Die Scheidung ist durch! Mit „Jessica Jones Staffel 3“ endet die Zusammenarbeit zwischen den Häusern Marvel und Netflix. Mit dem neuen Konkurrenten – Disney + startet im Herbst in den USA – wollte der Streaming-Dienst offenkundig keine Geschäfte mehr machen. Deshalb verkündete Netflix schon lange vor Ausstrahlung der dritten Staffel, dass es die letzte sein würde. Macht sich das auch qualitativ bemerkbar? Oder geben die Macher der Serie zum Finale nochmal richtig Gas?
Nach 13 Staffeln in insgesamt sechs Serien verabschieden sich die Marvel-Helden von Netflix in eine ungewisse Zukunft. Angeblich ist vertraglich geregelt, dass Disney mindestens zwei Jahre keine neue Serie mit den Netflix-Helden machen darf – und ob die Darsteller dann noch bereit sind, ihre Rollen nochmal zu übernehmen, muss zumindest bezweifelt werden. Zumal Disney die dann auf Hulu, dem Streamingdienst für ältere Zuschauer, zeigen müsste. Denn Disney + wird ausschließlich familientauglich. Sorgt Jessica Jones Staffel 3 für einen würdigen Abschied?
Jessica Jones Staffel 3: Die Handlung
Nach dem Verlust eines ihr nahe stehenden Menschen ist Jessica (Krysten Ritter) noch immer niedergeschlagen und will die dafür Verantwortliche nicht sehen – Stiefschwester Trish (Rachael Taylor). Die hat seit dem Vorfall aber selbst Superkräfte und brennt darauf, endlich böse Buben zu jagen – wie Jessica. Die hat zu allem Überfluss neben ihrer Schwester auch noch Nachbar Malcolm (Eka Darville) verloren – der arbeitet mittlerweile für die zwielichtige Anwältin Jeri Hogarth (Carrie-Ann Moss). Da kommt der Detektivin ein Bar-Flirt mit Eric (Benjamin Walker) gerade recht.
Doch der geplante One-Night-Stand befördert Jessica nicht in den siebten Himmel, sondern ins Krankenhaus. Und bald stellt sie fest, dass es ein fieser Serienkiller mit einem sehr gewöhnungsbedürftigen Sinn für Moral und Wahrheit auf sie abgesehen hat. Der geht nicht nur über Leichen, um ihr etwas zu beweisen. Er zieht auch nach und nach immer mehr von Jessicas noch funktionierender Welt in sein perfides Spiel hinein. Mit schrecklichen Folgen. Kann Jessica den Killer stoppen, bevor er etwas entfesselt, das nicht mehr aufzuhalten ist?
Jessica Jones Staffel 3: Was ist ein Held?
Wenn es ein gemeinsames Thema aller Marvel-Serien auf Netflix gibt, dann ist es die Antwortsuche auf die Frage, was es eigentlich bedeutet, ein Held zu sein. Damit kämpfte drei Staffeln lang Matt Murdock alias Daredevil. Das bereitete Luke Cage ebenso Probleme wie Danny Rand, der Iron Fist. Lediglich der Punisher, dem der Begriff Held rein gar nichts bedeutet, bildete hier eine Ausnahme. Und eben Jessica Jones, die ebenfalls keinerlei Interesse daran hatte, eine (Super)-Heldin zu sein. Bis jetzt. Denn in Staffel 3 wird sie nun doch noch von diesem Thema eingeholt.
Wie fast alle Marvel-Netflix-Staffeln ist auch diese wieder zu lang geraten und hätte in deutlich weniger Folgen erzählt werden können. Denn Showrunnerin Melissa Rosenberg, die bereits seit Staffel 1 am Ruder sitzt und für die neue Staffel die erste und letzt Folge selber schrieb, hat etliche Nebenhandlungen in ihrem Hauptplot verwoben. Und davon sind die meisten leider relativ uninteressant. Und was noch schlimmer ist: in keiner Weise spannend. Denn was sie dem Publikum hier an Charakterveränderungen auftischt, ist einfach zu viel des Guten.
Jessica Jones Staffel 3: Zu viel Handlung
Ob nun Malcolm, der arg unglaubwürdig mit seinem neuen Job hadert. Oder die todkranke Anwältin, die mit fiesen Tricks versucht, ihre Jugendliebe zurückzuholen. Und auch Trishs Karriere als neue Superheldin schlägt so manchen Haken, den keiner gebraucht hätte. Lediglich die eigentliche Story, eine Dreiecksgeschichte zwischen Jessica, Trish und dem Killer, funktioniert wirklich gut, wird aber von den anderen Handlungssträngen immer wieder ausgebremst. Dazu leisten sich die Autoren noch so manche Wendung, die dem Zuschauer einiges an gutem Willen abverlangt.
Ein echtes Highlight ist Jessica Jones Staffel 3 also nicht geworden. Aber sie kann mit einem coolen Cameo aufwarten, das hier nicht verraten wird. Und setzt gekonnt ein paar Pointen für Comic-Kenner. So probiert Trish bei der Suche nach einem Kostüm für ihr Heldenleben auch einen knallgelben Spandex-Overall an – und wendet sich mit Grausen ab. Genauso so sieht aber das Kostüm der Trish aus den Comics aus, wo sie als Hellcat seit mehr als 40 Jahren durch diverse Comicserien gezogen ist. Das reißt die Serie nicht wirklich hoch, ist aber netter Fanservice.
Das Potenzial war durchaus da und mit vier bis fünf Episoden weniger hätte das Duell zwischen Jessica Jones und dem hochintelligenten Serienkiller durchaus packend und abgründig werden können. Die Schauspieler machen ihre Sache jedenfalls gut und tragen keine Schuld dran, dass Jessica Jones Staffel 3 nicht über die vollen 13 Episoden gut unterhält. Immerhin brachten die Autoren ein vernünftiges Ende zustande. So fällt der Abschied vom Marvel-Netflix-Universum nicht ganz so schwer.
Fazit:
Auch Jessica Jones Staffel 3, der Abschied der Marvel-Helden bei Netflix, leidet unter dem Dauerproblem – zu viele Folgen. Die neue Story, die im Kern wirklich interessant ist und Potenzial hatte, neue Weg zu gehen, erstickt fast in unnötigen, langweiligen Nebenschauplätzen. Und verdreht aus dramaturgischen Gründen manche eigentlich bekannte Figur derart, dass Fans der Serie ungläubig beobachten werden, was ihnen da aufgetischt wird. Kein Desaster wie Iron Fist, aber doch eine leise Enttäuschung.
Jessica Jones Staffel 3 startet am 14. Juni 2019 bei Netflix.
Gesehen: 13 von 13 Folgen
Die Kritik zu Jessica Jones Staffel 2 finden Sie hier.