SAS Red Notice

Filmkritik: SAS Red Notice

Bruce Willis, Steven Seagal und andere Stars der 90er Jahre verbinden viele Fans noch immer mit dem seit „Stirb Langsam“ klassischen Action-Set: Ein Mann allein gegen eine ganze Armee von Gegnern. Seit Willis als Officer John McLane im Alleingang die Bande von Hans Gruber aufhielt und dabei das halbe Nakatomi-Gebäude in die Luft jagte, gab es so viele Nachfolger der gleichen Story, dass sie fast schon als eigenes Sub-Genre im Action-Thriller-Bereich gelten dürften. Mit „SAS Red Notice“ gibt es nach längerer Pause mal wieder einen lupenreinen Rip-Off der bekannten Geschichte, diesmal mit Sam Heughan in der Hauptrolle, der vor allem mit „Outlander“ von sich Reden machte. Wie gut ist sein neuer Film?

SAS Red Notice
Tom Buckingham gehört zur SAS-Elitetruppe der britischen Regierung.

Die Handlung

Eine Bande von Söldnern unter der Leitung von William Lewis (Tom Wilkinson) und dessen skrupelloser Tochter Grace (Ruby Rose, „Batwoman„) attackiert auf Befehl des britischen Generals Clements (Andy Serkis, Der Herr der Ringe) ein georgisches Dorf, dass sich weigerte, Land an die britische Regierung zu verkaufen, um eine Gas-Pipeline dort zu bauen. Doch die Truppe lässt einige Frauen und Kinder entkommen – und eines davon hatte alles mit dem Smartphone dokumentiert. Nun muss die Regierung die unliebsamen Söldner loswerden. Als die in London lebende Familie Lewis aufgemischt wird, ist auch SAS-Spezialist Tom Buckingham (Sam Heughan) dabei. Er kann mit knapper Not seinem Kumpel Declan (Tom Hopper, Umbrella Academy) das Leben retten. Doch Grace und ihr Bruder entkommen, lediglich Vater William wird gefasst und erschossen.

Am nächsten Tag reist Tom mit seiner Freundin Sophie (Hannah John-Kamen, „Ant-Man and the Wasp„) mit dem Zug nach Paris, wo er ihr einen Antrag machen will. Doch im Euro-Stream sitzen nicht nur harmlose Reisende, auch Grace Lewis und ihre Söldner sind an Bord. Und beginnen bald, einen tollkühnen Plan auszuführen: Grace will für ihr Schweigen 500 Millionen Pfund und freien Abzug. Sonst will sie den Tunnel sprengen und der Öffentlichkeit Beweise zum Georgien-Vorfall vorlegen. Nun ist es an Tom, den Tag, die Regierung und seine Freundin zu retten und die Gangster auszuschalten. Was leichter wäre, gäbe es nicht in den eigenen Reihen einen Maulwurf …

Deutliche Inspiration vom Klassiker

Der britische Ex-Soldat Andy McNab schrieb eine Roman-Trilogie mit seinem Helden Tom Buckingham, in der Theorie sind also noch zwei weitere Filme zu erwarten – und das Ende von SAS Red Notice macht das auch recht deutlich. Vorher allerdings zeigt Regisseur Magnus Martens dem Publikum eine Stirb Langsam-Version reinsten Wassers. Zwar ist nun nicht jede einzelne Szene der erfolgreichen Reihe entliehen. Insgesamt gibt es aber so viele Parallelen, dass man die Nähe einfach nicht wegdiskutieren kann. Die Frage ist nur, ob man das einem Film, der in erster Linie durch gute Action und eine spannende Handlung überzeugen will, und nicht durch eine originelle Story, wirklich vorwerfen kann.

Nun ist Sam Heughan sicher nicht Bruce Willis, aber der großgewachsene Schotte bringt bereits Action-Erfahrung („Bloodshot, „Bad Spies“) mit, während Willis damals hauptsächlich aus der romantischen Krimi-Serie Das Model und der Schnüffler bekannt war und seine Action-Karriere mit Stirb Langsam erst begann. Und diese Erfahrung sieht man Heughan auch durchaus an, denn sein Auftritt als beinharter SAS (Secret Air Service)-Spezialist ist grundsolide und jederzeit glaubhaft. Dass SAS Red Notice wie eine Zeitreise in die frühen 90er wirkt, liegt denn auch nicht am Hauptdarsteller.

SAS Red Notice
Er soll mit seinen Kollegen den Söldner-Boss William Lewis ausschalten.

Solide Action

Sondern an der Story. In dieser Phase hatten die Geschichten um clevere Gangster, die ihre eigentlichen Ziele durch Ablenkungsmanöver verschleierten und sie so den ganzen Polizeiapparat – abgesehen natürlich vom einsamen Helden – hinters Licht führten, absolute Hochkonjunktur. Und SAS Red Notice hätte auch damals überzeugt. Nun hat Heughan nicht das Charisma eines jungen Bruce Willis. Und Ruby Rose stinkt als eiskalte Terroristin natürlich deutlich gegen den brillanten Alan Rickman als Hans Gruber ab. Dazu fehlt auch der coole Humor des Originals, aber unter dem Strich bedient der Film Genre-Fans mit solider und nie billig wirkender Action.
 
Regisseur Martens gelingt das Kunststück, den Film teurer aussehen zu lassen, als er vermutlich war. Und bringt durch viele handgemachte Effekte einen hohen Realitätsgrad ein, der dem Film gut tut. Zudem funktioniert auch der Plot ganz ordentlich und bedient sich eines Szenarios, das der Zuschauer zumindest als denkbar durchgehen lassen kann. Dass hier natürlich trotzdem ausschließlich Stereotype durch den Film laufen, ist bei einem Actionfilm keine Sensation. Viel mehr als „cool und gut“, „cool und böse“ oder „hitzköpfig und böse“ braucht es eben nicht, um die Handlung in Gang zu bekommen. Wer sich so einen Film ansieht, wird auch kein Shakespeare-Drama erwarten.
SAS Red Notice
General Clements, der die Söldner im Auftrag der Regierung anwarb, kann nur ohnmächtig zusehen.

Ein paar vergebene Möglichkeiten hat SAS Red Notice dann aber doch. Aus der Rolle von Sophie, die als Ärztin eigentlich Gewalt ablehnt, hätte man einen interessanten Konflikt herausholen können. Auf den verzichtet Martens allerdings ebenso wie auf eine tiefergehende Beobachtung der durch die Regierung bestellten Söldner-Tötungen. Hier verpassen die Macher eindeutig die Chance, dem Film etwas von seinem mitunter fast comichaften Charakter zu nehmen. Und ihm dafür etwas mehr Tiefe zu geben.

Fazit:

Eine ganz großes Highlight ist der retrohaft wirkende SAS Red Notice nicht, aber Regisseur Magnus Martens serviert Fans des Genres eine grundsolide Action-Packung mit einem sympathischen Helden, ein wenig Intrige und Verrat und leider sehr stereotypen Schurken. Aber durch viele handgemachte Effekte verbreitet der Film ein angenehmes 90er-Jahre-Flair aus und dürfte Fans von Stirb Langsam, Bad Boys und Lethal Weapon gefallen, auch wenn er leider den Humor dieser Reihen nicht in die neue Zeit retten konnte.
 
SAS Red Notice ist ab dem 30. April 2021 auf DVD und Blu-Ray zu haben.
Denn Lewis‘ Tochtrer Grace kann entkommen und rächt sich mit einer Zugentführung im Euro-Tunnel.