Stan und Ollie

Filmkritik: Stan und Ollie

Bis heute gelten Stan Laurel und Oliver Hardy als das größte Komiker-Duo, das je auf der Leinwand zu sehen war. Als „Dick und Doof“ wurden die beiden in Deutschland im TV ausgestrahlt. Und wer bereits ein wenig älter ist, der wuchs mit ihren Sketchen und Filmen auf. Wie tragisch ihre Karriere zu Ende ging, ist hierzulande aber kaum bekannt. Das will Regisseur Jon S. Baird mit seinem Film „Stan und Ollie“ nun ändern. Lohnt sich der Film für alle Fans des Duos?

Die Herrschaften haben sich mit ihrem Auftritt Zeit gelassen! Während Stan und Ollie in Großbritannien bereits vergangenen Oktober startete und in den USA noch im Dezember in die Kinos kam, dauert es hierzulande bis zum 9. Mai, bevor das Publikum einen Blick auf das Karriere-Ende der beiden begnadeten Komödianten werfen darf. Warum das so ist, weiß wohl nur der Verleih. Denn an der Qualität des Films kann es nicht liegen – oder doch? Das erfahren Sie hier.

Stan und Ollie
1937 sind Oliver Hardy und Stan Laurel Topstars, doch der Streit mit Produzent Hal Raoch um mehr Gage führt zur Spaltung des Duos.

Stan und Ollie: Die Handlung

Hollywood 1937. Stan Laurel (Steve Coogan) und Oliver Hardy (John C. Reilly) befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Das Publikum liebt sie und doch sind die beiden nicht zufrieden. Denn Produzenten-Legende Hal Roach (Danny Huston) streicht den Löwenanteil der Gewinn ein und zahlt seinen Stars im Vergleich eher ein bescheidenes Gehalt. Und dass, obwohl Stan die Gags entwickelt und schreibt, durch die das Publikum weltweit Tränen lacht. Stan beschwört Ollie, Roach zu verlassen, doch der notorische Spieler traut sich nicht. So geht Stan allein.

16 Jahre später ist die Karriere der beiden faktisch tot. Aber Stan hat Ollie überredet, einer Tour durch England zuzustimmen, da ein dort ansässiger Filmproduzent Interesse bekundet hat, einen neuen Film mit den beiden Komikern zu drehen. Doch Ollies Gesundheit ist angeschlagen und das Publikum kommt selbst in die kleinen Theater, in denen Stan und Ollie auftreten, nur sehr sparsam. Dazu liegt der Streit der beiden über die damaligen Ereignisse noch immer unausgesprochen über ihren Köpfen. Keine perfekte Ausgangsposition für einen Erfolg …

Stan und Ollie: Traurige Clowns

Manche Filme überzeugen durch die Handlung, andere durch Spannung, dieser punktet fast komplett durch seine grandiosen Darsteller und deren Optik. Steve Coogans Laurel überzeugt optisch, wirkt aber vor allem durch die typischen Gesten und Bewegungen, die alle Welt von Stan kennt. John C. Reillys Ähnlichkeit mit Oliver Hardy ist hingegen geradezu unheimlich. Dazu beherrscht auch er die weltberühmten kleinen Gesten des übergewichtigen Mimen perfekt. Damit sind Coogan und Reilly der beste Grund, sich Stan und Ollie anzusehen.

Denn die Männer, die in der Öffentlichkeit sofort in ihre Rollen schlüpfen können und das auch geradezu reflexartig tun, sobald sich ein potenzielles Publikum zeigt, sind auch von einer Melancholie durchzogen, die sie zu traurigen Clowns macht. Das absehbare Ende des wohl größten Komiker-Duos zeigt der Film zwar ohne drastische Bilder oder Dialoge, aber dennoch weitgehend ungeschönt. Hardy war gesundheitlich stark angeschlagen und Laurel wurde klar, dass es zu keinen weiteren Projekten mit seinem langjährigen Partner kommen würde. 

Stan und Ollie
16 Jahre später raufen sich die beiden für eine Tour durch England wieder zusammen, um ihre Karriere noch einmal in Schwung zu bringen.

Stan und Ollie: Nicht mehr zeitgemäß

In diesem Moment lässt das Drehbuch des erfahrenen Produzenten und Autoren Jeff Pope die Grenzen zwischen Freundschaft, Partnerschaft und Ehe verschwimmen und zeigt Laurel und Hardy als altes Paar, das sich besser kennt als die jeweiligen Ehefrauen. Und das trotz schmerzender Wunden, die es sich in der Vergangenheit zugefügt hat, doch von tiefem Respekt und Zuneigung füreinander geprägt ist. Diese fast aus der Mode gekommenen Werte verkauft Regisseur Baird mit einem Film, den er passend altmodisch und manchmal auch etwas altbacken inszeniert.

Denn so arg viel passiert in den gut 90 Minuten an Handlung gar nicht. Meist beobachtet die Kamera die Verwandlung von Laurel und Hardy zu Stan und Ollie in einem Augenblick und zeigt, wie gekonnt und professionell die beiden Schauspielern ihre komischen Rollen beherrschten. Bis die immer stärker wachsende Spannung zwischen beiden sich schließlich im finalen Akt entlädt. Doch selbst dieser Streit ist nach heutigen Maßstäben ruhig und beherrscht und weit weg von Gebrüll oder hässlichen Beleidigungen.

Hin- und her gerissen zwischen den Ansprüchen und Wünschen an sich selbst, die Rücksichtnahme auf ihre Frauen und die stetig schrumpfenden gesundheitlichen Möglichkeiten Hardys kommt es schließlich zum finalen Auftritt zweier Legenden, bei dem mancher Zuschauer sicher nicht nur eine Träne verdrückt. Neben den beiden Hauptdarstellern ist die Balance zwischen grandioser Komik, die dem Publikum zumindest ein sentimentales Lächeln ins Gesicht zaubert, und stillen, schmerzhaften Momenten, die bittersüß nachklingen, denn auch Stan und Ollies größte Leistung.

Fazit:

Wie ihr Humor, der sich stets nur gegen sie selbst richtete und dabei nie die Grenzen des guten Geschmacks verließ, präsentiert sich auch der Film Stan und Ollie über die letzten gemeinsamen Monate von Stan Laurel und Oliver Hardy leise und unaufdringlich. Das macht den Film in der heutigen Zeit mit seiner ruhigen Erzählweise fast zum Anachronismus, gewährt dadurch aber auch einen wehmütigen Einblick in eine vergangene Zeit der Traumfabrik und ihrer Stars. Nicht ohne Längen, ist der Film aber durch seine beiden großartigen Hauptdarsteller für Cineasten und Fans des alten Hollywood dennoch ein Muss.

Stan und Ollie startet am 9. Mai 2019 in den deutschen Kinos.

Stan und Ollie
Die Tour wird zum großen Erfolg – und doch gleichzeitig auch zum Schwanengesang für die beiden Schauspieler.