In den späten 90ern und frühen 2000ern waren seine Bücher und deren Verfilmungen in aller Munde. Danach tauchte der Engländer Nick Hornby ein wenig ab, schreib aber weiterhin Romane. Eines seiner neueren Werke findet nun den Weg ins Kino. Im Roman „Juliet Naked“ erzählt Hornby die Geschichte eines ehemaligen Rockstars und einigen seiner Fans. Kann die Kino-Adaption mit dem wundervollen Buch mithalten?
Nick Hornby galt als neues Wunderkind der englischen Literatur und die meisten seiner frühen Bücher wie „Fever Pitch“, „High Fidelity“ oder „About a Boy“ fanden auch den Weg auf die Leinwand. Mitte der 2000er legte sich das Interesse an Hornbys Werken, obwohl er nach wie vor regelmäßig neue Romane und Geschichten veröffentlichte. Mit Juliet Naked von 2009 gelang ihm eines seiner schönsten, das jetzt von Judd Apatow als Produzent zu einem Film wurde. Wie gut ist der?
Juliet Naked: Die Handlung
Annies (Rose Byrne) Leben ist nicht so verlaufen wie geplant. Statt nach der Schule nach London zu gehen, blieb sich in ihrer heimatlichen Kleinstadt hängen, übernahm den Job ihres Vaters und kümmert sich um ihre Schwester. Seit Jahren steckt sie in einer Beziehung mit Duncan (Chris O’Dowd), den sie aber mit einer anderen großen Liebe teilen muss. Duncan ist Riesenfan des Rock-Musikers Tucker Crowe (Ethan Hawke), der seine Karriere nach der Veröffentlichung seines Albums „Juliet“ plötzlich abbrach, verschwand – und seitdem in der Musikwelt ein Mysterium ist.
Eines Tages kommt per Post ein neues Album von Tucker Crowe bei Duncan an, das durch Zufall zuerst Annie in die Hände fällt. Juliet Naked enthält die Erfolgssongs in Demo-Versionen – und ist für Duncan das beste Album überhaupt. Annie hingegen mag es nicht und schreibt das auch unter Pseudonym in Duncans Crowe-Forum. Bald erhält sie Unterstützung von einem anderen Mitglied, der sich im Verlauf der Kommunikation als echter Tucker Crowe vorstellt – und Annie gern treffen würde. Weil es zwischen ihr und Duncan gerade kriselt, stimmt sie zu …
Juliet Naked: Die Essenz des Romans
Wenn ein beliebter Roman verfilmt wird, haben eigentlich fast alle Fans des Buches Angst, dass das fertige Produkt zu viele Änderungen zu ihrem Liebling aufweist. Häufig sind diese Ängste auch gerechtfertigt. Nicht so hier: Regisseur Jesse Peretz gelingt es, nicht nur die Essenz des Romans zu erhalten, sondern sich auch weitgehend an die im Buch vorgegebene Story zu halten. Wer das Buch kennt und mag, wird also vieles wiedererkennen und vor allem die Mischung aus schnoddrigem Humor und warmherzigen Momenten genießen können.
Hornbys größte Kunst ist bei seiner auf den ersten Blick gar nicht so originellen Geschichte denn auch, die Erwartungshaltung der Leser und Zuschauer konsequent zu unterlaufen und selten etwas zu erzählen, das man erwartet. Immer wieder schlägt die Handlung kleine Haken, nimmt einer vermeintlich romantischen Szene den Wind aus den Segeln oder setzt Pointen, wo man sie gar nicht kommen sieht. Damit zieht Hornby seinen Lesern immer wieder mit Augenzwinkern den Boden unter den Füßen weg. Und das Quartett aus Drehbuchautoren hat das wunderbar in Dialogzeilen gepackt.
Juliet Naked: Wenn die Chemie stimmt
Neben der guten Story lebt der Film aber vor allem von seinen sehr gut gespielten Figuren. Allen voran Rose Byrne als Annie ist derart charmant und entzückend, dass es schon sehr schwierig ist, diesen Charakter nicht zu mögen. Und auch Ethan Hawke spielt den nur leidlich lebensfähigen Ex-Rocker mit so viel Verve, dass ihm die Herzen bald zufliegen, obwohl er alles andere als ein klassischer Held ist. Chris O’Dowd als nerviger, manchmal regelrecht armseliger, aber dennoch irgendwie nachvollziehbarer Charakter rundet das wichtige Trio des Films ab.
Und wie bei Nick Hornby üblich, füllt der Schriftsteller die kleinen Nebenrollen dann noch mit möglichst skurrilen und witzigen Figuren auf, um für weitere Gags zu sorgen. Ob das die überdrehte, lesbische Schwester ist, die sich beinahe jeden Tag neu verliebt oder der durchgeknallte Tänzer im örtlichen Pub. Das alles packt Peretz so selbstverständlich in seinen Film, als wären diese Leute das Normalste der Welt. Und allein das zu sehen, macht einfach Spaß. Den Kern bildet dennoch die wundervoll unbeholfene, britisch-steife Love-Story zwischen Tucker und Annie, die eigentlich nie funktionieren kann.
Dabei erzählt Peretz ähnlich wie Hornby im Roman seine Story ohne großes Interesse an vielen Lachern oder besonders zündenden Gags. Stattdessen verlässt er sich auf die Stärke des Geschichte und seiner Darsteller und bringt so einige tolle Momente großer Situationskomik zustande. Und weil Juliet Naked gar nicht mehr sein will als ein kleiner, leichter Film über die Probleme des Erwachsenseins angesichts der Träume, die man in der Jugend hatte, funktioniert er so tadellos. Und ist eine der schönsten Komödien 2018.
Fazit:
Nick Hornbys zu Unrecht eher unbekannter Roman Juliet Naked wurde von Regisseur Jesse Peretz ohne große Schnörkel in einen wundervollen Kinofilm übertragen. Mit Rose Byrne, Ethan Hawke und Chris O’Dowd toll besetzt, sprühen hier nicht nur die Humor- und Liebesfunken, sondern auch ein paar auf leichte Art verpackte Lebensweisheiten durch den Kinosaal. Das sorgt zwar nur selten für heftige Lacher, zaubert dem Publikum aber ein Dauerlächeln ins Gesicht. Ein Film, der von innen wärmt.
Juliet Naked startet am 15. November 2018 in den deutschen Kinos.