Gringo

Filmkritik: Gringo

Dass beim Drehbuch des erfahrenen Hollywood-Autors Matthew Stone Quentin Tarantiono und die Coen-Brüder Pate gestanden haben, ist „Gringo“ deutlich anzumerken. Kann er auch qualitativ an die Arbeiten dieser großen Filmemacher anschließen oder ist die schwarzhumorige Krimi-Groteske mit David Oyelovo als trotteliger Gutmensch inmitten von fiesen Typen eher ein schwacher Abklatsch?

Regisseur Nash Edgerton ist in Hollywood meist als Stuntman oder Koordinator am Set. Und hat erst in jüngster Zeit begonnen, Spielfilme zu inszenieren. Für Gringo sicherte er sich die Mitwirkung seines deutlich bekannteren Bruders Joel, der hier einen Fiesling spielt, wie er im Buche steht. Dazu sind auch Charlize Theron, Thandie Newton und Amanda Seyfried Teil des Ensembles vor der Kamera. Kommt bei so viel Starpower auch ein guter Film heraus?

Harold ist ein netter Kerl – leider der einzige in der Führungsetage seiner Firma.

Gringo: Die Handlung

Harold Soyinka (David Oyelowo) hat eine nette Frau (Thandie Newton), in Richard (Joel Edgerton) einen netten Chef, der auch noch sein Kumpel ist und ein sonniges Gemüt. All das kommt ihm relativ zügig abhanden, als ein Business-Trip mit Richard und Co-Chefin Elaine (Charlize Theron) mächtig den Bach hinuntergeht. Innerhalb weniger Minuten fällt Harolds scheinbar so heile Welt wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Ohne Job, Frau und Perspektive kommt Harold auf eine riskante Idee. Er will seine eigene Entführung vortäuschen und von seinem fiesen Boss einen Haufen Geld erpressen. Damit soll der Start in ein neues Leben problemlos gelungen. Blöd nur, dass durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auch ein mexikanischer Drogenbaron, zwei trottelige Hotelangestellte und Richards Bruder Mitch (Sharlto Copley), ein Ex-Söldner, hinter ihm her sind. Kann Harold das wirklich überleben?

Gringo: Guter Start …

Edgertons Inszenierung beginnt gut. In wenigen Minuten hat er – da das Schachspiel im Plot eine Rolle spielt, sei das Bild hier gestattet – seine Figuren entwickelt und die Eröffnung zügig und launig hinter sich gebracht. Und man freut sich auf die Dinge, die da kommen, wenn die Story nun richtig losgeht. Denn schon früh ist klar, dass die meisten Charaktere in diesem Plot andere Ziele verfolgen, als sie zunächst angeben.

Das Problem bei Gringo ist nur, dass nach dem vielversprechenden Auftakt einfach nicht mehr sehr viel passiert. Offenbar hat Autor Stone sein Pulver nach kurzer Zeit bereits verschossen. Denn einige der zu Beginn vielversprechenden Nebenhandlungen, beispielsweise um den Gitarrenverkäufer Miles (Harry Treadaway) und seine Freundin Sunny (Amandy Seyfried), versanden im Nichts oder werden so beiläufig zu Ende gebracht, dass der Zuschauer Mühe hat, es nicht zu verpassen.

Gringo
Harolds Chef Richard ist beispielsweise ein echter Drecksack ohne Gewissen.

Gringo: …maue Fortsetzung

Wenn Regisseur Edgerton erst einmal den Fuß vom Gas genommen hat, bleibt das auch so. Und so vorkommt die Story immer mehr zu einer gemächlich erzählten Komödie, bei der viele Gags leider überhaupt nicht zünden. Weder ist der reichlich treudoofe Harold ein wirklicher Sympathieträger, noch entwickeln sich die Versuche der zahlreichen Kriminellen in diesem Film, endlich das große Geld zu machen, in interessante, spannende oder unterhaltsame Richtungen.

Lediglich Charlize Theron als eiskaltes Biest hat ein paar gute Szenen im Script und auch Sharlto Coplay als geläuterter Killer mit gelegentlichen Rückfall-Symptomen kann überzeugen. Viel mehr an interessanten Figuren oder klug zusammengebauten Szenen hat Gringo aber nicht zu bieten. Immer wieder ist zu spüren, dass Stone versuchte, eine Szene so trocken wie die Coens oder so cool wie Tarantino zu schreiben – es ihm aber schlicht nicht gelingen will.

Dass Gringo dennoch leidlich unterhält, liegt an seinem spielfreudigen Cast und der Chemie, die zwischen einigen der Figuren gut passt. Ein großer Wurf in der Nähe der Vorbilder ist Gringo allerdings nicht geworden. Dazu verschenken Stone und Edgerton zu viele eigentlich gute Momente mit flachen Pointen, statt eine wirklich packende Szene daraus zu machen.

Fazit:

Wer auf die Filme von Tarantino und den Coens steht und staubtrockenen Humor schätzt, für den mag Gringo ein halbwegs gelungener Zwischenhappen bei der Wartezeit auf den nächsten Film seiner Lieblinge sein. Leider blitzen solche Momente aber zu selten auf, um als wirklich gelungene Variation von Filmen wie „Fargo“ oder „Jackie Brown“ durchzugehen. Auch, weil Regisseur Nash Edgerton viel zu oft mit angezogener Handbremse inszeniert und Gringo daher nie wirklich Tempo aufnimmt. So bleibt der Film Durchschnitt.

Gringo startet am 5. April 2018 in den deutschen Kinos.

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Richards Bruder Mitch hingegen versucht gerade, endlich ein guter Mensch zu werden – mit Erfolg?