Patrick Melrose

Serienkritik: Patrick Melrose

Mit „Patrick Melrose“ hat der fleißige Benedict Cumberbatch eine Rolle übernommen, die zwischen Humor und Tragödie hin und herkippt. Als schwer drogensüchtiger Millionär mit furchtbarer Kindheit zeigt der Brite in der fünfteiligen Mini-Serie nach einer Romanreihe erneut, wie vielseitig er ist. Und wie wenig er sich dafür interessiert, ob seine Rolle dem Publikum sympathisch ist oder nicht.

Der Brite Edward St. Aubyn hat in insgesamt fünf Romanen semi-autobiografisch von seinem Helden Patrick Melrose erzählt, der aufgrund einer schrecklichen Kindheit als Erwachsener kaum ein paar Stunden ohne Drogen und Alkohol auskommt. Diese Bücher dienen als lose Vorlage für die fünf Teile der Serie, zu der eine Fortsetzung vermutlich nicht kommen wird. Zwei der fünf Folgen zeigte Sky, der deutsche Heimatsender der Serie, vorab.

Patrick Melrose
Harte Nacht gehabt? Patrick in Berufskleidung.

Patrick Melrose: Die Handlung

Der Tag beginnt mit einer Nachricht, die für die meisten Menschen auf der Welt schrecklich wäre, Patrick Melrose (Benedict Cumberbatch) aber ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Sein Vater David (Hugo Weaving) ist gestorben. Patrick hat ihn offenkundig sehr gehasst und macht ihn verantwortlich für sein von Drogen und Alkohol gezeichnetes Leben. Bereits den Flug von London nach New York, wo der Vater starb, traut sich Patrick nicht ohne einen Schuss Heroin zu.

Im Big Apple präsentiert Patrick dann die ganze Bandbreite des Benehmens eines harten Junkies. Vom Drogenkauf in miesester Gegend über eine Fast-Überdosis und Versuchen, ein ganz normales Verhalten an den Tag zu legen, ist alles dabei. Wie übel die seelische Verfassung des Titelhelden ist, macht die erste Folge mehr als deutlich. Erst die zweite aber zeigt, was für gute Gründe Patrick hat, sich jede wache Minute den Verstand wegzuknallen …

Patrick Melrose: Kindheits-Horror

Denn Hugo Weaving, der zwar ab und zu auch nette Rollen („Der Herr der Ringe, „Priscilla“) spielte, aber meist doch den Bösewicht („Matrix“, „Captain America“) gab, zeigt Patricks Vater als derartigen Kotzbrocken, Sadisten und eiskalten Egomanen, dass man manchmal kurz darüber nachdenkt, die Serie abzuschalten. Dann allerdings würde man nicht nur eine sehr gut geschriebene, sondern eine noch besser gespielte Mini-Serie verpassen.

Denn Benedict Cumberbatch („Sherlock“) spielt Patrick Melrose so intensiv, dass man als Zuschauer sofort eine Verbindung zu ihm aufbaut. Selbst wenn man seinen Lebenswandel alles andere als gut heißt. Dazu kommt mit Jennifer Jason Leigh als Patricks Mutter Eleonor eine weitere sehenswerte Schauspieler-Leistung. Denn sie zeigt dem jungen Patrick, wie gut man sich mit genug Alkohol aus der Verantwortung für das eigene und andere Leben stehlen kann. Leigh gelingt es, die devote, dauerhaft betrunkene Frau realistisch und tragisch auf den Bildschirm zu bringen.

Patrick Melrose
Patricks hat es getestet: Die Asche seines Vaters wurde in einer unzerstörbaren Kiste geliefert.

Patrick Melrose: Schwärzester Humor

Trotz all der dunklen und ganz dunklen Themen, die die Serie behandelt, hat Patrick Melrose auch lustige Momente zu bieten. Zumindest, wenn man auf sehr schwarzen Humor steht. So landet Patrick beispielsweise aus Versehen auf der Suche nach der Leiche seines Vaters im Bestattungsinstitut auf einer Party. Oder er wird im letzten Moment nicht auf der Straße erstochen, weil sein Dealer rechtzeitig erscheint, um ihn zu retten, wonach sich der Fast-Mörder namentlich vorstellt und zum Abschied die Hand reicht. Das muss man nicht lustig finden, aber man kann.

Oft bleibt aber das Lachen auch im Hals stecken, wenn stattdessen das Mitleid für einen zutiefst verletzten und ruinierten Menschen überwiegt. Konsequenterweise sind auch die Rückblenden in Patricks Kindheit allesamt komplett humorfrei und zeigen seinen Leidensweg mit der gebotenen Bitterkeit. Und das macht auch den oftmals bösen, unfreundlichen und ekelhaften erwachsenen Patrick immer zu einer tragischen Figur, die Mitleid verdient. Eine reife Leistung des Autors David Nicholls („Bridget Jones‘ Baby“), der den vielen kaputten Figuren der Serie gekonnt eine Seele gibt.

Und Regisseur Edward Berger, der alle fünf Folgen inszenierte, fängt mit seinem Kameramann James Friend Patricks Drogenexzesse derart interessant ein, dass man sich schon ein wenig auf dessen nächsten Absturz freut. Und sei es nur, um zu sehen, was den Kreativen dafür nun wieder eingefallen ist. So ist Patrick Melrose ein Genuss für Fans anspruchsvoller Dramen und toller Schauspieler-Leistungen – auch wenn man die Romane nicht kennt.

Fazit:

Schwarz und düster, aber auch voller Humor und viel Emotion, zeigt Patrick Melrose nicht nur erneut das große Können von Benedict Cumberbatch. Sondern auch ein intensives Drama um den Horror der Kindheit und die sehr kurzen Momente, in denen Drogen dagegen helfen. Dass Cumberbatch derart vom Stoff überzeugt war, dass er neben der Hauptrolle auf den Produzenten-Job übernahm, spricht für sich. Die Edel-Bitter-Schokolade unter den aktuellen Serien.

Patrick Melrose läuft ab dem 29. Mai 2018 bei Sky.

Patrick Melrose
Danke genug Heroin im Körper gibt Patrick bei der Einreise in die USA den lässigen Briten.