They Want me dead

Filmkritik: They Want Me Dead

Taylor Sheridan gehört zu den momentan spannendsten Filmemachern der USA. Als Drehbuch-Autor zeichnete er für Erfolge wie „Sicario“ und „Hell or High Water“ verantwortlich, bevor er mit „Wind River“ auch als Regisseur in Erscheinung trat und einen der besten Thriller der vergangenen Jahre schuf. Danach wandte er sich einer Serie zu und war einer der Schöpfer des US-Hits „Yellowstone“. Und nun hat er nicht nur das Drehbuch zu den berühmten Romanen „Tom Clancy’s Gnadenlos“ und „They Want Me Dead“ geschrieben, sondern letzteren auch noch als Produzent und Regisseur umgesetzt. Erkennt der Fan auch bei adaptierten Stoffen die Handschrift Sheridans? Das klärt die Kritik.

They Want Me Dead
Nach einem traumatischen Erlebnis findet Feuerwehrfrau Hannah nicht zurück in die Spur.

Die Handlung

Hannah Faber (Angelina Jolie) ist eine Feuerspringerin, eine Lösch-Expertin, die mit dem Fallschirm in Waldbrandgebieten abspringt, um am optimalen Ort die Flammen bekämpfen zu können. Doch seit bei einem Einsatz drei Kinder vor ihren Augen verbrannten und sie sich die Schuld daran gibt, ist sie kaum noch in der Lage, ihren Job auszuüben, denkt sogar an Selbstmord. Daher wird sie, sehr zur Freude ihres Ex-Freundes Ethan (Jon Bernthal), einem Cop, auf einen Aussichtsturm versetzt, von dem aus sie nach Bränden Ausschau halten soll. Doch auch dort werden die Erinnerungen an den Tod der Kinder nicht blasser.

Gleichzeitig ziehen die zwei Killer Jack (Aidan Gillen) und Patrick (Nicholas Hoult) durch die Gegend, um unliebsame Mitwisser eine politischen Affäre zu beseitigen. Während sie ihr erstes Opfer, einen Staatsanwalt, noch problemlos in die Luft jagen können, ist ihr zweites Opfer schlauer. Der Buchhalter Owen (Jake Weber) erfährt aus den Nachrichten vom Anschlag auf den Staatsanwalt und zieht die richtigen Schlüsse. Er packt seinen Sohn Connor (Finn Little) ins Auto und flieht. Doch die Killer stellen ihn in den Bergen von Montana. In seiner Not schickt Owen seinen Sohn in die Wälder, um ihn vor dem Killern zu schützen. Und dort trifft er nach kurzer Zeit auf Hannah, die schnell merkt, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt. Sie weiß aber nicht, dass Owens Spur, der die Killer folgen, auch zu Ethan und seiner Frau führen …

Retro-Charme mit frischem Wind

Der Plot klingt vertraut: Ein Held (in diesem Fall eine Heldin) mit Problemen muss in der Stunde der Not über sich hinauswachsen, um inmitten wilder Naturgewalt die Schurken zu besiegen. Das erinnert an Stallones Bergsteiger-Actioner „Cliffhanger“ oder an „Am wilden Fluss“ mit Meryl Streep. Und die Ähnlichkeiten zwischen diesen Filmen und They Want Me Dead lassen sich auch nicht wegdiskutieren. Dass der Film dennoch eine ganz andere Tonart anschlägt und sich trotz leichten Retro-Charmes von den 90er-Actionhits abhebt, liegt an Taylor Sheridans Inszenierung. Denn wie schon in seinen vorherigen Filmen dampft der Regisseur und Autor seine Geschichten auf das Nötigste zusammen. Wie Wind River läuft auch They Want Me Dead deshalb deutlich unter zwei Stunden.

Das gelingt, indem er Charakterzeichnung und Handlung miteinander verbindet. So lässt er das Killer-Duo zu Beginn des Films fast gelangweilt über die weiteren Reisepläne sprechen, während hinter ihnen das Haus des Staatsanwaltes explodiert. Nach Ansicht Sheridans ist das alles, was man als Zuschauer über Jack und Patrick wissen muss – und er hat Recht. Als gnadenlose, eiskalte Mörder ohne Gewissen funktionieren beide ausgezeichnet. Das wundert bei Aiden Gillen, der mit Littlefinger einen der meistgehassten Charakter in „Game of Thrones“ spielte, nicht wirklich. Aber dass auch der sonst meist in Heldenrollen eingesetzte Nicholas Hoult hier als absoluter Fiesling brilliert, erstaunt dann doch.

