Hippe, junge Tanzfilme gibt es wie Sand am Meer – allerdings in aller Regel nicht aus Deutschland. Damit macht „Into The Beat – Dein Herz tanzt“ jetzt Schluss, denn der Film um Tanz, Musik und die erste große Liebe spielt nicht nur in Hamburg, sondern ist auch eine rein deutsche Produktion. Warum der Film von Regisseur und Drehbuchschreiber Stefan Westerwelle in einigen Bereichen typisch deutsch ist, und was daran gut und schlecht ist, klärt die Kritik.
Mit „Step Up“ begann 2006 eine US-Tanzfilm-Reihe, bei dessen erstem Teil nicht nur die Hauptdarsteller Channing Tatum und Jenna Dewan auch privat ein Paar wurden, sondern die auch vier Fortsetzungen bis 2014 nach sich zog. Diese Reihe dürfte auch für Into The Beat als eine Art Blaupause gedient haben. Denn die Story ist recht ähnlich und auch die Dramaturgie wirkt an vielen Stellen kopiert. Kann der deutsche Tanzfilm seine Zielgruppe dennoch überzeugen oder ist es besser, sich die US-Original anzusehen?
Into The Beat: Die Handlung
Katya (Alexandra Pfeifer) lebt für das Ballett. Weil ihre verstorbene Mutter und ihr Vater Victor (Trystan Pütter) beide Startänzer waren, lastet aber auch ein immenser Druck auf der jungen Frau. Zudem steht in Kürze ein Vortanzen in der Ballettschule der strengen Lehrerin (80er Jahre Rockröhre Helen Schneider) an, das über einen Platz an einer renommierten Ballettschule in New York entscheidet. Und Papa Victor, nach einem schweren Sturz auf der Bühne noch immer an Krücken, will unbedingt, dass Katya die Familientradition weiterführt.
Als Katya eines Tages durch einen Zufall auf eine Gruppe von Street-Dancern trifft, ist es für sie wie die Entdeckung einer neuen Welt. Schnell findet sie Gefallen an den coolen Moves, den harten Beats – und auch dem Einzelgänger Marlon (Yalany Marschner), der sich ihr vorsichtig zu nähern versucht. Bald tanzt sie jeden Abend in der alten Fabrikhalle zu den neuen Klängen. Doch auf Dauer ist das Ballett-Training und ihr neues Hobby nicht unter einen Hut zu bringen. Und so bekommt Katya nicht nur mit ihrer Lehrerin ernste Schwierigkeiten …
Into The Beat: Klischees satt
Von einem Tanzfilm erwartet sicher kein Zuschauer eine sonderlich originelle Handlung oder extrem komplexe Charaktere. Sondern in erster Linie Musik und coolen Tanz. Dennoch: Was Regisseur und Autor in der ersten halben Stunde von Into The Beat an Klischees anhäuft, ist schon rekordverdächtig. Die Ballerina aus gutem Hause, die trotz Youtube und Co. noch nie etwas von anderen Tanz-Stilen gehört hat. Der arme Waisenjunge, dem nur das Tanzen als echte Chance im Leben bleibt. Der ehrgeizige Vater, der in seinen Kindern seine Karriere weiterleben möchte.
Dazu kommen noch Dialoge, die mit der Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher wenig zu tun haben und auch mächtig holprig vorgetragen werden. Und mit einem Tanz-Duo als lustige Sidekicks, einer weiß, einer schwarz, das sich offenkundig gleich aus dem Hip-Hop-Klischee-Topf mit der ganz großen Kelle bedient hat, sieht die Bilanz auch nicht besser aus. Offenkundig hat Westerwelle seine Darsteller eher nach ihren tänzerischen Fähigkeiten ausgesucht als nach ihrem Talent als Charakter-Darsteller. Das war immerhin eine gute Idee.
Into the Beat: Starke Tanznummern
Denn wann immer der Film sich auf sein Kernthema besinnt, wird aus dem schauspielerisch nicht immer überzeugenden Cast eine mitreißende Combo, die ihre pure Lebensfreude durch den Tanz ausdrücken und das Publikum so verzaubern kann. Hier spielt der Film seine Stärken aus und tut das erfreulicherweise auch recht oft. Was häufig fehlt, wenn die Figuren miteinander reden, glaubhafte Emotion und eine gute Chemie, entsteht bei den Tanzszenen fast augenblicklich. Westerwelle verzichtet vernünftigerweise auch darauf, viele der Szenen in einen Kontext zwingen zu wollen.
Stattdessen baut er immer wieder spontane Tanzeinlagen ein, da zwar alles andere als realistisch sind, dafür aber einfach Spaß machen. Ob in der U-Bahn, im Schnell-Imbiss oder auf der Cap San Diego, die Westerwelle vom Museumsschiff wieder in den aktiven Dienst samt dubioser Matrosen an Bord befördert. Sinn ergibt das meist nicht, dafür umso mehr Lust am Zusehen. Weil Westerwelle auch die unvermeidliche und alles andere als originelle Love-Story auf ein notwendiges Minimum herunterschraubt und dafür andere Akzente setzt, passt das zusammen.
Denn mehr als um die Liebe geht es in Into The Beat um die Träume der Teenager, ihre Lebensvorstellungen und Ziele. Und damit dürfte der Film bei seiner Kernzielgruppe der weiblichen Zuschauer ab 10 Jahren ordentlich punkten. Denn die Beziehung zwischen Katya und Marlon bleibt keimfrei, man beschränkt sich aufs Tanzen. Dass Into The Beat darüber hinaus komplett ohne eine einzige Überraschung auskommt, ist wohl auch dem Genre geschuldet. Und da schlägt sich dieser deutsche Beitrag durchaus wacker.
Fazit:
Nach einem extrem mäßigen Start mit vielen Klischees und wenig realistischem Hintergrund fängt sich Into The Beat in der zweiten Hälfte aufgrund mitreißender Tanzsszenen und der richtigen Mischung aus zaghafter Love-Story und Lebe deinen Traum-Aussage. Kein Meisterstück, aber auch keine Gurke. Und für die Zielgruppe weiblicher Kinofans ab zehn Jahren macht der Film fast alles richtig.
Into The Beat – Dein Herz tanzt startet am 16. Juli 2020 in den deutschen Kinos.