Für „Mudbound“ war Regisseurin Dee Rees 2018 für den Oscar nominiert, nun kommt drei Jahre später ihr nächstes Werk – erneut auf den Streamingdienst Netflix. In „Das Letzte was er wollte“ wirft Rees einen kritischen Blick auf die Contra-Affäre in Mittelamerika und die unrühmliche Rolle der USA darin. Als Hauptfigur dient dabei eine Journalistin, die in die ganze Sache verwickelt wird – mit gefährlichen Folgen. Kann der Polit-Thriller überzeugen? Oder übernimmt sich die Regisseurin mit diesem Thema?
Die so genannte Iran-Contra-Affäre ist nicht zum ersten Mal Thema eines Films. Bereits „Barry Seal – Only in America“ hat sich als bitterböse Satire mit dem Skandal der US-Außenpolitik in den frühen und mittleren 80er Jahren beschäftigt. Während der mit Tom Cruise besetzte Film allerdings auf lustig-lakonische Art den Zusammenhang zwischen Drogen- und Waffenhandel sowie der illegalen Einmischung in die Politik anderer Länder erklärt, setzt Das Letzte was er wollte eine Menge Wissen voraus. Ist der Film trotzdem spannend?
Das Letzte was er wollte: Die Handlung
1982 entkommt die Journalistin Elena McMahon (Anne Hathaway) gemeinsam mit Kollegin Alma (Rosie Perez) der Armee von El Salvador, in deren Land sie Beweise für die Beteiligung der USA am aufkeimenden Bürgerkrieg gesammelt hatte. Zwei Jahre später mischt sich die US-Regierung inoffiziell in den Krieg in Nicaragua ein und beliefert die Contras im Land mit Waffen, um die linke Regierung zu stürzen. Doch Elena darf nicht darüber berichten, stattdessen soll sie nach dem Willen ihrer Vorgesetzten den Wahlkampf von Ronald Reagan begleiten.
Als sich Elenas Vater Richard (Willem Dafoe) bei ihr meldet, weil er schwer krank ist, springt die junge Frau widerwillig für ihn bei einem windigen Waffengeschäft als Lieferantin ein. Doch der Deal irgendwo in Nicaragua geht schief, statt der versprochenen Bezahlung liefern die Rebellen Kokain. Für Elena beginnt eine Flucht durch Mittelamerika, auf der sie immer wieder zwielichtigen Gestalten begegnet, die sich nicht in die Karten sehen lassen wollen. Dazu gehört auch CIA-Mann Treat Morrison (Ben Affleck). Doch der will helfen …
Das Letzte was er wollte: Zu viel gewollt
Eine junge Frau, fast zerrissen zwischen ihren Anspruch an sich selbst, einer gerade überstandenen Krebs-OP und einer Scheidung. Eine komplexe und schwierig zu durchschauende Interessenlage in Mittelamerika. Undurchsichtige Geheimdienstler mit einer ganz eigenen Agenda. Und ein Vater, der eigentlich als williger Handlanger der Regierung tätig ist, durch seine fortschreitende Demenz aber kaum noch klar denken kann. Das alles brachte die Autorin Joan Didion in ihrem Roman auf nur 227 Seiten unter. Der Film schafft das in zwei Stunden nicht.
Was nicht schlimm wäre, wenn Dee Rees nicht genau das versuchen würde. In ihrem Bemühen, möglichst alle Aspekte ihrer Geschichte anzureißen, verzettelt sie sich hoffnungslos in wirrem Geschehen, bei dem der Zuschauer selbst nach der Hälfte der Zeit noch immer nicht weiß, was für einen Film er sich hier eigentlich gerade ansieht. Viele Elemente des Polit-Thrillers sind ebenso Teil des Ganzen wie Momente des persönlichen Dramas. Nichts davon scheint in Das Letzte was er wollte auf sinnvoll Art zusammen zu passen.
Das Letzte was er wollte: Spannungsarmer Thriller
So ist fast die gesamte erste Stunde des Films Stückwerk. Elena, die sich mit ihrem Redakteur streitet. Elena, die mit ihrer Tochter telefoniert. Und Elena, die nachts in Hotelbars sitzt. Und dazwischen immer wieder kurze Gespräche von Morrison und anderen Drahtziehern der Affäre, aus denen das Publikum aber nie so recht schlau wird. Erst nach etwa 90 Minuten kommt das erste Mal so etwas wie Spannung auf, wenn die junge Journalistin sich plötzlich im Kugelhagel wiederfindet. Doch auch hier ist es lediglich ein Strohfeuer.
Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, die Heldin lange im Unklaren darüber zu lassen, worum es eigentlich geht. Alfred Hitchcock hat das in vielen seiner Filme zur Genüge bewiesen. Aber irgendwann sollte dann der große Moment der Erkenntnis kommen, der dem Publikum gemeinsam mit der Heldin die Augen öffnet. Der kommt zwar durchaus auf einer emotionalen Ebene, viele Fragen die Story betreffend bleiben dennoch unbefriedigend offen. Und ein Film ohne Spannung und Antworten fällt beim Publikum normalerweise durch.
Das ist auch deshalb schade, weil die hochkarätige Besetzung sich durchgehend Mühe gibt. Anne Hathaway nimmt man die tapfere, aber auch etwas verhuschte Journalistin jederzeit ab. Ebenso wie Ben Affleck den eiskalten Geheimdienstler. Und Willem Dafoe, Rosie Perez und Toby Jones können ebenfalls überzeugen. Aber das nutzt wenig bei einem Drehbuch, das so viele Themen abhandeln möchte. Und letztlich keines davon wirklich überzeugend abschließt. Schwer zu sagen, wer sich daher außer beinharten Fans der Darsteller diesen Film ansehen sollte.
Fazit:
Regisseurin Dee Rees legt nach ihrem fulminanten Mudbound mit Das Letzte was er wollte eine ebenso fulminante Bauchlandung hin. Trotz guter Darsteller funktioniert bei diesem Film so gut wie gar nichts. Die eigentlich Story bleibt bis zum Schluss im Dunkeln, viele Dialoge ergehen sich in seltsamen Andeutungen, für die man wohl sehr viel tiefer in die Materie einsteigen muss, als der Film es zulässt. Die Mischung aus Polit-Thriller, Drama und Action-Film ist trotz geballter Star-Power leider ein ziemlicher Langweiler.
Das Letzte was er wollte startet am 21. Februar bei Netflix.
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