Brahms

Filmkritik: Brahms The Boy 2

Was eigentlich zum Bespaßen von Kindern gedacht ist, löst in einigen tiefe Ängste aus. Das gilt für Clowns, wie nicht nur „IT“ beweist, sondern auch für Puppen. Neben dem bekanntesten Vertreter „Chucky“, der im vergangenen Jahr sogar ein Reboot bekam, hat sich auch „Annabelle“ aus dem Conjuring-Universum schon die Titelrolle in drei Filmen gesichert. Und nun schließt „Brahms The Boy 2“ mit einer Fortsetzung auf. Kann die mit dem gewünschten Gruselfaktor aufwarten?

Warum gibt es eigentlich so viele Fortsetzungen von Horrorfilmen? Ganz simpel: Weil so einfach Geld mit ihnen zu verdienen ist! The Boy spielte beispielsweise bei Kosten von zehn Millionen Dollar gut 64 Millionen ein, trotz insgesamt eher mäßigen Kritiken. Da lag es auf der Hand, eine Fortsetzung zu machen. Bei Drehbuch (Stacey Menear) und Regie (William Brent Bell) veränderte sich im Vergleich zum ersten Teil nichts, Hauptdarstellerin Lauren Cohan („The Walking Dead“) war für Teil zwei aber nicht mehr zu haben. Gruselt Brahms dennoch?

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Weil Mutter Liza und Sohn Jude ein Trauma erlitten haben, zieht die Familie aufs Land.

Brahms The Boy 2: Die Handlung

Liza (Katie Holmes) und Sean (Owain Yeoman) führen eine Bilderbuch-Ehe, Sohn Jude (Christopher Convery) ist ihr ganzes Glück. Das endet jäh, als Liza eines Nachts von Einbrechern überrascht und übel verletzt wird – und Jude nur ohnmächtig zusehen kann. Seitdem spricht der Junge nicht mehr, kommuniziert nur noch über einen Block und einen Stift. Weil sich seine Eltern nicht mehr anders zu helfen wissen, ziehen sie mit Jude hinaus aufs Land in ein kleines Haus in der Nähe eines leerstehenden Herrenhauses. Über dessen Vergangenheit wissen sie nichts.

Schon beim ersten Spaziergang findet Jude mitten im Wald eine halb vergrabene Puppe, die seine Aufmerksamkeit erregt. Weil seine Therapeutin das für eine gute Chance hält, erlauben Liza und Sean dem Jungen, die Puppe zu behalten, deren Name laut Jude Brahms ist. Doch als Liza einige beunruhigende Dinge über die Puppe und das Haus von Wildhüter Joseph (Ralph Ineson, „Absentia“) hört, beginnt sie, sich Sorgen zu machen. Doch da hat Brahms bereits einen starken Einfluss auf Judes Leben – mit lebensgefährlichen Folgen …

Brahms The Boy 2: Atmosphäre statt Jump-Scares

Die guten Nachrichten zuerst: Brahms schert sich wenig um den aktuellen Trend, einen Horrorfilm mit möglichst vielen Jump-Scares vollzustopfen, um dem Publikum, zumindest auf diese Art einen Adrenalinschub zu verpassen. Erschrecken ist eben viel einfacher als wirklich ängstigen. Regisseur Bell verzichtet bis auf wenige Ausnahmen auf dieses Stilmittel und setzt mehr auf Atmosphäre und schleichenden Horror. Einen anderen Trend bedient er jedoch: Das Publikum mit einem unschuldigen Kind mitfiebern lassen, das dem Bösen ausgesetzt ist.

Das gab es in den vergangenen Jahren recht oft zu sehen wie bei „The Prodigy“ oder „The Conjuring“ und soll auch hier Wirkung zeigen. Tatsächlich ist Christopher Convery als Opfer ambivalent genug, um als Zuschauer nie den Gedanken ganz aus den Augen zu verlieren, dass mit Jude mehr nicht stimmt als nur das Offensichtliche. Und dennoch so glaubhaft verletzlich, dass einige Szenen mit ihm schon unter die Haut gehen. Das kann aber nicht über das Hauptproblem des Films hinwegtrösten. Brahms The Boy 2 ist leider nur wenig gruselig.

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Dort im Wald findet Jude eine alte Puppe, zu der er bald eine besondere Beziehung aufbaut.

Brahms The Boy 2: Story über Horror

Eigentlich ist Bells Ansatz lobenswert. Denn er verzichtet zugunsten einer in sich stimmigen Story auf unglaubwürdige Haken oder Twists und erzählt einen klassischen Plot ordentlich zu Ende. Das hat die Horror-Gemeinde zuletzt ähnlich in „Winchester“ gesehen, der aus anderen Gründen nicht überzeugte, seine Story aber ebenfalls vernünftig zum Abschluss brachte. Aber ein wenig aufregend sollte das Ganze schon sein, wenn man seinem Publikum Angst einjagen will. Und hier bietet Brahms explizit nur Schonkost. 

Schön-schaurige Kamerafahrten durch verlassene Gebäude und staubige Räume allein machen eben noch keinen Horror, viel mehr ist Bell für seine Umsetzung aber nicht eingefallen. Dazu kommt, dass jeder Grusel-Profi nach 30 Minuten die Story durchschaut, und dann einfach nicht mehr viel passiert. So präsentiert Bell einen optisch hochwertigen, inhaltlich aber nur mäßigen Film, bei dem der Zuschauer auf kluge Twists oder echte Überraschungen vergeblich wartet. Immerhin machen die Schauspieler einen guten Job.

Die oft gescholtene Katie Holmes spielt die fürsorgliche Mutter mit tiefen, eigenen Wunden stark, und Owain Yeoman gelingt die Darstellung eines Ehemannes, der sich sorgt, letztlich aber dem Phänomen der Mutter-Kind-Beziehung ratlos gegenüber steht. Der Großteil der Schwächen von Brahms lassen sich also deutlich dem schlicht zu einfallslosen Script zuordnen, das aus einer guten Grundidee und durchaus konsequent erzählter Story nicht mehr Spannung und Horror herausholen kann. Ob da noch eine Fortsetzung folgt?

Fazit:

Böse gesagt ist Brahms The Boy 2 ein edel gefilmter Langweiler, der nie sein Potenzial ausschöpft und trotz guter Bilder und talentierter Schauspieler selten über einen leichten Nervenkitzel hinauskommt. Optisch bietet der Film zwar einige beeindruckende Sets und angenehm langsame Kamerafahrten, inhaltlich hat der Film sein Pulver aber schnell verschossen und beginnt dann schnell, sein Publikum mit Wiederholungen zu langweilen. Bereits Teil eins vermochte die Horrorgemeinde nicht in Verzückung zu versetzen. Das wird diesem Film auch nicht gelingen.

Brahms The Boy 2 startet am 20. Februar 2020 in den deutschen Kinos.

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Doch bald erlangt die Puppe namens Brahms Macht über Jude – und seine Eltern sind zunehmend ratlos.