Robert Pattinson

Filmkritik: The Batman

Lange hat es gedauert, bis Matt Reeves seine Version des dunklen Ritters endlich auf die Leinwand bringen konnte. Bereits 2017, kurz nach Erscheinen von „Justice League“, beauftragte Warner den Regisseur der beiden letzten „Planet der Affen„-Filme mit dem neuen Solo-Film „The Batman“. Bald war klar, dass Reeves den bisherigen Darsteller Ben Affleck nicht besetzen wollte, den er zuvor schon als Regisseur abgelöst hatte. Als Reeves dann endlich seine Pläne verriet, wurde auch klar warum. Der 56-jährige plante, einen jungen Batman am Anfang seiner Karriere als Verbrechensbekämpfer zu zeigen. Nicht den schon fast grau gewordenen Bruce Wayne, den Affleck verkörpert hatte. Eine gute Entscheidung? Das klärt die Kritik.

Robert Pattinson
Als Bruce Wayne ist der Erbe der Familie seit zwei Jahren fast komplett aus der Öffentlichkeit verschwunden. Als Batman hingegen ist er sehr aktiv.

Die Handlung

Zwei Jahre lang wird Gotham City nun schon von Batman (Robert Pattinson) beschützt und ein kleiner Teil der Polizei, vor allem in Form von James Gordon (Jeffrey Wright), hat Vertrauen zum dunklen Ritter gefasst. Deshalb zieht Gordon Batman auch hinzu, als die Leiche des Bürgermeisters gefunden wird. Der übel zugerichtete Körper wurde mit Rätseln drapiert, die sich an Batman direkt richten. Ein Mann, der sich „der Riddler“ nennt, hat offenbar die Tat begangen – und plant weitere. Tatsächlich findet der selbsternannte Henker bald weitere Opfer in Gothams Justizapparat. Offenbar verfolgt der Riddler bestechliche Männer in hohen Positionen der Stadt, um sich für etwas zu rächen.

Batmans Ermittlungen führen bald zu einem Club in der Stadt, in dem sich offenbar neben bekannten Mafiagrößen auch die hohen Herren der Gothamer Justiz regelmäßig aufgehalten haben. Dort lernt er bei einem Gespräch mit dem Pinguin (Colin Farrell) zufällig auch die Kellnerin Selina Kyle (Zoe Kravitz) kennen, die mehr über das Geschehen im Club zu wissen scheint. Tatsächlich führt die Überwachung ihrer Wohnung zu neuen Erkenntnissen. Doch nicht alle davon gefallen Bruce Wayne: Es scheint, als habe seine eigene Familie mit Dingen zu tun, die der Stadt schaden. Aus der eigentlich kühlen Ermittlung von Batman wird daher bald eine sehr persönliche Jagd nach der Wahrheit. Doch nicht alle Antworten, die er findet, passen ins Bild …

Film Noir tritt Superheld

Erst vor einigen Wochen lief in den deutschen Kinos Guillermo del Toros neuer Film „Nightmare Alley“ an. Und wer nicht aufpasst, mag denken, er sei in diesen Film geraten, wenn er in einer Vorstellung von The Batman sitzt. Denn die Parallelen sind deutlich. Hier wie dort erzählt der Protagonist seine Sicht der Dinge über düsteren Bildern. Reeves hat tatsächlich seine Ankündigung wahr gemacht, sich für seine Sicht auf den dunklen Ritter mehr von den detektivischen Fähigkeiten der Figur leiten zu lassen. Und nicht nur auf Action zu setzen. Und so präsentiert er dem Publikum das bislang wohl düsterste Gotham City, indem das organisierte Verbrechen und Korruption weitaus größere Rollen spielen als die bekannten Superschurken aus den Comics.

Auch auf den Comic-Look verzichtet Reeves weitgehend. Zwar funktioniert Batman nicht ohne Kostüm, aber schon bei Selina Kyle alias Catwoman fehlt der typische Look. Und der Pinguin sieht seinem Comic-Pendant nur wenig ähnlich. Reeves setzt in seiner Version viel auf realistische Optik und erdet die Story in Richtung Crime-Plot, statt auf epische Kämpfe mit den Schurken zu setzen. Die Action ist dennoch solide, den Nolan-Filmen aber in Sachen Spektakel unterlegen. Reeves setzt hier deutlich andere Prioritäten. Dass er dabei den Kanon der Comic-Historie mitunter komplett ignoriert, dürfte nicht jedem Comic-Fan gefallen. Andererseits sind gerade die bei DC Kummer gewohnt. The Batman ist kompromisslos der Film, den Reeves wollte, störende Vorgaben aus der Vorlage ließ er nicht zu.

