Mit Zombies begann Zack Snyder seine Karriere in Hollywood, sein Remake von George Romeros Klassiker „Dawn of the Dead“ wurde sowohl zum Kassenerfolg als auch zum Kult-Horror. Dennoch wandte sich Snyder danach vom Genre ab. Und wechselte zu Comic-Adaptionen und Filmen, die sich wie solche anfühlten („Sucker Punch“). Nachdem er mit seinen Filmen die DC-Fanwelt in zwei Lager spaltete, kehrte er nun nach 17 Jahren zu seinen Anfängen zurück und drehte für Netflix den Action-Horrorfilm „Army of the Dead“, den der Streaming-Dienst bereits lange vor Filmstart (in den USA auch in vielen Kinos) zum Franchise ausbaute und ein Prequel („Army of Thieves“) und eine animierte Serie („Army of the Dead: Lost Vegas“) bestellte. Wird der Film diesem Hype gerecht?
Die Handlung
Ein Autounfall sorgt dafür, dass ein einzigartiger, neuer Zombie aus dem Gewahrsam der Armee entkommt und schnurstracks in Las Vegas einfällt, wo er innerhalb weniger Tage die gesamte Stadt mit Horden von Untoten überschwemmt. Unter großen Opfern kann die USA die Stadt mit einer Mauer aus stabilen Containern umgeben. Jahre später beschließt die Regierung, den Schandfleck durch einen Atomschlag endgültig auszulöschen. Da tritt der reiche Geschäftsmann Tanaka (Hiroyuki Sanada) an den Überlebenden Scott Ward (Dave Bautista) mit einem verlockenden Angebot heran. Ward soll ein Team von Söldnern zusammenstellen und aus dem größten Casino-Tresor der Stadt 200 Millionen Dollar bergen. 50 Millionen davon würden dann an seine Leute gehen.
Ward willigt ein und sammelt Experten um sich, mit denen er den riskanten Einsatz wagen will. So holt er sich den deutschen Safeknacker Ludwig Dieter (Matthias Schweighöfer), seine Ex-Partnerin Maria (Ana de la Reguera), die ortskundige Führerin Lily (Nora Arnezeder) und einige andere Spezialisten, um für seine Tochter Kate (Ella Purnell), die seit Jahren kein Wort mit ihm spricht, das Geld zu besorgen, mit dem sie den Waisenkindern von las Vegas helfen kann. Die Truppe gelangt zwar ohne große Probleme ins Innere das Schutzwalls und von dort in die Stadt, dort ist aber nicht alles so, wie das abgebrühte Söldnerteam es erwartet. Denn der erste Zombie Alpha (Richard Cetrone) ist kein geistloser wandelnder Leichnam, sondern ein intelligentes Monster. Und das ist nicht das einzige Problem, dem sich Ward und sein Team stellen müssen …
Der Star ist die Action
Es gibt Dinge, die ein Regisseur offenbar nicht verlernt, wenn er sie einmal kann, egal, ob er letztlich einen guten Film abliefert oder nicht. Bei Snyder sind das die Action-Sequenzen seiner Filme. Ob die Kämpfe in „Man of Steel“ oder die Schlacht von „300“: Man mag es oder nicht, aber vom optischen Standpunkt aus sind das einfach grandiose Momente. Und auch in Army of the Dead sind die Actionszenen, von denen es erfreulicherweise reichlich gibt, die absoluten Highlights des Films. Da ist die großartige Hommage an die beeindruckendste Szene aus „The Revenant“, die hier noch drastischer ausfällt als in DiCaprios Oscar-Film. Oder das Schleichen durch eine Horde inaktiver Zombies, die in einer Gewaltexplosion sondergleichen mündet. Oder der unaufhaltbare Alpha, der sich einem Panzer gleich seinen Weg durch die Gegner pflügt.
Und natürlich Dave Bautista, dessen Wrestler-Vergangenheit ihm auch hier wieder zugute kommt. Der Mann weiß einfach, wie man sich so bewegt und kämpft, dass es der Kamera gefällt. All diese Momente, die so leicht und homogen aussehen, dirigiert Snyder derart virtuos, dass gegen den Action-Aspekt von Army of the Dead kaum jemand Einwände haben kann – es sei denn, er findet den üppigen Gore-Gehalt zu hoch. Neben den typischen Stärken hat der Film aber auch die typischen Schwächen von Zack Snyder-Filmen, zumindest von denen, die denen der Meister selbst auch Hand ans Drehbuch legte. Denn bei Charakterzeichnung und Dialogen gehört Snyder nicht unbedingt zu den Großen seiner Zunft. Das ist bei Army of the Dead nicht anders.
