Texas Chainsaw Massascre

Filmkritik: Texas Chainsaw Massacre

Auch wenn der unter dem deutschen Namen „Blutgericht in Texas“ laufende „Texas Chainsaw Massacre“ ein paar Jahre älter ist, hat er doch einiges mit John Carpenters „Halloween“ gemeinsam. Hier wie dort würden viele Zuschauer schwören, dass sie einen ultrabrutalen Film gesehen haben, was nachweisbar nicht so ist. Beide zogen einen Rattenschwanz an Fortsetzungen nach sich, die fast alle deutlich blutiger ausfielen als das Original. Und beide erlebten eine Fortsetzung, die alle vorigen ignoriert und direkt am Original ansetzt. Mit Halloween und Halloween Kills haben die Macher viel Geld verdient, auch wenn man sich über die Qualität streiten kann. Wird auch der neue Texas Chainsaw Massacre seine Fans überzeugen? Das klärt die Kritik.

Sarah Yarkin
Melody und ihre Freunde wollen in Harlow, Texas, neu anfangen. Und haben potenzielle Mitbewohner eingeladen.

Die Handlung

Melody (Sarah Yarkin) und ihr Verlobter Dante (John Latimore) fahren gemeinsam mit Melodys Schwester Lila (Elsie Fisher) und Freundin Ruth (Nell Hudson) in eine Geisterstadt im ländlichen Texas, um dort eine nachhaltige Gemeinde aufzubauen. Doch ganz so leer wie erwartet, ist die Stadt nicht. Eine alte Frau (Alice Krige) lebt noch in dem Haus, das Melody und Dante eigentlich schon vor Monate gekauft haben. Und die hat nicht vor, ihr Heim zu verlassen. Zumal sie mit einem alten Mann noch einen Mitbewohner hat, der zwar kein Wort spricht, dafür aber einen mehr als bedrohlichen Eindruck macht.  Als die Polizei auftaucht und die alte Frau mitnehmen will, erleidet die einen Zusammenbruch und so begleitet ihr schweigsamer Freund und Ruth die Cops zum Krankenhaus.

Sie sollen dort nie ankommen. Denn als die Frau in den Armen des grauhaarigen Riesen stirbt, wird der zum Berserker. Er tötet den Deputy und verursacht außerdem eine schwere Verletzung beim Sheriff, was für einen Unfall sorgt. Als Ruth erwacht, muss sie mitansehen, wie der grauhaarige Mann der toten Frau die Gesichtshaut abzieht und sie als Maske aufsetzt. Dann macht er sich auf den Weg zurück in die Kleinstadt. Denn dort sind mittlerweile Dutzende junge Leute angekommen, um sich ihren Traum vom sicheren Leben auf dem Land zu verwirklichen. Für die meisten wird es ein kurzes Vergnügen, denn sie könnten in punkto Sicherheit gar nicht falscher liegen …

Eine echte Schlachtplatte

Eigentlich könnte man die Handlung des Films auch mit den Worten „Leatherface tötet viele junge Leute sehr blutig“ zusammenfassen, ohne wichtige Teile des Plots wegzulassen. Produzent Fede Alvarez, der eigentlich Regie führen sollte und von dem die Idee zur Story stammt, lässt hier auch ohne selbst zu inszenieren seine Handschrift deutlich sehen. Denn viel blutiger als der jetzige Regisseur David Blue Garcia hätte auch Alvarez den Film kaum drehen können. Auch wenn Texas Chainsaw Massacre ein lupenreiner Slasherfilm ist und kein übernatürlicher Horror wie „Evil Dead“, so nehmen sich beide Filme in Sachen Brutalität kaum etwas. Offene Brüche, durchsägte Körper, zerfetzte Gesichter – hier hat ein Film sich die Freigabe ab 18 eindeutig verdient – auch wenn die in diesem Fall von Netflix stammt und nicht von der FSK. Die hätte den Film so möglicherweise nicht in die Kinosäle gelassen und vielleicht auch nicht in den Heimkinomarkt.

