Warrior Nun

Serienkritik: Warrior Nun

Ob an der Spitze der Programm-Planung von Netflix ein ausgemachter Comicfan sitzt oder die Erfolge von Marvel und DC an den Kinokassen dafür verantwortlich sind, weiß man nicht. Aber es ist auffällig, wie viele Comic-Adaptionen sich der Streamingdienst zurzeit leistet. Ob „Umbrella Academy“, der bald erscheinende „The Old Guard“ oder Serien wie „October Faction“ – sie alle basieren auf Comics – wie auch die neue Serie „Warrior Nun“, die sich verdächtig nach „Buffy“ anhört. Ist das so – und ist sie auch so gut?

Auf dem Papier ist Warrior Nun eine US-Serie. Aber die Macher haben nicht nur in Europa gedreht, sondern auch jede Menge Schauspieler von dort verpflichtet. Daher kann die neue Netflix-Serie kaum mit bekannten Namen aufwarten, wenn man „Desperado“-Bösewicht Joaquim de Almeida einmal ausnimmt. Wie schlägt sich das Ensemble in einer Serie, die sich nach Kurzbeschreibungen nicht sehr viel anders anhört als viele Netflix-Serien, in denen schöne junge Darsteller mit übernatürlichen Phänomenen zu tun haben?

Warrior Nun
Eben noch tot, nun im Kampf gegen das Böse: Für die junge Ava kommt es knüppeldick.

Warrior Nun: Die Handlung

Ava (Alba Baptista) ist tot. Die 19-jährige, querschnittsgelähmte Frau, die mehr als ihr halbes Leben in einem Kinderheim verbrachte, starb im Schlaf und liegt nun auf der Bahre in den Katakomben einer Kirche im spanischen Malaga. Doch das Schicksal hat anderes mit Ava vor, als sie endgültig sterben zu lassen. Bei einem Kampf Gut gegen Böse versteckt eine Nonne in der Leiche den Heiligenschein eines Engels, den Halo. Der sorgt dafür, dass Ava wieder zum Leben erwacht – und plötzlich laufen kann. Zuerst kann sie ihr Glück kaum fassen, noch am Leben zu sein.

Doch schon bald lernt sie den Preis kennen, den dieses Geschenk mit sich bringt. Ein geheimnisvoller, Jahrhunderte alter Orden der katholischen Kirche bildet Nonnen zu knallharten Kämpferinnen gegen Dämonen aus – und die Trägerin des Halo ist traditionell die Anführerin dieser klerikalen Eingreiftruppe. Doch Alba hat weder Erfahrung im Kampf, noch damit, Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. Und so amüsiert sie sich lieber mit dem attraktiven JC (Emilio Sakraya) und dessen Freunden, als zu kämpfen. Aber kann das gut gehen?

Warrior Nun: Jeder Zoll ein Comic

Wo eine Comic-Adaption angekündigt wird, steckt – zumindest in diesem Fall – auch eine drin. Während als Graphic Novel gehandelte Stories oft durchaus Tiefgang mitbringen, will Warrior Nun offenkundig nie mehr, als das Publikum möglichst durchgehend zu unterhalten. Glaubwürdigkeit, komplexe Charaktere oder starke Dialoge sucht das Publikum hier vergeblich. Dafür konzentriert sich die Serie aus der Feder des Showrunners Simon Barry („Ghost Wars“, „Van Helsing“) auf andere Tugenden der Unterhaltung. Und das gar nicht mal schlecht.

Denn auch wenn es hier durchaus einiges zu kritisieren gibt, so stimmen doch andere wichtige Zutaten für eine gute Serie. Angefangen mit Alba Baptista. Die 23-jährige Portugiesin, die einem internationalen Publikum bisher weitgehend unbekannt sein dürfte, spielt ihre Hauptrolle mit derart viel Charme und Einsatz, dass sie den Zuschauer fast schon allein dazu nötigt dranzubleiben. Zudem bringt sie genau die richtige Portion Selbstironie mit, um einer Serie den richtigen Ton vorzugeben, deren Helden Namen wie „Shotgun Mary“ tragen.

Warrior Nun
Da geht sie doch lieber mit ihren neuen Freunden um den gut aussehenden JC feiern.

Warrior Nun: Horror light mit Augenzwinkern

So ganz biter ernst ist Warrior Nun nicht gemeint, das lässt sich an vielen Stellen feststellen. Dazu gelingt es Barry und seinen Autoren-Kollegen auch immer wieder, popkulturelle Referenzen unterzubringen – die Serie darf schon deshalb ruhig mit Buffy verglichen werden. So meisterhaft wie einst Joss Whedon und seinem Team gelingt das hier zwar nicht, für ein paar Schmunzler sind die Anspielungen aber allemal gut. Und die Idee, Ava ihre Erlebnisse aus dem Off kommentieren zu lassen, funktioniert ebenfalls recht ordentlich und ist für witzige Momente gut.

Abzüge gibt es, wie häufig bei Netflix-Fantasy-Serien, für die Tricks, die im offenbar doch recht knappen Budget vielleicht auch nicht besser zu machen waren. Was Warrior Nun dem Publikum hier als Dämon auftischt, ist aber nicht sonderlich gelungen. Wer das als Teil des leicht trashigen Charmes der Serie wahrnimmt, wird sich daran aber kaum stören. Ebenso wenig wie an den optisch durchaus ansprechenden, dramaturgisch aber oft sehr merkwürdigen Kampfszenen. Wenn sie zwei Kriegernonnen kreuz und quer über ein Fährschiff prügeln, hat das schon etwas Skurriles.

Ordentlich ist hier bei aller Vorhersehbarkeit auch die Story, denn den Autoren gelingt es, verschiedene Machtgruppen als Gegner aufzubauen und sie zumindest bis zur Hälfte der Serie so undurchsichtig zu halten, das fast jeder Twist in die eine oder andere Richtung noch möglich scheint. Und das ist mehr, als manch deutlich höher gehandelte Serie zustande bringt. Warrior Nun ist zwar letztlich eine recht flache Comic-Adaption, macht genau deshalb für Fans solcher Storys aber einfach eine Menge Spaß. Und genau die sollten auch einschalten.

 Fazit:

Warrior Nun ist nicht Shakespeare. Da sich die Serie dessen aber durchaus bewusst ist und exakt das sein will, was sie ist – lockere Unterhaltung im Fahrwasser von Buffy oder October Faction – macht das gar nichts. Zwar sind die Tricks nicht auf Kino-Niveau und auch die Dialoge lassen durchaus noch Luft nach oben. Dafür punktet die Serie mit einer tollen Hauptdarstellerin, einem schön wilden Plot und jeder Menge Möglichkeiten, wie dieses flott erzählte Dark-Fantasy-Spektakel wohl zu Ende gehen könnte. Das hat Netflix schon deutlich schlechter gemacht als hier.

Warrior Nun startet am 2. Juli 2020 bei Netflix.

Gesehen: Fünf von zehn Folgen

Warrior Nun
Doch das Böse schläft nicht. Trägt es das Gesicht der Konzernchefin Jillian Salvius?