Farbe des Horizonts

Filmkritik: Die Farbe des Horizonts

Wenn ein Film verschiedene Themen behandelt, kommt der Verleih schon einmal in Entscheidungsnot, welcher Aspekt wichtiger ist. Während das US-Studio mit „Adrift“ die Katastrophe in den Vordergrund stellt, setzt der deutsche Verleih auf Gefühl und bringt den Film als „Die Farbe des Horizonts“ in die Kinos. Welcher Titel trifft den Inhalt besser?

Wahre Geschichten zu verfilmen ist ein Trend, den Hollywood schon lange verfolgt. Unter dem Deckmäntelchen der Authentizität lässt sich dem Publikum so die eine oder andere recht abstruse Story unterjubeln, die meist nur lose auf den tatsächlichen Ereignissen beruht. Für Horrorfans ist der Satz „Basierend auf wahren Begebenheiten“ schon längst zur Lachnummer verkommen, so häufig wird er genutzt. Die Farbe des Horizonts ist anders, denn viel Raum für dramaturgisch passende Verfremdung bleibt in dieser Story nicht – aber ist sie auch gut?

Farbe des Horizonts
Leben ohne Plan ist für die junge Tami das Maß aller Dinge.

Die Farbe des Horizonts: Die Handlung

Die junge Tami (Shailene Woodley) lässt sich einfach treiben, fährt in der Südsee von Insel zu Insel und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bis ihr auf Tahiti der junge Richard (Sam Claflin) begegnet, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Bald beschließen die beiden, gemeinsam auf Richards Segelboot um die Welt zu reisen. Doch dann kommt dem jungen Paar das lukrative Angebot eines reichen US-Ehepaares in die Quere. Weil die schnell nach Hause fliegen müssen, sollen Tami und Richard deren Luxusboot nach Kalifornien segeln – für viel Geld.

Doch das Glück lässt die beiden bald im Stich. Auf ihrer Reise nach Norden geraten sie in einem Jahrhundertsturm, der die Yacht weitgehend manövrierunfähig macht und Richard über Bord spült. Erst nach stundenlanger Suche kann Tami ihren schwer verletzten Freund bergen und muss nun weitgehend auf sich gestellt dafür sorgen, dass der Segeltörn nicht mit zwei Toten endet. Aber die Chancen, mehr als 2000 Meilen bis zur Inselgruppe von Hawaii zu kommen, stehen schlecht …

Die Farbe des Horizonts: Hinkender Hybrid

Regisseur Baltasar Kormákur kennt sich mit Naturgewalten aus. Sein Film „Everest“ begeisterte vor allem mit seinen brillanten Bildern und brachte die ganze Wucht der Natur auf die Leinwand. Ähnliches vollbringt Kormákur auch in Die Farbe des Horizonts. Die Szenen des Sturms sorgen dafür, dass man sich unwillkürlich am Kinosessel festhält, so dynamisch und packend inszeniert er mithilfe seines Kameramannes Robert Richardson (Oscar für „Hugo Cabret“) die Gewalt des Meeres.

Für die Love-Story zwischen Woodley und Claflin zeigt Kormákur allerdings weit weniger Gespür. So richtig springt der Funke zwischen beiden nie über. Zwar vermittelt der Regisseur die Botschaft von zwei jungen Liebenden, die alles füreinander tun würden, sehr deutlich, den Bauch des Zuschauers erreicht sie aber nicht immer. Daher hat die Farbe des Horizonts auch ein wenig Schlagseite, was die Intensität der Ereignisse angeht. Tamis Überlebenskampf und ihr Fight um Richards Leben sind deutlich packender als die Liebesgeschichte. 

Farbe des Horizonts
Das ändert sich, als der junge Richard in Tamis Leben segelt.

Die Farbe des Horizonts: Gut erzählter Plot

Um in die eigentlich wenig abwechslungsreiche Story Abwechslung zu bekommen, erzählt das von einem Trio verfasste Drehbuch die Handlung nicht streng chronologisch, sondern springt immer wieder zwischen der Kennenlernphase des Paares und dem Kampf ums Überleben hin und her. Weil so wichtige oder interessante Details erst spät im Film thematisiert werden, hält Die Farbe des Horizonts die Spannung recht gut aufrecht, zumal der Twist kurz vor Ende wohl nur sehr aufmerksame Zuschauer nicht überraschen dürfte.

Dazu kommt die schauspielerische Leistung von Shailene Woodley, die sehr glaubhaft die junge, unerfahrene Frau verkörpert, die angesichts der tödlichen Bedrohung über sich selbst hinauswachsen muss. In manchen Szenen gelingt es ihr, den Schmerz derart gut zu transportieren, dass es kaum jemanden im Kino kalt lassen dürfte. Sam Claflin hat dagegen eine weitaus undankbarere Rolle, die er jedoch auch auf den Punkt bringt.

So bleibt Die Farbe des Horizonts eher ein Film für Fans von Survival-Dramen als für Nicholas Sparks-Freunde. Der Punkt für den passenderen Titel geht also an „Adrift“.

Fazit:

Die Mischung aus Love-Story und Überlebensdrama in Die Farbe des Horizonts funktioniert trotz einiger leichter Anwandlungen von Kitsch überraschend gut. Allerdings ist der Kampf gegen die Naturgewalten deutlich fesselnder als die Liebesgeschichte. Für Romantiker bietet der Film daher auch deutlich weniger als für Fans von Survival-Filmen. Als wahre Geschichte packt Die Farbe des Horizonts durch die extrem sympathischen Darsteller dennoch und ist allein durch seine großartigen Bilder des Meeres schon sehenswert.

Die Farbe des Horizonts startet am 12. Juli 2018 in den deutschen Kinos.

Farbe des Horizonts
Ein furchtbarer Sturm schleudert die Liebenden unvermittelt in einen erbarmungslosen Überlebenskampf.