They want me dead
Auftragskiller Jack jagt einen Jungen, der sich in den Wäldern versteckt. Also muss eine Ablenkung her!

Die Natur als Star

Dazu spielt wie in allen Drehbüchern und Filmen Sheridans die Natur eine Hauptrolle. War das in Sicario die Wüste an der Grenze zu Mexiko, zeigte er in Wind River den Norden Wyomings in erhabenen Bildern. In They Want Me Dead sind die Berge und Wälder von Montana neben Angelina Jolie und Jon Bernthal die Hauptdarsteller. Ihnen zollt Sheridan in wunderschönen Aufnahmen seinen Tribut. Und ihnen weist er auch die Verantwortung für die Charaktere seiner Helden zu. Ob Ethan, seine hochschwangere Frau Allison oder Hannah, es sind wortkarge, aber in sich ruhende Menschen, die wenig heldenhafte Ambitionen in sich tragen, sondern einfach nur das Richtige tun wollen. Geerdete Typen inmitten überwältigend schöner Natur, die demütig werden lässt. Pathos hat da nur wenig Platz. 

Ein weiteres Markenzeichen von Taylor Sheridan ist die Art, wie er Gewalt darstellt. Bei ihm gibt es keine minutenlangen Schießereien, Kugeln sind schnell tödlich und Sheridan zeigt Gewalt fast naturalistisch, weder blendet er sie aus, noch überzeichnet er sie. Auch das verleiht They Want Me Dead einen realistischeren Touch als den meisten Actionfilmen. Dennoch gibt es auch Kritikpunkte. Denn auch wenn Sheridan hier durchaus seine Duftmarken setzt, ist der Plot eben nicht sonderlich originell. Und so dürften erfahrene Filmfans den Großteil der Handlung bereits nach zwanzig Minuten voraussagen können. Keine besonders gute Eigenschaft bei einem Thriller. Allerdings lässt sich nicht sagen, ob Sheridan daran die Schuld trägt oder ob es an der literarischen Vorlage von Michael Koryta liegt, der auch am Script mitarbeitete.

They Want me Dead
Hannahs Ex-Freund Ethan merkt schnell, dass sich in seinem Gebiet finstere Gestalten herumtreiben.

Spannung bezieht der Film daher auch mehr aus dem durchweg guten Spiel der Darsteller und dem Überlebenskampf einiger Nebenfiguren, dessen Schicksal nicht so klar auf der Hand liegt wie das der Heldin. Und auch hier geht Sheridan typische, eigene Wege. Dass alle Bösen sterben und alle Guten überleben ist nichts, was man als Zuschauer in einem Taylor Sheridan-Film erwarten darf. Daher muss das Publikum tatsächlich um einige Figuren fürchten. Und das ist, bei aller sonstigen Überraschungsarmut, eben nicht im Vorfeld zu sagen. So entschädigt das emotionale Finale dann auch ein wenig für die schablonenhafte Story.

Fazit:

Mit They Want Me Dead werden vor allen Fans von Actionfilmen der 90er Jahre ihren Spaß haben. Regisseur und Autor Taylor Sheridan lässt hier seine Helden nie überlebensgroß werden, sondern zeigt eine weitgehend realistische Story vor dem monumentalem Hintergrund eines Waldbrandes. Sheridans Inszenierung unterscheidet sich allerdings deutlich von denen typischer Actionfilme, er setzt ganz andere Akzente, stellt andere Szenen seines Films ins Zentrum der emotionalen Story und inszeniert auch Gewalt anders als viele seiner Vorgänger. Daher besitzt They Want Me Dead eine Frische, die den sehr vorhersehbaren Plot deutlich erträglicher macht. Für Fans des Regisseurs dürfte er trotzdem eine leise Enttäuschung sein, denn mit Wind River oder Yellowstone kann er nicht konkurrieren. 

The Want Me Dead startet am 3. Juni 2021 bei Sky und als VoD.

Angelina Jolie
Kann Hannah den jungen Connor vor zwei Killern und einem Waldbrand retten?