Oscar Isaac

Serienkritik: Moon Knight

Mit „Moon Knight“ schickt das MCU erstmals einen ganz neuen Superhelden als Serie zu Disney+. Als Comic-Charakter erblickte der Mondritter 1975 das Licht der Welt und gehört damit nicht zu den großen Figuren Marvels, die schon in den frühen und mittleren 60ern hauptsächlich von Stan Lee, Jack Kirby und Steve Ditko geschaffen wurden. Viele Kritiker der damaligen Zeit betrachteten Moon Knight wegen der ähnlichen Optik und des Namens als Marvels Versuch, eine Art Batman zu etablieren. Ob das stimmt, bleibt ein Geheimnis. Kein Geheimnis ist, dass der Charakter lange nicht so erfolgreich wurde wie der dunkle Ritter. Kann die neue Disney-Serie das ändern?

Oscar Isaac im Bett
Für Steven Grant ist jede Nacht die Hölle, denn er hat Angst einzuschlafen.

Die Handlung

Steven Grant (Oscar Isaac) arbeitet im ägyptischen Museum in London als Verkäufer und ist damit total überqualifiziert. Denn der schüchterne Mann ist ein ausgewiesener Experte in den Mythen des alten Ägyptens. Zurzeit plagen Steven aber andere Sorgen als die Geringschätzung im Job. Der Junggeselle leidet unter Schlafstörungen und Filmrissen. Immer wieder erwacht Steven an Orten, die er vorher noch nie gesehen hat und hat dann keine Ahnung, wie er dorthin gelangt sein könnte. Mittlerweile hat er sich deshalb schon eine Schlafstätte zusammengebaut, die mit Fußfessel und Spuren-Detektor ausgerüstet ist. Doch auch diese Maßnahmen lösen sein Problem nicht. So erwacht er eines Morgens mitten in der Natur irgendwo im bergigen Süd-Deutschland und hat keinen Schimmer, wie das passiert ist.

Der erste Kontakt mit anderen Menschen ist feindlich, zwei Männer eröffnen sofort das Feuer auf ihn. Seine Flucht führt ihn in ein nahegelegenes Dorf, wo er den charismatischen Arthur Harrow (Ethan Hawke) kennenlernt, offenbar eine Art Sektenführer im Namen einer alten ägyptischen Göttin. Als der aber vor seinen Augen einen Mord begeht und dann noch ein Schmuckstück von ihm fordert, von dem er nichts weiß, tritt Steven lieber die Flucht an. Und stellt fest, dass er erneut Mini-Aussetzer hat und er danach aus einer brenzligen Situation befreit ist. Bald wird ihm offenbar, dass er in seinem Körper nicht allein ist. Ein Mann namens Marc Spector meldet sich im Spiegelbild und behauptet, Stevens Körper gehöre eigentlich ihm und er sei der Avatar eines ägyptischen Gottes …

Düster und gruselig

Mit Moon Knight betritt Marvel auf Disney+ gleich in mehrfacher Hinsicht Neuland. Denn er ist nicht nur komplett neu im MCU, während die Serien bisher bereits kampferprobte Superhelden besetzte. Sondern sie ist mit ihrer düsteren, mitunter fast horrorartig anmutenden Atmosphäre auch eine neue Facette im Angebot der Marvel-Helden. Denn derart dunkle Momente wie in dieser Serie hat Marvel bislang selten gezeigt – und bei Disney+ noch gar nicht, lässt man die Horrorserie „Helstrom“, die nicht offiziell zum MCU zählt, einmal außen vor. Das hat gleich mehrere Gründe. Oscar Isaac spielt die zwei Persönlichkeiten (oder sind es mehr?) der Figur sehr stark und zeigt vor allem die Angst des unbedarften Steven Grant sehr beeindruckend.

