Uncharted

Filmkritik: Uncharted

Videospiel-Verfilmungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten einen zweifelhaften Ruf erworben. Häufig finden weder Game-Fans die Inhalte wieder, auf die sie sich freuen, noch können normale Kinozuschauer den Storys viel abgewinnen. So hat kürzlich die Neuverfilmung von „Resident Evil“ verdientermaßen viel Prügel bezogen. Zwar gibt es ein paar akzeptable Versionen, so konnte der blaue Igel in „Sonic“ zumindest solide unterhalten – aber oft ist die Enttäuschung bei den Fans der Vorlagen groß. Nun steht mit „Uncharted“ die Verfilmung des gleichnamigen Videospiels vor dem Kinostart, die sich deutliche Anleihen bei Lara Croft und Indiana Jones geholt hat. Ob die Umsetzung Spaß macht, verrät die Kritik.

Tom Holland
Auf der Suche nach seinem Bruder lässt sich Nathan Drake mit dem Abenteurer Sully ein.

Die Handlung

Seit sie im Waisenhaus getrennt wurden, sucht Nathan Drake (Tom Holland, mittlerweile ein junger Mann, nach seinem Bruder Sam. Während er als Barkeeper und Gelegenheitsdieb arbeitet, sucht er nach Hinweisen auf den Aufenthaltsort seines Bruders. Daher kann er das Angebot des zwielichtigen Geschäftsmannes Sully (Mark Wahlberg) auch nicht ablehnen. Denn der verspricht ihm als Gegenleistung Informationen über Sam. Sully ist auf der Jagd nach einem sagenhaften Schatz, den die Mitglieder der ersten Weltumseglungsflotte angeblich vor der spanischen Krone versteckt haben. Um die Hinweise richtig zu deuten, braucht Sully aber die Fähigkeiten Nathans.

Schon bei seinem ersten Einsatz bei einer Auktion in New York lernt Nathan seine Konkurrenten auf der Jagd nach dem Schatz kennen. Santiago Moncada (Antonio Banderas), Nachfahre einer der Seeleute von damals und bereits megareich, hat die skrupellose Söldnerin Jo Braddock (Tati Gabrielle) engagiert, um die Hinweise auf den Schatz zu besorgen. Und die macht Nathan und Sully schnell klar, dass sie alles tun wird, um dieses Ziel zu erreichen. Bald fliegen den beiden die Kugeln nur so um die Ohren. Aber der clevere Nathan hat trotzdem die Spur des Schatzes aufnehmen können. Und die führt nach Barcelona und zu der Abenteurerin Chloe (Sophia Ali) …

Stolperstart weggesteckt

Uncharted hatte keinen leichten Weg vom Spielerfolg zum Film. Jahrelang befand sich das Projekt in der Entwicklung, diverse Regisseure, Autoren und Schauspieler waren zu irgendeinem Zeitpunkt in den Film involviert – und verschwanden auch wieder. Schließlich blieb Regisseur Ruben Fleischer („Zombieland“, „Venom“) an Bord, um den Film zu drehen, der wegen des jungen Hauptdarstellers Tom Holland als Prequel zu den Spielen fungieren sollte (Nathan ist in den Spielen deutlich älter). Und Mark Wahlberg, der bereits 2010 Teil des Projekts war, kehrte nun in der Rolle des älteren Sully zurück. Hat dieses jahrelange Hin und Her dem Film deutlich geschadet? Falls ja, hat dieser Umstand einen großartigen Film verhindert, denn sehr solide Unterhaltung ist Uncharted noch immer.

Das Drehbuch eines Autoren-Trios nimmt sich dabei kein einzelnes Spiel als Vorbild, sondern holt sich Anregungen aus allen Teilen der Reihe. Und so sind die Action-Sequenzen des Films auch eindeutig das Beste. Vor allem die Flugzeug-Szene, in der Nathan sich über zusammengebundene Ausrüstungskisten, die hinten aus dem Laderaum hängen, wieder ins Flugzeug zurück kämpfen muss, ist eines der Highlights des Films. Denn Fleischer kombiniert hier herausragende Stunts mit dem passenden Humor, um die völlig überdrehte Action sehr unterhaltsam zu inszenieren. Dabei hilft Hollands Talent für körperliche Leistungen, der ehemalige Turner ist für den agilen Nathan Drake tatsächlich eine gute Besetzung.

