Traumpaar der Schule, trennen sich aber auf der ersten Party nach Schulende, weil beide keine Fernbeziehung wollen.

Und während Alec schon 15 Minuten später eine neue Freundin hat, fällt Erin später eine neue Liebe buchstäblich in den Schoß. Foster (Wolfgang Novogratz), der mit Alec gemeinsam den Sommer über jobbt, hat sich eine Liste gemacht, mit welchen Frauen er in den kommenden Wochen im Bett landen will. Reese und Chad verkleiden sich als junge Banker, um in einer angesagten Business-Bar ältere Frauen abzuschleppen. Und Erins beste Freundin Audrey (Sosie Bacon, Tochter von Kevin) kümmert sich als Babysitter um einen potenziellen Kinderstar …

The Last Summer: Kurzgeschichtensammlung

Statt einer Story einfach mehrere zu erzählen, die aber irgendwie zusammenhängen, ist seit besagtem American Graffiti immer wieder genutzt worden. Regisseur William Bindley, der gemeinsam mit seinem Bruder Scott auch das Drehbuch schrieb, nahm für diesen Film erstmals seit 18 Jahren wieder im Regiestuhl Platz, nachdem er vorher hauptsächlich als Produzent tätig war. Und bietet dem Netflix-Publikum mit The Last Summer eine komplett harmlose, aber charmante Kurzgeschichtensammlung, die Netflix-typisch auf explizitere Sex-Szenen verzichtet.

Neben dem heute bei jüngeren Zuschauern komplett unbekannten Lucas-Film erinnert das natürlich auch an den heute weitaus beliebteren „Tatsächlich … Liebe“, dem The Last Summer allerdings ebenfalls nicht das Wasser reichen kann. Denn während sich in der zauberhaften britischen Komödie tatsächlich alles um Liebe dreht, geht es in Bindleys Geschichten meist zumindest vordergründig um Sex. Und dabei umschifft der Regisseur und Autor längst nicht alle Klischee-Klippen, die das Genre zu bieten hat.

The Last Summer
Erin findet ihr neues Love-Interest beim Sport – wenn auch etwas anders als gewöhnlich.

The Last Summer: Bittersüße Emotionen

So drehen sich die Gedanken der meisten männlichen Protagonisten nur darum, möglichst schnell bei einem Mädchen zu landen. Lediglich die Hauptstory um Griffin und Phoebe geht hier andere Wege. Denn deren Sex stellt nicht den Höhepunkt ihrer Story da, sondern steht eher am Anfang ihrer Beziehung. Hier traut sich Bindley, die Gefühle in den Vordergrund zu stellen. Und eine halbwegs originelle Bedrohung für die Liebe der beiden zu finden. Er schafft es, dass der Zuschauer besonders mit Griffin auch mitleidet, KJ Apa sei Dank.

Was Bindley aber – ähnlich wie George Lucas so viele Jahre vorher, gut gelingt, ist das Einfangen dieser besonderen Gefühlslage amerikanischer Teenager, deren Leben sich allein aufgrund der riesigen Entfernungen zwischen Heimatstadt und Universität viel radikaler ändert als beispielsweise in Deutschland. Dass sie dabei tatsächlich viel aufgeben und hinter sich lassen müssen – und das mit einer Mischung aus Vorfreude und Verlustschmerz verarbeiten – fängt Bindley mit seinem Film sehr gut ein. Das macht The Last Summer trotz vorhersehbarer Handlung sehens- und liebenswert.

Durch die Harmlosigkeit der Bilder, selbst bei Springbreak-ähnlichen Aktivitäten, erzählt Bindley seine meist wenig originellen Kurzgeschichten mit einem fast kindlichen Charme, der The Last Summer von typischen Teenie-Klamotten mit reichlich nackter Haut unbekannter Darstellerinnen abhebt und auch ohne derben Klamauk auskommt. Und sich wirklich, wenn auch ein wenig oberflächlich, mit dem Innenleben seiner Protagonisten beschäftigt. Selbst wenn er einigen von ihnen wenig davon zugesteht. Für eine jüngere Zielgruppe ist The Last Summer daher empfehlenswert.

Fazit:

The Last Summer ist eine sehr harmlose, aber mit leichter Hand inszenierte Rom-Com über die Zeit der wichtigen Entscheidungen für junge Leute. Die sich an Klassiker wie American Graffiti und Tatsächlich … Liebe anlehnt, ohne allerdings deren Klasse zu erreichen. Aber einen gewissen Charme kann man dem Film dank seiner durchgehend sympathischen Darsteller und seiner spürbaren Liebe zu seinen Protagonisten nicht absprechen. Einer der besseren Netflix-Filme der vergangenen Monate.

The Last Summer startet am 3. Mai 2019 bei Netflix.

Weitere Kritiken zu Netflix-Filmen finden Sie hier.

The Last Summer
Wird Phoebe die Nähe zulassen, die Griffin sich wünscht.