Dazu kommen mit den alten ägyptischen Göttern, die nicht gerade zimperlich im Umgang mit Menschenleben waren und einem entsprechenden Kult weitere Aspekte hinzu, die für eher gedrückter Stimmung sorgen. Wer also bislang vor allem deshalb Fan von Marvel war, weil wirklich unheimliche Szenen dort nicht stattfanden, wird mit Moon Knight die erste große Enttäuschung erleben. Mythische Monster und Mumien, Untote und andere unerfreuliche Gestalten bevölkern diese Serie. Das ist in etwa vergleichbar mit dem Film „Die Mumie“ von 1999, der zwar auch witzige Elemente aufweist, aber als Abenteuerfilm auch recht gruselige Momente beinhaltet. Das Ansehen der Serie mit jüngeren Kindern, bislang kaum ein Problem bei Marvel-Serien, geht hier jedenfalls nicht mehr ohne weiteres.

Ethan Hawke
Denn immer wieder hat Steven dann Alpträume, in denen er Männern wie dem Sektenführer Arthur Harrow begegnet.

Stark gespielt

Schauspielerisch hingegen bleibt bei Marvel auch hier alles beim Alten. Oscar Isaac ist wie bereits erwähnt sehr stark in der Rolle des Mannes mit mehreren Persönlichkeiten, der auch die Superheldenauftritte meistert. Ethan Hawke verleiht dem sinistren Kultanführer einen nach außen harmlosen Anstrich, überzeugt aber als fanatischer Gläubiger jederzeit. Und die starke Frauenrolle füllt die ägyptisch-palästinensische Schauspielerin May Calamawy mit sehr viel Charisma und Präsenz aus. Als Frau aus Marc Spectors Vergangenheit wird sie schnell zum echten Partner für Moon Knight. Die drei Regisseure der Serie, Mohamed Diab, Justin Benson und Aaron Moorhead setzen dieses Trio besonders in den gemeinsamen Auftritten vor der Kamera packend in Szene.

Wie auch die Action. Zwar tritt der Superheld in den ersten vier Folgen nicht übermäßig oft in Erscheinung, aber wenn, dann lässt es Marvel in typischer Manier auch krachen. Zwar dürfen die Fans hier nicht das ganz große Spektakel erwarten, wie es regelmäßig im Kino zu sehen ist. Aber was die Macher der Moon Knight-Serie bieten, kann sich gut sehen lassen. Und die computergenerierten Effekte sehen besser aus als in so manchem aktuellen Kinofilm. Besonders bei den Kostümen haben sich die Designer einiges einfallen lassen, um dem strahlend weißen Comic-Outfit ein würdiges TV-Pendant entgegenzusetzen.

Khonshu
Schließlich findet Steven heraus, dass sein Zustand mit dem ägyptischen Mondgott Khonshu zu tun hat.

Abseits vom Superhelden-Inhalt lohnt sich Moon Knight sonst vor allem für Fans von Buddy-Movies mit viel verbalem Geplänkel. Denn zwischen Steven Grant und Marc Spector entwickeln sich im Lauf der Story wunderbar witzig, gallige Dialoge. So gehören diese Streitereien um die Oberhoheit im gemeinsamen Körper auch zu den humorvollsten Momenten in Moon Knight.

Fazit:

Moon Knight ist eine mutige Marvel-Serie, die in Sachen Düsternis und Gruselfaktor im Vergleich zum bisherigen Kanon deutlich zulegt. Und deshalb auch garantiert nicht jedem gefallen wird. Das gilt definitiv nicht für die drei Hauptdarsteller, die einen starke Performance zeigen. Insbesondere Oscar Isaac sorgt mit seinem Spiel immer wieder für humoristische Silberstreifen im ansonsten dunklen Bild. Und die Tricks und Actionszenen können sich wie immer bei Marvel ebenfalls sehen lassen. Wer als fan auf neue Impulse gehofft hat, wird mit Moon Knight sicher etwas anfangen können. Wer sich die nächste Serie im Stil der meisten Filme gewünscht hat, könnte enttäuscht sein.

Moon Knight startet am 30. März 2022 bei Disney+.

Moon Knight
Und der als Moon Knight, Avatar von Khonshu, ein echter Superheld ist.