Die Turteltauben

Filmkritik: Die Turteltauben

Eigentlich hätte „Die Turteltauben“ Anfang April in den USA in die Kinos kommen sollen. Doch durch Corona wurde vieles anders und auch der Film wurde durch die Umstände in neue Kanäle gelenkt – nämlich in die von Netflix. Der Streamingriese sicherte sich die Rechte am Film und nimmt ihn nun exklusiv ins Programm. Hätte die Komödie auch im Kino eine Chance gehabt? Oder können sich die Macher freuen, dass sie durch Netflix die Kinoauswertung und einen möglichen Flop vermieden haben? Das beantwortet die Kritik.

Regisseur Michael Showalter ist bereits ein Veteran der Comedy in Hollywood. Zuletzt drehte er den vielbeachteten „The Big Sick“, der es sogar auf eine Oscar-Nominierung brachte (bestes Original-Drehbuch) und ihn bereits mit seiner männlichen Turteltaube Kumail Nanjiani zusammenbrachte, der dort ebenfalls die Hauptrolle spielte. Ähnlich wie in „Game Night“ steht auch hier ein Paar im Mittelpunkt, dass zufällig in einen Kriminalfall schlittert. Kann der neue Netflix-Film auch Komödienfreunde oberhalb von Adam Sandler-Niveau abholen?

Die Turteltauben
Da war die Welt noch in Ordnung: Leilani und Jibran lernen sich kennen – und lieben.

Die Turteltauben: Die Handlung

Vor vier Jahren haben sich Leilani (Issa Rae) und Jibran (Kumail Nanjiani) kennen- und lieben gelernt, doch nun ist aus ihrer Beziehung die Luft raus. Ständig gibt es Streit über Kleinigkeiten. Also beschließen die beiden auf dem Weg zu einer Party von Freunden, in Zukunft lieber getrennte Wege zu gehen. Und genau in diesem Moment kracht ein Fahrradfahrer in ihren Wagen und bleibt blutend liegen. Sofort springen die beiden aus dem Wagen um zu helfen, doch der völlig verängstigte Mann will unbedingt weiter – und haut einfach ab.

Kaum haben sie den Schock verdaut, als auch schon ein weiterer Kerl auftaucht, sich als Cop ausgibt und den Wagen zur Verfolgung des Flüchtigen nutzen will. Und nur Minuten später sind Jibran und Leilani plötzlich Hauptverdächtige in einem Mordfall. Nun müssen sich die beiden Streithähne, die sich eigentlich möglichst bald nicht mehr sehen wollten, irgendwie zusammenraufen, um Beweise für ihre Unschuld und die Identität des Killers zu finden.  Gar nicht so leicht, wenn man kaum Anhaltspunkte hat, worum es überhaupt geht …

Die Turteltauben: Zu wenig Personal

Ganz die Qualität von Game Night erreicht Die Turteltauben nicht. Das liegt aber keineswegs an den Hauptdarstellern, die den Vergleich mit Rachel McAdams und Jason Bateman durchaus bestehen. Aber es ist das Zuscheiden auf nur zwei Figuren, die die Handlung des Films deutlich einschränken. Wo Game Night mit skurrilen Nebenfiguren wie dem von Jesse Plemmons gespielten Cop punkten kann, fehlen in Die Turteltauben genau diese Zusatzgags, die aus einem ganz netten Film einen richtig guten gemacht hätten.

Nanjiani und Rae machen daraus noch das Beste, weil sie gemeinsam vor der Kamera gut funktionieren. Der Zuschauer glaubt ihnen das Paar ebenso wie die ständige Streiterei, die stets aus völlig nichtigem Anlass beginnt. Vor allem Kumail Nanjiani merkt man das Talent für Comedy an, sein Timing und seine Mimik passen in jeder Szene und seine Figur wandelt sehr sicher auf dem schmalen Grat zwischen nervtötend und Mitleid auslösend. Und im Zusammenspiel mit Issa Rae hat der Comedian auch seine stärksten Momente.

Die Turteltauben
Vier Jahre später steht ihre Beziehung vor dem Aus. Und dann geraten die beiden auch noch in einen verzwickten Mordfall.

Die Turteltauben: Mäßiges Drehbuch

Dass Die Turteltauben zwar immer mal wieder ein Schmunzeln auslösen, aber kein Comedy-Highlight ist, liegt vor allem am arg generischen Drehbuch. Die Jagd durch die Nacht hat man oft – und auch oft besser – gesehen als hier. Der Kriminalfall, der als Behältnis für die Gags der Hauptfiguren herhalten muss, ist auch nicht sonderlich originell. Zu oft sind die Witze nicht gut vorbereitet und verpuffen daher. Oder werden manchmal auch derart breitgetreten, dass sie ebenfalls ihre Wirkung verlieren. Manches ist dennoch lustig, viele Gags wirken aber verschenkt.

Angenehm ist hingegen, dass die Autoren weitgehend auf Sexwitze und Jokes über Körperflüssigkeiten verzichten und sich stattdessen an Situationskomik und geschliffenen Dialogen versuchen. Dabei ist den Autoren dann auch die eine oder andere Perle gelungen („Das Essen war so versalzen, als hätte ich dem Toten Meer einen geblasen“). Zudem hält die Geschichte unter Showalters Regie ihr Tempo hoch und präsentiert sich in knackigen 82 Minuten. Und hinterher hat man nicht das Gefühl, dass noch etwas gefehlt hätte.

Und so ist Jibrans und Leilanis wilde Nacht zumindest durchgehend amüsant und hin und wieder auch richtig lustig. Große Überraschungen sind hier allerdings ebenso wenig zu erwarten wie Szenen für die Ewigkeit. Da die Inszenierung dem Publikum auch nicht unbedingt einen Kinobesuch aufzwingt, war die Entscheidung Paramounts, den Film an Netflix abzutreten, sicher eine richtige. Auf dem Streaming-Portal, das leider über viele sehr mäßige Komödien verfügt, gehört Die Turteltauben in jedem Fall zu den besseren Vertretern des Genres.

Fazit:

So eine richtig großartige Geschichte erzählt Die Turteltauben seinem Publikum nicht. Viele Ideen haben schon einige Komödien genutzt, darunter bessere Filme wie Game Night oder „Kopfüber in die Nacht“. Dafür verfügt der Film über zwei sympathische Hauptdarsteller, die viele eigentlich gar nicht so starke Szenen mit gutem Gespür für Timing und Tonfall aus dem Durchschnitt herausheben. Zum richtigen Comedy-Highlight wie „Long Shot“ reicht es zwar nicht, besser als viele andere Netflix-Komödien sind die Turteltauben aber allemal.

Die Turteltauben startet am 22. Mai 2020 bei Netflix.

Der Film hat eine deutsche Tonspur. 

Die Turteltauben
Im Verlauf der Nacht muss sich das Paar nicht nur an neue Kleidung gewöhnen, sondern auch herausfinden, was wirklich in ihm steckt.