Die Unterschiede zu Dawn of the Dead
Bei Dawn of the Dead ist das Genre klar, die Tonart des Films ebenso – Snyder inszenierte nach gutem Drehbuch von James Gunn einen düsteren und pessimistischen Überlebenskampf mit milden gesellschaftlichen Kommentaren und legt den Schwerpunkt auf Terror-Horror. Das gelingt ihm fast perfekt. Bei Army of the Dead ist weder die Tonalität beständig, noch wird dem Zuschauer je klar, was genau Snyder mit diesem Film nun eigentlich bezweckt, abgesehen vom Aspekt der Unterhaltung. So ist der Überlebenskampf der Söldner mal witzig, mal tragisch, mal spannend – aber nie gleich. Das erschwert dem Zuschauer die Identifikation und damit das Mitfiebern mit einzelnen Figuren doch sehr. Letztlich ist dem Publikum das Leben und Sterben der Protagonisten relativ egal. Das macht den Film seichter, als er hätte sein müssen.
Denn ein paar emotionale Spanungspunkte setzt das Script durchaus, Snyder macht nur nicht sonderlich viel daraus. Die kaputte Vater-Tochter-Beziehung hätte durchaus mehr hergegeben als ein paar maue Wortgefechte. Auch aus der angedeuteten Zombie-Zuneigung, die stark an I am Legend erinnert, macht Snyder nur eine an sich unnötige Motivation für eine die Figuren, da wäre mehr drin gewesen. Und würde jeder Zuschauer aufschreiben, welche der Charaktere welches Ende nehmen, neun von zehn hätten wohl auf ihrem Zettel alles richtig. Natürlich muss eine Action-Horror-Zombie-Dramedy nicht zwingend interessante Twists mitbringen oder oder auf sonst eine Art originell sein. So vorhersehbar wie bei Army of the Dead braucht es aber auch nicht abzulaufen.
Was bleibt ist Snyders Hang zur Überlänge, 150 Minuten hätte der Film sicher nicht gebraucht. Vor allem die zähe erste Stunde hätte Potenzial zur Kürzung gehabt. Ist die Söldnertruppe aber erst einmal in Las Vegas, spielt Snyder seine Stärken aus. Zudem versöhnt er die beiden Zombie-Fangruppen, in dem er sowohl klassisch langsame als auch schnelle Snyder-Zombies in seinen Film packt. Dass er allerdings mit seinen Alpha-Zombies einen weiteren Horrortrend auslöst wie 2004 mit seinen schnellen Untoten, darf bezweifelt werden. Ob Army of the Dead nun Snyders bester Film seit Watchmen ist, wie manche Kritiker schreiben, darüber lässt sich streiten. Sein bester Film überhaupt, wie auch einige meinen, ist es sicherlich nicht.
Fazit:
Mit Army of the Dead legt Regisseur und Drehbuchautor Zack Snyder einen für ihn typischen Film vor. Zu lang, nicht wirklich emotional packend, dafür aber ein großer Spaß als mit Schauwerten vollgepacktes Popcorn-Kino. Falls der Zuschauer nicht zu zartbesaitet ist. Das erinnert mehr an einen blutigen The Fast and the Furious-Trip als an einen Zombie-Horror. Ob die weitgehend eindimensionalen Charaktere leben oder sterben, spielt in diesem Spektakel ebenso wenig eine große Rolle wie die Handlung selbst, die vornehmlich dazu dient, von einem sehenswerten Action-Piece zum nächsten zu gelangen. Aber ist das Gehirn erst einmal auf dieses flache, aber unterhaltsame Niveau geeicht, macht Army of the Dead am Ende des Tages einfach Laune. Und das darf nach Snyders mitunter peinlichen Versuchen, Comichelden als tragische Shakespeare-Helden zu inszenieren, auch einfach mal reichen.
Army of the Dead startet am 21. Mai 2021 bei Netflix.