Dangerous Lies

Filmkritik: Dangerous Lies

Thriller und Krimis gehen immer! Das weiß auch Netflix und schickt regelmäßig Monat für Monat eingekaufte oder selbst produzierte Filme dieser Genres ins Rennen um die Gunst ihrer Kunden. Der neueste Streich heißt „Dangerous Lies“ und kann neben „Riverdale“-Star Camila Mendes auch mit Jessie T. Usher aufwarten, der bei Konkurrent Amazon Prime als „A-Train“ bei „The Boys“ dabei ist. Die Besetzung kann also überzeugen, kann es der Film auch ?

Regisseur Michael Scott hat bislang hauptsächlich fürs Fernsehen gearbeitet und dort so ziemlich jedes Genre schon einmal bearbeitet. Drehbuchautor David Golden hat eine ähnliche Karriere hingelegt, bisher aber hauptsächlich Weihnachts-Komödien verfasst. Als Thriller-Experten gehen die beiden ansonsten erfahrenen Kreativen also nicht gerade durch. Kann sich Dangerous Lies dennoch sehen lassen oder reicht es für Golden und Scott nicht zu einem wirklich spannenden Krimi? Das verrät die Kritik.

Dangerous Lies
Für den allein lebenden Leonard ist seine junge neue Pflegerin Katie ein Segen – bis er stirbt.

Dangerous Lies: Die Handlung

Das junge Ehepaar Katie (Camila Mendes) und Adam (Jessie T. Usher) ist arm. Damit er studieren kann, jobbt Katie nachts als Kellnerin in einem Diner. Eines Nachts, als Adam sie gerade besucht, wird das Lokal überfallen und Adam kann den Kerl stoppen – allerdings erst, nachdem der Katies Kollegen erschossen hat. Weil der Laden deshalb schießt und das Paar dringend Geld braucht, heuert Katie bei einem Betreuungsservice an und kümmert sich wenig später um den reizenden älteren Leonard (Elliot Gould), der allein in einem großen Haus lebt.

Bei Adam läuft es hingegen nicht so gut, die Bewerbungsgespräche bleiben aus und das Geld wird immer weniger. In einem Anfall von Verzweiflung spricht Katie mit Leonard, der dem jungen Paar helfen will und Adam als Gärtner einstellt. Einige Tage später findet Katie den alten Mann tot auf dem Dachboden, wo er sich gern alte Platten angehört hatte. Die Polizistin Chesler (Sasha Alexander, „Rizzoli & Isles“) schöpft erst noch keinen Verdacht. Doch dann taucht eine Anwältin (Jamie Chung, „The Gifted“) auf und teilt Katie mit, dass sie Alleinerbin ist …

Dangerous Lies: Typische Krimikost

Um bei einem Krimiplot ordentlich mitraten zu können, braucht das Publikum möglichst viele Figuren, die als Täter infrage kommen. „Knives Out“ hat dieses Prinzip wunderbar gezeigt. Dangerous Lies geht den anderen Weg und hält sich mit Charakteren vornehm zurück. Stattdessen wirft die Story die Frage auf, wie weit man seinem eigenen Partner trauen kann und ihn überhaupt kennt. Auch das ist bekannte Thrillerkost. Und wird von Camila Mendes und Jessie T. Usher ordentlich gespielt. Am hanebüchenen Plot können sie aber auch nichts ändern.

Was Autor David Golden hier an Zufällen zusammenbastelt, damit die Geschichte halbwegs funktioniert, ist schon abenteuerlich. Wer darüber nicht nachdenkt und sich einfach nur ein wenig mit einem halbwegs spannenden und kurzweiligen Plot berieseln lassen möchte, kann aber durchaus einschalten. Allein schon, um den großen Elliot Gould noch einmal zu sehen, auch wenn seine Rolle wenig hergibt. Und Sasha Alexander dürfte aus ihrer Zeit bei Rizzoli & Isles auch noch ihre Fans haben, die sich auf ein Wiedersehen freuen.

Dangerous Lies
Erst sieht alles nach einem natürlichen Tod aus, doch dann schöpft Detective Chelser Verdacht – auch, was Adam und Katie angeht.

Dangerous Lies: Chancen ausgelassen

Dass hier nicht mehr als routiniertes Spannungskino herauskommt, liegt neben dem an den Haaren herbeigezogenen Plot auch an der Inszenierung von Michael Scott. Der kann schon auf die Regie bei 54 TV-Filmern und Serien zurückblicken – und setzt Dangerous Lies wie einen solchen in Szene. Das sieht alles nett aus, ist mit hundertfach erprobten Perspektiven und Kamerafahrten umgesetzt und erledigt den Job. Echtes Feuer verspürt der Zuschauer in so einer Umsetzung aber nicht. Es fehlen zündende Ideen, die ein wenig Frische verbreiten.

Auf der Habenseite kann Scott für sich verbuchen, ein gutes Tempo an den Tag zu legen, wenn er die Story erzählt und es mit Nebenschauplätzen nicht zu übertreiben. So lässt sich Dangerous Lies flott wegschauen und hält auch etwa die Hälfte seiner Laufzeit das Publikum mit möglicherweise wichtigen Indizien und Ereignissen bei der Stange, bevor Autor langsam die Ideen ausgehen. Und der Film beginnt, sich langsam im Kreis zu drehen. Fragen, die sich angesichts der Story aufdrängen, beantwortet der Film dabei leider nicht. 

Und so geht denn bis zum abrupten Showdown alles seinen erwartbaren Gang. Und auch die Auflösung dürfte Krimi-erfahrene Zuschauer nur wenig überraschen. Dass die Story erst nach einer guten Stunde die Karten aufdeckt und nicht schon nach zehn Minuten, ist denn auch das Beste, was sich über Dangerous Lies sagen lässt. Angesichts der durchaus guten Grundidee, wie sehr man sich möglicherweise durch einen unerwarteten Geldsegen verändert – oder auch nicht, lässt der Film hier aber zu viele gute Möglichkeiten aus, intensiver zu sein.

Fazit:

Dass hier mit Michael Scott und David Golden zwei routinierte Profis für Regie und Drehbuch am Werk waren, merkt man Dangerous Lies jederzeit an – im Guten wie im Schlechten. Die Inszenierung ist auf gutem TV-Niveau, das Schauspiel ebenso. Und die Story bemüht zwar arg viele Zufälle, ist aber zumindest nie langweilig, auch wenn das Timing hin und wieder zu wünschen übrig lässt. Für Krimifans also letztlich solide, aber oft gegessene Kost, auch Fans der Schauspieler können einschalten. Ein richtig guter Thriller sieht aber anders aus.

Dangerous Lies startet am 30. April 2020 bei Netflix.

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Dangerous Lies
Und tatsächlich hat das junge Paar ein paar dunkle Geheimnisse. War Leonards Tod wirklich Zufall?