Sie nennt sich Diana Prince, ist aber eigentlich eine griechische Halbgöttin, die in DC-Comics schon seit 1941 gegen das Böse kämpft. Nun hat sie nach „Batman vs Superman“ ihren ersten Soloauftritt im Kino: Wonder Woman. Wird der Film dem Hype gerecht?
Ganz offenkundig haben die US-Kritiker zum Großteil ihre Mitte verloren. Entweder wird ein Film gerade komplett niedergemäht, wie der halbwegs unterhaltsame „Die Mumie“ mit Tom Cruise, der schnell zum schlechtesten Cruise-Film aller Zeiten geschrieben wurde. Oder sie feiern einen Film in den höchstmöglichen Tönen, wie den dort seit zwei Wochen laufenden Wonder Woman. Ist der erste Solofilm einer weiblichen Superheldin seit „Catowman“ wirklich so gut?
Wonder Woman: Die Handlung
Schon als Kind ist die kleine Diana neugierig auf das Kämpfen, dem um sie herum die Amazonen auf der Insel Themyscira ihr Leben gewidmet haben. Ob ihre Tante Antiope (Robin Wirght, „Houe of Cards“) oder ihre Mutter Hippolyta (Connie Nielsen), alle bereiten sich darauf vor, eines Tages gegen den letzten lebenden Gott der Griechen antreten zu müssen: Ares, Gott des Krieges. Gegen den Widerstand ihrer Mutter wird Diana trainiert und Jahre später als junge Frau (Gal Gadot) ist sie die beste Kämpfern, die die Amazonen je hervorbrachten. Und die stärkste: Ihre Herkunft verleiht ihr übernatürlich Stärke und Geschwindigkeit.
Eines Tages strandet Steve Trevor (Chris Pine) auf der Insel, ein britischer Spion, der im Jahr 1918 vor den Deutschen flieht. Als die Truppen des Deutschen Reichs ihn verfolgen, kommt es zum Kampf zwischen ihnen und den Amazonen – ein jahrhundertelanges Versteckspiel endet. Diana entschließt sich daher, mit Steve in die Außenwelt zu gehen und den Kampf gegen Ares zu suchen. Denn der muss ihrer Ansicht nach hinter dem fürchterlichen Gemetzel stecken, das die Menschen Erster Weltkrieg nennen. Doch bevor Diana tatsächlich zu Wonder Woman wird, muss sie in London und Frankreich einiges über die menschliche Natur lernen. Und nicht alle Lektionen gefallen ihr …
Untypischer DC-Film
Das Wichtigste zuerst: Ja, Wonder Woman ist besser als Batman vs Superman und „Suicide Squad“. Das ist ehrlich gesagt aber auch nicht so schwer. Und nein, Wonder Woman ist kein großartiger Film, aber ein ansehnlicher. Das liegt zum großen Teil tatsächlich an Gal Gadot. Die Israelin ist nicht nur zum Niederknien hübsch und zieht damit die Männer im Film sehr nachvollziehbar in ihren Bann. Sie spielt die mächtige Kriegerin, die aber so gar nichts über die „Welt da draußen“ weiß, mit genug Charme und Glaubwürdigkeit, um ihre emotionale Reise mit dem Publikum zu teilen. Einer der wichtigsten Unterschiede zu den DC-Vorgängern, die einen meist völlig kalt ließen. Sie allein trägt den Film über weite Strecken mühelos.
Auch die Chemie zwischen Gadot und Chris Pine stimmt. Und lässt einen des Öfteren schmunzeln, wenn sich die beiden Kämpfer aus derart unterschiedlichen Welten langsam annähern und einander verstehen und schätzen lernen. Ja, richtig gelesen – Wonder Woman hat sogar ein wenig Humor und streift den deplatzierten Ernst der Vorgänger ab. Besonders der Mittelteil des Films überzeugt und Dianas erster richtiger Kampf im „No Man’s Land“ des französischen Kriegsgebietes ist der Höhepunkt des gesamten Films – leider in der Mitte, statt am Ende. Danach folgt der Film dann dem ausgetretenen Pfad der Zack Snyder-DC-Filme und wird von Minute zu Minute schlechter.
Das habe ich doch schonmal gesehen?
Ohne den Endkampf zu spoilern, ließen sich hier sicher problemlos einzelne Szenen herausnehmen und in den Endkampf von Batman vs Superman schneiden, ohne dass es jemandem auffallen würde. Das typische DC-Ende in Feuer und Explosionen ist leider inzwischen richtig öde geworden und man kann nur hoffen, dass Warner bald anderen Ideengebern als dem früher mal so guten Regisseur Zack Snyder („Dawn of the Dead“, „Watchmen“) das Heft in die Hand gibt, der für Wonder Woman die Story beisteuerte.
Auch der Beginn des Films stößt mit mäßigen CGI-Aufnahmen kämpfender Amazonen übel auf, so dass tatsächlich nur der zweite Akt des Films uneingeschränkt geglückt ist. Warum Regisseurin Patty Jenkins von der US-Presse über den grünen Klee gelobt wird? Offenbar eine Mischung aus Erleichterung darüber, dass das „Frauenprojekt“ besser ausfiel als die DC-Katastrophen davor. Und die Dankbarkeit über einen ansehnlichen Film, der das Publikum zumindest an einigen Stellen emotional berührt. Letztlich macht Jenkins aus einem mittelmäßigen Plot wohl noch das Beste – aber keinen außergewöhnlich guten Film. Zumindest gelingt es ihr, trotz des eigentlich düstersten Stoffes, den bisher unterhaltsamsten DC-Film seit „The Dark Knight“ zu schaffen.
Ein Grund dafür, dass der Film nicht besser ist, sind auch die langweiligen Schurken – ein Fakt, der gern Marvelfilmen unterstellt wird. Hollywoods Lieblingsbösewicht Danny Huston („30 Days of Night“, „X-Men-Origins: Wolverine“) als Ludendorff spielt hier das öde Abziehbild eines machtgeilen deutschen Generals. Seine Helferin Isabel Maru alias Dr. Poison bleibt mit ihren Motiven für das Entwickeln fiesester Gifte gleich ganz im Dunkeln. Und auch eine gewisse griechische Gottheit, die sich natürlich sehen lässt, zieht die Wurst hier nicht vom Teller.
Fazit:
Eine starke Heldin, stimmige Chemie zwischen ihr und dem männlichen Star und einige tatsächlich für einen Superheldenfilm recht düsteren Momente im Ersten Weltkrieg, das kann Wonder Woman auf der Habenseite verbuchen. Leider verderben schwache Bösewichte, zum Teil mäßige Effekte und ein langweiliger Showdown, den DC nun schon zum dritten Mal nacheinander präsentiert, hier einiges von dem Spaß, den der Film durchaus vermittelt. Besonders die mittlere Stunde ist gelungen und zeigt, dass es eigentlich geht. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend mit „Justice League“ im November fortsetzt. Ein Wiedersehen mit Wonder Woman gibt es dort in jedem Fall. Und auch an Teil zwei soll schon gearbeitet werden.
Wonder Woman startet am 15. Juni in den deutschen Kinos.
Sie mögen es blutiger? Das Belko-Experiment startet ebenfalls am 15. Juni in Deutschland.