Im Jahr 1982 brachte Jim Henson mit seiner Produktionsfirma den recht düsteren Fantasyfilm „Der dunkle Kristall“ in die Kinos. Der Film floppte, denn offenbar wollte kaum jemand eine so dunkle Story mit zumindest teilweise niedlichen Puppen sehen. Nun hat sich Hensons Tochter Lisa aufgemacht, das Erbe ihres Vaters weiterzuführen und Netflix davon überzeugt, eine zehnteilige Prequel-Serie zum Kinofilm zu produzieren. Das Ergebnis ist jetzt auf dem Streamingdienst zu sehen. Lohnt sich das?
Jim Henson hat ein paar der berühmtesten Puppen aller Zeiten erfunden. Kermit der Frosch, Miss Piggy oder auch das Krümelmonster kennt jedes Kind. Aber der Puppenspieler, der 1990 bereits mit 53 Jahren an einer verschleppten Lungenentzündung starb, hatte auch Sinn für dunklere Themen als die Muppet-Show oder die Sesamstraße. Ein Erfolg war sein Der dunkle Kristall zwar nicht, doch im Lauf der Jahre hat sich ein kleiner Kult um den optisch außergewöhnlichen Film gebildet. Gefällt diesen Fans auch die Serie?

Der Dunkle Kristall – Ära des Widerstands: Die Handlung
Die Welt Thra. Lange hat die Urmutter Aughra auf alles Leben – und den Kristall der Wahrheit – aufgepasst. Doch eines Tages erschienen die echsenartigen Skekse, zeigten Aughra das All und lenkten ihre Aufmerksamkeit dorthin. Seitdem schläft Aughra und die Skekse haben in ihrem Namen die Herrschaft über Thra an sich gerissen. Die kleinen Gelflinge, selbst in sieben Stämme unterteilt, dienen den Skeksen als Wachen und Versorger. Das Infragestellen der Skeksen-Herrschaft gilt als Blasphemie. Doch tatsächlich planen die Echsen üble Dinge.
Sie wollen selbst unsterblich werden und zapfen daher immer wieder die Kräfte des Kristalls an, bis sie ihn verderben. Weil ihre Gier aber unstillbar ist, zapfen sie einer Gelfling-Frau ihre Lebensessenz ab, um sie zu trinken. Wachmann Rian, der das zufällig beobachtet, wird als Verräter gebrandmarkt und gejagt. Derweil entdeckt Brea, jüngste Prinzessin des größten Clans, einige Rätsel in der alten Bibliothek. Und die kleine Deet vom Clan der unterirdische lebenden Grottan wird ausgesendet, um die Königin von der Verfinsterung Thras zu berichten …
Der Dunkle Kristall: Kein Kinderkram!
Die Mischung ist ungewöhnlich und für viele sicher auch gewöhnungsbedürftig. Auf der einen Seite gibt es die zahllosen, niedlichen kleinen Tierchen und Wesen, die die Welt von Thra an allen Ecken und Enden bevölkern. So kennt man die Produktionen von Jim Henson und seiner Nachfolgerin, Tochter Lisa, seit Jahrzehnten. Auf der anderen Seite erzählt Ära des Widerstands eine düstere Story, die zu den niedlichen Püppchen so gar nicht zu passen scheint. Für kleinere Kinder ist Der Dunkle Kristall jedenfalls denkbar ungeeignet.
Denn die fiesen Skekse töten und foltern, was das Zeug hält – und zwischendurch intrigieren sie gegeneinander, dass es auch einem „Game of Thrones“-Fan Freude machen würde. Dazu sind sie auch optisch eher abstoßend. Subtil geht Regisseur Louis Leterrier („Die Unfassbaren“) bei der neuen Serie also nicht vor. Der Dunkle Kristall – Ära des Widerstands steht damit aber in bester Tradition anderer klassischer Fantasy-Filme wie „Willow“, „Krull“ und auch „Der Herr der Ringe“. Gut gegen Böse ist hier sehr eindeutig gezeichnet.

Der Dunkle Kristall: Überbordende Fantasy
Obwohl die Story zu Beginn eher schleppend in Gang kommt, weil die Autoren die ordentliche Menge an Charakteren erst einmal einführen und die Welt halbwegs erklären müssen, wird Der Dunkle Kristall nie langweilig. Denn ganz ähnlich wie in James Camerons „Avatar“ gibt es einfach immer etwas zu sehen oder zu entdecken. Die Detail-Versessenheit der Serie verschlägt einem nicht selten den Atem, so viele kleine Wesen wuseln über den Bildschirm, kriechen im Vordergrund vorbei oder lugen kurz aus einem Felsspalt. Das ist absolut beeindruckend.
Wie auch die Stimmen. Weil die Puppen trotz einiger Möglichkeiten mimisch doch limitiert sind, müssen die Sprecher die Emotionen erwecken, die die Puppen allein nicht transportieren könnten. Und die machen ihren Job so gut, dass die Skekse schon gruselig sind, wenn man sie nur hört. Wer gut genug Englisch kann, erfreut sich im Original sogar an einigen Topstars wie Taron Egerton, Alicia Vikander, Mark Hamill, Sigourney Weaver oder Lena Headey, die allesamt größere und kleinere Rollen übernommen haben. Eine starke Besetzung!
Eigentlicher Star der Serie bleibt dennoch die Optik. Eine so lebendige Welt, in der kaum Computertricks Verwendung finden, sondern jedes der vielen Sets von Hand gebaut ist, findet man heute kaum noch. Schon allein dafür lohnen sich die zehn Stunden Laufzeit locker. Zudem haben die Autoren aber auch noch eine spannende, wenn auch nicht komplett originelle oder gar neue Geschichte geschrieben, die aber allein durch ihre Länge schon ein Universum erschafft, von dem man gern noch mehr sehen würde.
Fazit:
Ein Hoch auf Netflix! Denn außerhalb eines Streaming-Anbieters wäre eine solche Serie wohl nie entstanden. Dazu ist Der Dunkle Kristall – Ära des Widerstands schlicht nicht mainstreamig genug. Obwohl die Serie eine durchaus konventionelle, wenn auch gute Fantasy-Story erzählt, ist die Optik der Puppenwelt so eigen, dass es garantiert nicht jedermanns Geschmack trifft. Wer aber grundsätzlich mit dieser ungewöhnlichen Idee etwas anfangen kann oder schon den Film von 1982 mochte, bekommt hier eine tolle Serie, die jede Minute lohnt.
Der Dunkle Kristall – Ära des Widerstands startet am 30. August 2019 bei Netflix.
Gesehen: Fünf von zehn Folgen