Sophia Ali
Gemeinsam mit Sullys Kontakt Chloe kämpft sich Nathan durch die Kanäle unter Barcelona.

Nicht ganz wie im Spiel

Zwar ist der junge Nathan hier deutlich naiver als die Fans die Figur aus den Spielen kennen, aber er ist eben auch jünger. Daher ist Hollands Pfadfinder-Attitüde auch durchaus passend – Nathan ist noch nicht der erfahrene Schatzjäger späterer Abenteuer. Auch Mark Wahlberg als Sully macht einen guten Job. Selbst wenn er mit dem Charakter aus den Spielen optisch kaum Ähnlichkeit aufweist. Aber in Zusammenarbeit mit den Autoren gelingt es Wahlberg, die Rolle lange ambivalent zu halten und dem Zuschauer, der die Spiele nicht kennt, lange zu verschleiern, auf welcher Seite Sully wirklich steht. Tati Gabrielle, Netflix-Zuschauern vielleicht schon als Hexe aus „Sabrina“ bekannt, ist als Schurkin gewohnt gut. Auch Sophia Ali kann in ihrer Rolle als Chloe glänzen, Banderas liefert gewohnt gutes Spiel ab.

Was Spiele-Fans dem Film zurecht vorwerfen dürfen, ist die Gewichtung der Story. Denn in den Spielen nehmen die Suche nach Spuren und zum Teil komplexe Rätsel viel Zeit in Anspruch. So muss Nathan manchmal im Gebälk einer alten Kirche herumklettern, um Hinweise zu finden. Diese Mischung gelingt Fleischer nicht. Vielleicht aus Angst vor zu ruhigen Szenen haben die Rätsel eher einen rudimentären Platz in der Story bekommen. Das ist schade, denn hier verschenkt Uncharted viel von der Atmosphäre, die die Spiele so gut macht. Dennoch gelingt es Fleischer und seiner Crew, hin und wieder echtes Uncharted-Gefühl auf die Leinwand zu bringen. Das ist bei Videospiel-Verfilmungen bisher nicht vielen gelungen.

Antonio Banderas
Milliardär Santiago Moncaba ist ebenfalls auf der Jagd nach dem Goldschatz.

Und so ist die erste Spiele-Adaption, an der Sony mit seinem neuen Label Playstation Productions beteiligt war, unter dem Strich gelungen. Weil sie durchgehend unterhält, keine Längen aufweist und mit sympathischen Darstellern punkten kann. Zwar entwickelt Uncharted nie den Zauber der Indiana Jones-Filme, die letztlich sowohl Lara Croft als auch Uncharted als Vorlage dienten. Aber neue Filme an diesen Klassikern zu messen, scheint auch etwas zu ambitioniert. Wer die Spiele nicht kennt und daher ohne besondere Ansprüche ins Kino geht, wird auf jeden Fall Spaß haben.

Fazit:

Perfekt ist die Adaption der Spielereihe Uncharted als Kinofilm nicht geworden. Dafür ist die Hauptfigur etwas zu weit entfernt vom Game-Helden, legt Regisseur Ruben Fleischer den Schwerpunkt des Films etwas zu stark auf Action-Sequenzen und vernachlässigt die ebenso spannende Spurensuche. Aber die Darsteller haben sichtbar Spaß an ihren Rollen, Helden und Bösewichter funktionieren gut und wer zu welcher Gruppe gehört, beleibt bei ein paar Charakter erfreulich lange ungewiss. Dass puristische Fans der Games hier mit vielen Dingen nicht ganz zufrieden sind, lässt sich nachvollziehen, dennoch gehört Uncharted zu den besseren Videospiel-Verfilmungen der vergangenen Jahre. Und wer die Spiele noch nicht kennt, greift nach diesem Film vielleicht zum Controller.

Uncharted startet am 17. Februar 2022 in den deutschen Kinos.

Tati Gabrielle
Dafür heuert er die skrupellose Söldnerin Jo Braddock an. Und die macht mit ihren Männern Jagd auf Nathan.