A Good Woman

Filmkritik: A Good Woman

Großbritannien ist bekannt für seine wundervollen Komödien – und für düstere Sozialstudien eines Regisseurs wie Ken Loach. „A Good Woman is Hard to Find“ ist zwar nicht von ihm, Regisseur Abner Pastoll steht aber in dieser Tradition. Sein Werk um eine junge Witwe, die ihre zwei Kinder durchbringen muss, zeichnet neben der Krimihandlung auch ein Bild der englischen Gesellschaft an deren Rändern. Aber worum geht es genau in dem Thriller? Und lohnt sich das Ansehen? Das klärt die Kritik.

Sarah Bolger dürften die meisten deutschen Kinofans als große Schwester von Freddie Highmore aus den „Chroniken von Spiderwick“ (2008) kennen. Doch die inzwischen 29-jährige Irin hat die Zeit als Kinderstar längst hinter sich gelassen – wie auch ihre neue Rolle beweist. Zudem war sie für einige Folgen in „Once Upon A Time“ zu sehen und gehört durch einen Auftritt in „Agent Carter“ auch zum Marvel-Universum. A Good Woman is Hard to Find trägt sie sogar fast komplett allein. Wie gut macht sie das?

A Good Woman
Nach dem Mord an ihrem Mann muss sich Sara allein um ihre beiden Kinder kümmern.

A Good Woman: Die Handlung

Sara (Sarah Bolger) lebt mit ihren beiden Kindern in einer Ecke der Stadt, in der alle Häuser gleich aussehen und Hoffnung ein seltenes Gut ist. Erst recht seit Saras Mann, nach Meinung aller anderen Menschen in Saras Leben eine Drogendealer, umgebracht wurde. Und die hiesige Polizei sich einen Dreck darum schwert. Lediglich Saras Mutter kümmert sich gelegentlich um die Kinder, obwohl sie keinen Hehl aus ihrer Meinung zu Saras Geschmack bei Männern macht. Und Sohn Ben, der den Mord mit ansehen musste, spricht seitdem kein Wort mehr.

Als eines Abends Drogendealer Tito (Andrew Simpson) in ihrer Wohnung auftaucht, auf der Flucht vor den Schlägern eines Drogenbarons, passt Sara zwar gar nicht, aber sie wird den aufdringlichen Kerl nicht so einfach los. Bald muss sie feststellen, dass Tito ihre Wohnung als versteck für seine Drogen nutzt. Als sie ihn zur Rede stellt, bietet er ihr einen Anteil am Gewinn an, wohl wissend, wie dringend die junge Frau das Geld für ihre Kinder braucht. Doch dann geht Tito einen Schritt zu weit und muss feststellen, dass er Sara doch unterschätzt hat …

A Good Woman: Schnörkellos gut

Der Film von Abner Pastoll ist ein schnörkellos erzählter Thriller ohne große Twists. Die Handlung ist dabei weder sonderlich originell, noch besonders üppig ausgefallen. Um beim Zuschauer Emotionen zu erzeigen, verlässt sich der Regisseur fast ausschließlich auf seinen Star Sarah Bolger. Und die lässt ihn nicht hängen. In jeder Szene sieht man der Schauspielerin an, welches Leid sie gerade durchmacht und welcher Druck auf ihre lastet. Denn die Ausgangsposition, die Drehbuchautor Ronan Blaney für sie schuf, könnte auswegloser kaum sein.

Der Mann ermordet, die Polizei daran komplett uninteressiert, die eigene Mutter nicht hinter sich und ein Kind mit schwerem Trauma, nachdem es den Mord am Vater mit ansehen musste. Viel mehr kann man der zarten Sarah Bolger kaum auf die Schultern packen. Und diese Last spielt sie so intensiv und packend, dass sie allein völlig ausreicht, um aus A Good Woman is Hard to Find einen spannenden Film zu machen. Und so liegt es auch nicht an der beträchtlichen Menge an Blut, dass einige Szenen recht hart ausfallen, sondern an Bolgers Blicken in diesen Momenten.

A Good Woman
Doch dann tritt der Kleinganove Tito in Saras Leben – und macht es noch komplizierter, als es ohnehin schon ist.

A Good Woman: Thriller im sozialen Kontext

Neben diesem Einzelschicksal zeigt Pastoll aber auch den Alltag in England dort, wo schon lange niemand mehr darauf hofft, dass es irgendwann wieder besser wird. Und wo sich die Menschen dennoch oder gerade deswegen ihren galligen Humor behalten haben. Allerdings auch eine Grausamkeit und Gleichgültigkeit gewachsen ist, unter der Sara und ihre Kinder zu leiden haben. All diese Dinge bleiben in Pastolls Film aber unterschwellig, A Good Woman ist zuallererst ein Krimi, keine Sozialstudie, auch wenn Saras Umfeld eine wichtige Rolle spielt.

Auch die Männer, die Saras Probleme noch vergrößern, bekommen nur den Raum, den sie brauchen, um als Bedrohung zu funktionieren, Pastoll interessiert sich wenig für deren Warum und Wieso. Das ist deshalb so stimmig, weil es auch seiner Heldin egal ist – und sein muss. Denn als Dealer Tito, von Andrew Simpson in einer bedrückenden Gefährlichkeit gespielt, Saras Kindern und ihr selbst immer näher kommt, bleiben ihr nur wenig Möglichkeiten – und mit Verständnis für den Kerl hat keine davon zu tun. 

Wenn sich eine Figur innerhalb einer Geschichte wandelt, ist für den Zuschauer in aller Regel wichtig, dass er diese Wandlung nachvollziehen oder zumindest irgendwie einordnen kann. Pastoll entscheidet sich in seinem Film dafür, dafür keine langsame und stetige Veränderungen zu inszenieren, sondern Sara in einer Art Schlüsselerlebnis zu verändern. Was sich nach der Hälfte des Films daraus entwickelt, ist für alle spannend, die sich auf einen von Charakteren statt Handlung getriebenen Film einlassen können. 

Fazit:

A Good Woman is Hard to Find ist kein Krimi von der Stange und trotz einiger blutiger Szenen auch kein tarantinoesker, cooler Thriller. Sondern ein spröder, naturalistischer Film über die Wandlung einer Frau, die mit Sarah Bolger großartig besetzt ist. Für manche dürfte der Film mangels origineller Story oder fehlender Twists wenig aufregend sein. Wer sich aber mit der Hauptfigur identifizieren kann, erlebt einen Abstieg in die Dunkelheit, der stets glaubhaft und realistisch bleibt. Und daraus auch seine Spannung bezieht – bis zum furiosen Finale.

A Good Woman is Hard to Find ist ab dem 29. Mai 2020 auf DVD und Blu-Ray sowie digital erhältlich.

A Good Woman
Und weil Tito ausgerechnet den hiesigen Drogenbaron Leo beklaut hat, geraten Sara und ihre Kinder bald in noch größere Gefahr.