Serienkritik: Lucifer

Weil es dem Teufel in der Hölle zu langweilig wird, begibt sich Lucifer in die Stadt der Engel und macht dort einen Nachtclub auf. Interessant wird es, als er durch eine Verkettung seltsamer Umstände plötzlich zum Berater des dortigen Police-Departments aufsteigt, sein höllischer Charme ausgerechnet an seiner Cop-Partnerin abprallt und sein Vater in dringend wieder in seinem angestammten Terrain sehen will. Die etwas andere Krimiserie ist vor allem eins: Sehr witzig.

Auch wenn es eigentlich so gar nicht auf der Hand liegt, so könnten doch ausgerechnet trauernde „Castle“-Fans hier eine Ersatzdroge finden. Zwar muss Lauren German als Detective Chloe Decker dafür noch etwas zulegen, aber Tom Ellis und seine Ein-Mann-Show als Lucifer Morningstar kann Nathan Fillion in Sachen Humor bereits das Wasser reichen. Hier wie dort sind die Fälle oft Nebensache, Spaß machen die Figuren so schon genug. Allerdings – und das ist die schlechte Nachricht für Fans mit mäßigen Sprachkenntnissen – leider nur auf Englisch.

Darum geht es in Lucifer

Ja, eigentlich ist Lucifer eine Krimiserie mit dem Fall der Woche – und dazu eine leichte übergreifende Handlung, die in Staffel 1 aber noch nicht übermäßig ins Gewicht fällt. Lucifer ist stets mit Detective Chloe Decker unterwegs, einer jungen Beamtin, die von einem Cop geschieden, mit einer Tochter gesegnet und einer ehemaligen, kurzen Schauspiel-Karriere gestraft ist. Ihr Ex (Kevin Alejandro), von Lucifer im Original nur „Detective Douche“ genannt, ist ebenfalls Detective und hat eine schwierige Beziehung zu Chloe. Dann ist da noch Psychiaterin Dr. Martin, die Lucifer regelmäßig konsultiert, sich mit Sex bezahlen lässt und natürlich das Gerede von Lucifers Bruch mit seinem himmlischen Vater rein metaphorisch versteht. Lucifers Bodyguard und Barfrau Mazikeen (Leslie-Ann Brandt), ein waschechter Dämon, hat da schon mehr Einblick in Lucifers Seelenleben, möchte aber eigentlich nur wieder nach Hause – in die Hölle. Und sein Bruder Amenadiel (D.B. Woodside) soll ihn zu genau dieser Rückkehr überreden – als Engel und Bote Gottes. Doch Lucifer denkt nicht daran, er findet die Menschen um ihn herum viel zu faszinierend – allen voran Chloe. Denn die ist nicht nur immun gegen seine Fähigkeit, Leute dazu zu bringen, ihre geheimen Leidenschaften auszuplaudern, in ihrer Nähe verliert er sogar die gottgegebene Unverwundbarkeit. Das ist ein Rätsel, das dem Teufel würdig ist, oder nicht?

Darum muss man Lucifer sehen

Es gibt zwei Hauptgründe, sich diese Serie anzusehen – und beide heißen Tom. Der eine – Ellis – ist ein derartiger Casting-Glücksfall, dass es einem bereits nach fünf Minuten Pilotfolge den Atem verschlägt, so perfekt spielt der Brite die Rolle des gefallenen Engels. Der andere – Kapinos – schrieb schon sehr erfolgreich die Serie „Californication“ und bringt auch in Lucifer genau so viel schlüpfrige Texte unter, wie der kreuzbrave Network-Sender FOX das gerade noch ertragen kann. Zugegeben, die Fälle sind nicht immer spannend, aber der große Handlungsbogen, der sich nach den ersten Folgen langsam aufbaut, ist sehenswert und vor allem originell. Denn er stellt den Himmel, die Hölle und alle Geschöpfe darin doch deutlich menschlicher dar, als der Religionsunterricht uns gelehrt hat.

Neben Ellis noch zur Geltung zu kommen, ist wirklich nicht leicht, aber die starke Frauenriege, allen voran Brandt und Rachael Harris als Dr. Linda Martin, erkämpfen sich Folge um Folge ihren Raum und auch mehr Platz im Herzen der Zuschauer. Nur Lauren German als Chloe hat in Staffel 1 noch Luft nach oben, legt aber in der zweiten Staffel auch deutlich zu.

Die Sprache

In Deutschland wird extrem gut synchronisiert und jeder, der das nicht zu würdigen weiß, sollte sich mal Serien im Ausland ansehen. Aber dieser Ellis ist schlicht nicht synchronisierbar, ohne dass etwa verloren geht. Angefangen beim britischen Akzent, der in L.A. stark auffällt, in der deutschen Version jedoch nicht. Aber auch Sprachmelodie, Rhythmik und Betonung sind so einmalig, dass die deutsche Fassung hier nur verlieren kann – und das auch tut. Wenn Lucifer Chloes Tochter Trixie kennenlernt, sich vorstellt und nach ihrem entsetzten „Like the devil!“ ein beglücktes „Exactly“ ausstößt (siehe dazu auch den Trailer), dann ist das einfach nicht besser zu machen und bringt die ganze Figur des Lucifer Morningstar in diesem einen Moment auf den Punkt. Und das ist große Serie!

Die Wurzeln

Ursprünglich beruht die Serie auf einem Comic von DC. Der begnadete Autor Neil Gaiman (die Serie „American Gods“ nach einem von ihm verfassten Roman startet im Herbst) schuf einst seine preisgekrönte Serie „Sandman“  – und Lucifer wurde ein Teil davon. Irgendwann bekam der Teufel sogar eine eigene Serie, die allerdings bis auf die Ausgangsposition nicht viel mit der TV-Show zu tun hat. Dennoch sollen die Wurzeln der cleveren Idee hier nicht verschwiegen werden. 

Mazikeen (Leslie-Ann Brandt) sieht nicht nur so aus, sie ist ein echtes Biest.

Die Zukunft

In den USA startete die erste Staffel mit 13 Folgen als so genannte Midseason erst im Januar 2016, holte aber so gute Quoten und Kritiken, dass Staffel 2 bereits im September an den Start ging und bald von 13 per Back-Nine-Order auf eine volle Staffel von 22 Folgen verlängert wurde. Die Serie holt zwar keine Traumquoten (sie liegt bei 3,5 bis 4 Millionen Zuschauer), hat aber ein festes Publikum und hält ihr gutes Niveau bisher weiter. Ob Staffel 2 bald auf Amazon Prime zu sehen sein wird wie die gesamte erste, dazu gibt es von Amazon noch keine Stellungnahme. Ab 1. Februar startet Staffel 1 jedenfalls auf Pro Sieben im Free-TV – immer um 22:15. Damit dürfte die Serie, die auf Deutsch eine Freigabe ab 16 Jahren hat, von Schnitten verschont bleiben. 

Fazit:

Diese Serie steht und fällt mit Tom Ellis: Mag man ihn, dann hat man unanständig viel Spaß. Kann man mit ihm nichts anfangen, kann man eigentlich aufhören, sich die Serie anzusehen. Einziges Manko: Als Network-Serie von FOX ist sie optisch immer einen Hauch zu brav (keine nackten Tatsachen), als HBO-Show wäre Lucifer wahrscheinlich noch deutlich besser. Aber man kann eben nicht alles haben. Den unterhaltsamsten Teufel, der je in Serie ging, sollte man aber trotzdem nicht verpassen!

Mehr über die zweite Staffel der Serie finden Sie hier.

Die Kritik zu Staffel 5 gibt es hier.