John Turturro
Als ein Killer Jagd auf wichtige Männer des öffentlichen Lebens der Stadt macht, fragt sich nicht nur Batman, was Mafiaboss Carmine Falcone davon haben könnte.

Pattinson ein würdiger Batman

Der heftigsten Kritik vor Beginn der Dreharbeiten sah sich Robert Pattinson ausgesetzt. Den wollten die Fans als Batman auf keinen Fall sehen. Die Furcht. dass der Schauspieler die Rolle nicht ausfüllen würde, erweist sich erwartungsgemäß als unbegründet. Zwar ist Pattinson durchaus angreifbar, da er seinen Bruce Wayne als modernen Hamlet anlegt, der mit seinem Schicksal und mit den Sünden der Eltern hadert wie Shakespeares dänischer Prinz. Allerdings dürfte das so im Drehbuch gestanden haben. Den jungen Helden, den Reeves in seinem Script entstehen ließ, meistert Pattinson hingegen ohne Probleme. Er erzeugt die Angst in seinen Gegner subtiler als Christian Bale und verzichtet auf Stimmverzerrer und High-Tech. Als Batman ist er deutlich menschlicher als seine Vorgänger.

Und leidet daher umso mehr unter der Kälte und der Verkommenheit der Stadt, der er sich mit mitunter noch mit einer gewissen Naivität nähert. Für die er den Preis bezahlt. Reeves gab an, für seinen Film unter anderem von „Batman: Year One“ inspiriert worden zu sein. Und auch diese Referenz findet sich in The Batman wieder. Deutlich stärker als Comics schimmern aber David Finchers Filme Sieben“ und „Zodiac“ durch. Ersterer steuert die grundsätzliche Atmosphäre des Films bei. In Gotham regnet es ebenfalls ständig und selbst die Tage sind grau und selten richtig hell. Und Finchers Killer-Film nach wahren Begebenheiten ist die Blaupause für Reeves‘ Version des Riddler – ein skrupelloser Mörder, der an seinen Tatorten Rätsel hinterlässt und mit der Obrigkeit Spielchen spielt.

Paul Dano
Der Riddler, wie er sich selbst nennt, sieht sich als Säuberer Gothams und fühlt eine Verbundenheit zu Batman.

All diese Dinge werden garantiert nicht jedem gefallen. Besonders Comicfans erkennen ihren Liebling nicht unbedingt immer wieder. Unbestreitbar großartig sind allerdings die Bilder, die Reeves mit seinem Kameramann geschaffen hat. Wenn Batman im Finale mit einer roten Fackel in der Hand wie ein wahrer Held agiert, sind das grandiose Momente, die ganz allein durch ihre Optik funktionieren. Wer Batman-Filme schon immer auch deshalb gern gesehen hat, weil sie so spektakulär aussehen, der wird auch hier auf seine Kosten kommen. Ob ihm nun die Film Noir-Attitüde gefällt oder nicht. Zudem gelingt es Reeves wie in seinen Planet der Affen-Filmen erneut, deutliche Botschaften zum Zustand der Welt und moderner Gesellschaften einzubauen – ohne, dass es nervt.

Fazit:

Mit The Batman traut sich Matt Reeves als Autor und Regisseur nach zwei grandiosen Sci-Fi-Filmen erneut, sehr kompromisslos seine Vision eines bekannten Themas auf die Leinwand zu bringen. Die Mischung aus Film Noir-Klassikern, Serienkiller-Düsternis nach Art der David Fincher-Filme und klassischen Batman-Themen funktioniert ausgezeichnet. Zwar müssen Comicfans Abstriche machen, was den Kanon einiger Figuren betrifft. Dafür bekommen die allerdings Bilder zu sehen, die jedem Comic mehr als gut zu Gesicht stünden. Bruce Wayne als fast schwermütiger Anfänger im Kostüm ist jedenfalls ein Ansatz, der bei Warner im Vorfeld sicher nicht nur Fans hatte. Dieser Mut ist allerdings in ganz großen Teilen belohnt worden. Ein würdiger Nachfolger der Nolan-Ära ist The Batman auf jeden Fall.

The Batman startet am 3. März 2022 in den deutschen Kinos.

Zoe Kravitz
Der gerät aber nicht nur wegen des Riddlers in emotionale Nöte – auch Selina Kyle hat es ihm angetan.