Die Grundidee, das letzte überlebende Opfer des Originals einzubauen, wie zuletzt in Halloween bereits praktiziert, probieren die Macher auch hier aus. Allerdings mit eher mäßigem Erfolg. Was schlicht daran liegt, dass Jamie Lee Curtis ihre Rolle in der neuen Fortsetzung selbst spielte, während Marylin Burns aus dem Original-TCM bereits seit einigen Jahren tot ist und deshalb neu besetzt werden musste. Und mit einem anderen Gesicht ist es für Fans einfach nicht das gleiche Gefühl. Dafür die Schuld der neuen Darstellerin Olwen Fouere anzulasten, wäre daher auch nicht fair. Fakt ist aber, dass gerade durch Halloween dieser Teil der Story sehr aufgesetzt wirkt. Zu oft die gleiche Idee, das kommt nicht immer bei Horrorfans an, wenn auch erstaunlich oft.

Leatherface
Doch die Stadt ist nicht so leer wie erwartet. Und so wecken die jungen Leute ein altes Monster, das 50 Jahre geschlafen hat.

Optisch auch ohne Blut gelungen

Regisseur Garcia war vor seiner Regie-Karriere als Kameramann aktiv – und das sieht man. Denn gemeinsam mit seinem Kameramann Ricardo Diaz schafft er Bilder, die eine eigene Ästhetik entwickeln. Interessante Beleuchtung, gutes Spiel mit Licht und Schatten, spannende Perspektiven – optisch hat Texas Chainsaw Massacre eindeutig mehr zu bieten als blutige Kills. Die überlagern allerdings häufig das restliche Geschehen derart, dass es manchmal kaum auffällt, wie ordentlich dieser Slasher gefilmt ist. Leider ist Garcia vorher kein Drehbuch-Autor gewesen. Sonst wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass sein Film gut eines hätte brauchen können.

Denn was der relative Neuling Chris Thomas Devlin hier abgeliefert hat, ist keine einzige Sekunde originell oder spannend. Filme dieser Machart dürfte es mittlerweile zu hunderten geben. Wer schon ein paar dieser Filme gesehen hat, sagt vermutlich auf die Minute genau voraus, wann wer stirbt, wer das Final Girl ist und wo eine mögliche Fortsetzung ansetzt. Das ist deshalb schade, weil die guten, stimmungsvollen Bilder einen besseren Plot verdient gehabt hätten. So kommt in keiner Sekunde jenes unangenehme Gefühl auf, das Tobe Hooper mit seinem Originalfilm erzeugen konnte. Das werden aber wohl auch die wenigsten erwartet haben.

Texas Chainsaw Massacre
Bald ist Leatherface mit seiner Kettensäge vereint – und das Töten kann beginnen.

Die gute Nachricht ist: Es ist exakt das drin, was manche Slasherfans sehen wollen, anders lässt sich der Erfolg des schwachen Halloween Kills nicht erklären. Das immerhin macht Texas Chainsaw Massacre besser als die letzte Fortsetzung von Halloween – eine interessante Story wird gar nicht erst vorgegaukelt. Gracia beschränkt sich auf das Kerngeschäft, das blutige Töten, und ist deshalb auch nach 75 Minuten fertig mit seiner Erzählung. Das bedeutet auch, dass seine Protagonisten sich deutlich weniger dämlich verhalten als die Halloween Kills-Besetzung, weil dafür schlicht keine Zeit bleibt. Und wem es genügt, Menschen möglichst heftig sterben zu sehen, der kommt mit dem neuen Texas Chainsaw Massacre in jedem Fall auf seine Kosten.

Fazit:

Der neue Texas Chainsaw Massacre versucht gar nicht erst, etwas anderes zu sein als ein mega-blutiger Slasher. Er erzählt eine hauchdünne Story ohne jede Überraschung und setzt seine Akzente in heftigen Kills. Mit dem Original hat das ungefähr so viel zu tun wie die neuen Halloween-Filme mit dem Carpenter-Film. Und wer von einem Horrorfilm auch ein wenig Suspense erwartet, wird hier enttäuscht. Wem es aber genügt, gute Effekte zu erleben und Eimer von Blut aus Körpern quellen zu sehen, der könnte mit dem neuen Netflix-Film durchaus seinen Spaß haben, auch wenn hier von Humor oder Selbstironie weit und breit nichts zu merken ist. Eine Ebene, auf der ein Zuschauer Emotionen entwickeln könnte, erreicht der Film auch gar nicht. Wahre Fans der Reihe feiern daher wohl erst bei der Post-Credit-Szene.

Texas Chainsaw Massacre startet am 18. Februar 2022 bei Netflix.

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