Pablo Schreiber mit Helm

Serienkritik: Halo

Schon fast zehn Jahre geisterte die Idee einer Verfilmung der Videospiel-Serie „Halo“ durch Hollywood. 2015 taucht schließlich sogar Steven Spielberg als Name auf, der dem Projekt als Produzent in den Sattel helfen sollte. Und seine Firma Amblin ist wie Spieleentwickler 343 Studios nun Teil des Teams, ebenso wie Paramount, die die Serie in den USA bei Paramount+ zeigen. In Deutschland läuft sie exklusiv bei Sky, da Paramount mit dem Pay-TV-Anbieter einen Deal abschloss. Also nach Jahren des Wartens alles gut für die Fans der Shooter-Reihe? Das verrät die Kritik.

Halo
Das Covenant greift die Menschheit im All an – und die Spartans sind die einzig wirksame Waffe gegen sie.

Die Handlung

Das 26. Jahrhundert. Auf dem Rebellenplaneten Madrigal vergnügt sich die junge Kwan Ha Boo (Yerin Ha) mit ihren Freunden außerhalb des befestigten Lagers, den ihr Vater als General der Bewegung befehligt. Die Menschen dort haben Angst vor der UNSC (United Nations Space Command), dem Imperium der Menschheit. Und ganz besonders vor deren Supersoldaten, den Spartans, denen man übermenschliche Fähigkeiten nachsagt. Doch dann wird Madrigal nicht von Spartans, sondern von einer unbekannten Alienrasse attackiert – und die töten die Bewohner, wo immer sie sie finden – und machen auch vor Frauen und Kindern nicht Halt. Die Siedlung scheint dem Untergang geweiht, bis die so gefürchteten Spartans tatsächlich auftauchen, aber auf Seiten der Rebellen kämpfen.

Einem Team von nur vier Soldaten unter der Leitung von John-117, genannt Master Chief, gelingt die völlige Vernichtung der feindlichen Einheit. Allerdings hat auch von den Zivilisten nur Kwan überlebt, der Rest der Siedlung ist tot. Kein Wunder also, dass sich die junge Frau an die Fersen der Spartans heftet und miterlebt, wie der Master Chief in einer Höhle, die wohl Ziel des Alien-Angriffs war, mit einem außerirdischen Artefakt in Kontakt kommt. Und diese Begegnung scheint den stillen Kämpfer zu verändern. Denn als das Flottenkommando den Befehl dazu gibt, die junge Zivilisten zu töten, um lästige Augenzeugen loszuwerden, führt John-117 das erste Mal seit langer Zeit eine Order nicht aus …

Teuer – und das sieht man

Welches Spiel der Reihe sollte als Serie umgesetzt werden? Die Frage haben die Produzenten schnell geklärt: keins. Die Story der Serie ist zwar voller bekannter Gesichter, Namen und Orte, erzählt aber eine eigene Story, die so in keinem Spiel zu sehen ist. Das war laut dem Kreativ-Team auch so beabsichtigt, Spiele und Serie sollten gut nebeneinander existieren können. Und so erzählen die Showrunner Kyle Killen und Steven Kane eine Story im bekannten Halo-Universum, die dennoch als eine Art alternative Variante der Spiele gesehen werden kann. Das tut der Spannung zwar keinen Abbruch, wird aber beinharte Fans der Spiele möglicherweise dennoch nicht zufriedenstellen.

Optisch gibt es allerdings wenig zu meckern. Laut diverser Quellen haben die neun Folgen der ersten Staffel im Schnitt 10 Millionen Dollar gekostet, andere Quellen nennen sogar 200 Millionen als Budget für Staffel 1. Zumindest die erste Angabe scheint nach Sichtung der beiden ersten Folgen nicht übertrieben. Das Gefecht auf Madrigal ist dynamisch inszeniert, Regisseur Otto Bathurst, der den Megaflop „Robin Hood“ inszenierte, zeigt hier zumindest ein gutes Händchen für Action. Denn die blutige Schlacht zwischen den Spartans und den Aliens kann mit Kino-Produktionen mithalten. Das betrifft auch die CGI-Monster, die richtig gut aussehen. Die Probleme von Halo liegen nicht in der Optik.

Halo
Eine Gruppe aus Spartans, Wissenschaftlern und Soldaten versucht, eine Möglichkeit zum Überleben gegen die Aliens zu finden.

Im Weltraum nichts Neues

Sondern in seiner generischen Story. Der programmierte Elitesoldat, der seiner Codierung nicht länger folgen will. Ein geheimnisvolles Alien-Artefakt mit offenbar großer Macht. Ein junger Wildfang, der sich nicht mit den neuen Realitäten abfinden will. Und eine undurchschaubare Wissenschaftlerin mit eigenen Plänen. Das sind alles sehr bekannte Versatzstücke der Sci-Fi-Storys vergangener Jahre, die den Zuschauer nicht unbedingt umhauen und auch nicht vor Originalität strotzen. Und diese Vorhersehbarkeit schon in den ersten zwei Folgen ist es auch, die durch gute Optik nicht wettgemacht werden kann. Halo ist nett anzusehen, überrascht aber in keinem Moment – bis jetzt.

Wenn es doch einmal eine kleine Abweichung vom Erwartbaren gibt, liegt die zu Beginn bei den Schauspielern. So ist es zwar nachvollziehbar, dass die Produzenten den knapp zweit Meter großen Pablo Schreiber („American Gods„) für die Hauptrolle des Master Chiefs besetzten. Denn die physische Präsenz des Kanadiers passt ausgezeichnet zur Figur. Dass er aber seine Rolle gar nicht so tough und rau anlegen würde, sondern unter dem Helm, den er im Gegensatz zu den Spielen übrigens abnimmt, ein eher ruhiger, fast sensibel wirkender Typ steckt, das ist schon eine kleine Überraschung, die durchweg positiv ausfällt. Immerhin setzt Schreiber so ein kleines Ausrufezeichen gegen allzu viel Erwartungshaltung.

Halo
Umso schockierender ist es für die UNSC, dass ihr Mustersoldat John-117 plötzlich aus der Reihe tanzt. Und ein Schiff in seine Gewalt bringt.

Weniger aufregend ist hingegen, dass Natascha McElhone eine starke Performance als zwielichtige Wissenschaftlerin gibt. Denn ambivalente Charaktere hat die 52-jährige Britin schon häufiger mit Bravour gemeistert. Die junge Yerin Ha kann einem hingegen bereits jetzt schon leid tun, wird sie sich doch höchstwahrscheinlich einer Woke-Debatte ausgesetzt sehen und Artikel lesen müssen, die ganz sicher sind, dass Ha die Rolle nur aus Diversitätsgründen erhalten hat. Ob das so ist, werden die Produzenten wohl für sich behalten, Fakt ist hingegen, dass Ha ihren Charakter schnell mit viel Leben erfüllt und ihre Aufgabe als eine Art freie Radikale im Plot jederzeit im Griff hat. Origineller kann sie die beiden ersten Folgen dadurch allerdings auch nicht machen. Die Macher sind aber zuversichtlich, eine zweite Staffel ist bereits bestellt.

Fazit:

Wer sich als Fan der Spiele Halo ansehen möchte, der bekommt ein absolut solides Unterhaltungspaket, das durchgehend gut aussieht. Zudem gut gespielt ist und sein hohes Budget auch an den richtigen Stellen zeigt. Was bislang noch fehlt ist eine Story, die nicht in jedem Moment an fünf andere Filme oder Serien erinnert. Denn originell ist am Plot der Serie nach den ersten beiden Folgen gar nichts. Hier sollte die Serie in den folgende sieben Episoden dringend nachlegen, denn eine nette Optik reicht nicht aus, wenn die Handlung nicht fesselt. So bleibt zu hoffen, dass den Autoren nach dem Auftakt noch etwas Besseres eingefallen ist, als sich auf ein Alien-Artefakt zu stützen. Die Gamer-Fangemeinde dürfte die Serie so jedenfalls nicht komplett abholen.

Halo startet am 24. März 2022 bei Paramount + (in Deutschland bei Sky zu sehen).

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Kann die Künstliche Intelligenz Cortana Master Chief wieder auf den Weg der UNSC zurückbringen?